Tausende feiern in Bethlehem Weihnachten

Regen und der Wunsch nach einem eigenen Staat

Tausende Christen haben in Bethlehem Weihnachten gefeiert. Sie, Muslime und sogar ein paar Juden - für diesen Abend scheinen Bethlehem und seine Bewohner dem lange gehegten Wunsch nach einem friedlichen Zusammenleben ein Stück näher gekommen zu sein.

Autor/in:
Andrea Krogmann
 (DR)

Für die Taxifahrer am Bethlehem-Checkpoint ist es kein guter Tag. Die Straße vor der Mauer, sonst vollgestopft mit den gelben Autos, ist schon Stunden vor der Ankunft des Patriarchen-Konvois in der Geburtsstadt vom Militär gesperrt. Israelische Soldaten sichern die Umgebung, weiter in Richtung Innenstadt übernehmen palästinensische Sicherheitskräfte. Viele Straßen sind bereits am Morgen leer; auf den verbleibenden Zufahrtswegen staut sich der Verkehr.



"Es ist Weihnachten, da läuft nichts normal", lächelt Fahrer Jussef gut gelaunt, gibt dem Rauchverbotsschild am Innenspiegel einen Schubs und steckt sich eine Zigarette an. Der Konvoi des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem hat Verspätung, wie eigentlich jedes Jahr. Anders als in den vergangenen Jahren fehlen in diesem Jahr die berittenen israelischen Polizisten, die den Konvoi traditionell bis zum Checkpoint begleiten.



Die Bethlehemer interessiert dies alles nicht. Geduldig warten viele seit den Morgenstunden auf den Einzug "ihres" Patriarchen, und je näher die Fahrzeugkolonne mit den Vatikanfahnen dem Krippenplatz kommt, desto dichter wird das Gedränge. Aus den Geschäften übertönen sich arabische Weihnachtslieder in Rekordlautstärke, und passend zum Weihnachtsschlager "White Christmas" speit eine künstliche Tanne in einem Schaufenster Styroporschnee. Ein Bäcker am Wegrand verteilt großzügig Weihnachtsgebäck an Patriarch und Begleitung.



Immer wieder beugen sich die Menschen durch die geöffneten Autofenster und begrüßen die Vorbeifahrenden. Mit fast zwei Stunden Verspätung erreicht der Konvoi den Krippenplatz - zu spät für das traditionelle Vespergebet. Der strikte Zeitplan des Status Quo sieht für 16 Uhr eine Prozession des Patriarchen durch die Geburtskirche vor.



"Da braucht es einfach Licht"

Es sind nicht die von den offiziellen Stellen erwarteten Massen, aber die Menge auf dem Krippenplatz ist gut gelaunt und bunt gemischt. Pfadfinder mit Trommeln und Dudelsäcken mischen sich unter Pilgergruppen aus Afrika und philippinische Gastarbeiter. Erst als am frühen Nachmittag der Regen einsetzt, wird es etwas ruhiger auf Bethlehems zentralem Platz. Aber so richtig stört sich niemand an dem Wetter, schließlich ist Regen hier ein besonderes Segenszeichen. Man behilft sich mit Schirmen oder Tüchern, und eine asiatische Pilgergruppe, die ihre Christmette im Freien auf den Hirtenfeldern feiert, leuchtet von weitem mit einheitlichen Weihnachtsmannmützen.



"Dies sind die dunkelsten Nächte des Jahres, da braucht es einfach Licht", sagt Tamar, "ob wir nun die Kerzen an der Chanukka anzünden oder am Weihnachtsbaum". Als israelische Jüdin ist sie eine Exotin unter den Bethlehem-Besuchern. Mit ein paar Freundinnen feiert sie dieses Jahr zum dritten Mal Weihnachten am Geburtsort Jesu, "weil ich das Fest mag, es ist so fröhlich!"



Palästinenser hoffen auf Selbstbestimmung

Den größten Weihnachtswunsch der Palästinenser fasst Bethlehems Bürgermeister Viktor Batarseh vor den Medien zusammen: "Wir feiern diese Weihnacht in der Hoffnung, dass wir in naher Zukunft unser Recht auf Selbstbestimmung erhalten, unser Recht, unseren eigenen, demokratischen, säkularen palästinensischen Staat auf palästinensischem Land zu errichten."



Ein Wunsch, dem sich auch der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Fouad Twal, anschließt: Die Palästinenser, sagt er in seiner Weihnachtspredigt, können stolz sein, dass Gott aus allen Ländern der Erde "unser geliebtes Land" Palästina als Geburtsort für den Erlöser gewählt hat. Für die Menschen in Bethlehem an diesem Abend ein Grund zum Feiern, wenn auch vielleicht ein bisschen leiser als im Vorjahr.