Bischöfe im Advent: Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, Erzbistum Köln

"Lernen wir wieder das Singen"

Mit den Bischöfen durch den Advent. An Heiligabend mit Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, der die Gläubigen zum Singen auffordert, denn "Das Singen ist doppeltes und dreifaches Gebet." Alle 24 Bischofsworte finden Sie hier.

 (DR)

Das adventliche Singen mit dreieinhalbtausend Menschen am zweiten Adventssonntag im Hohen Dom zu Köln war wie das gewaltige Echo des ersten christlichen Chores, nämlich des Chores der Engel auf den Fluren von Bethlehem, die gesungen haben: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden. Lernen wir wieder das Singen! Dann wird uns als Echo der Friede in die Herzen gegeben werden. Das ist mein herzlicher weihnachtlicher Wunsch für Sie alle,



Ihr Erzbischof Joachim Meisner



Lesen Sie hier auch den Weihnachtsgruß von Joachim Kardinal Meisner an die Leserinnen und Leser der Kirchenzeitung:



"Die Geburt Christi geht uns alle an"

Der Ursprung und die Geschichte unserer Städte und Dörfer sind eingebunden und eingeborgen in das Ereignis der Geburt Jesu Christi, die wir Weihnachten feiern. Die Gründungsdaten unserer Wohnorte werden mit einer Jahreszahl genannt, die entweder "vor Christi Geburt" oder "nach Christi Geburt" definiert werden. "Heute ist euch in der Stadt Davids (in Bethlehem) der Retter geboren" (Lk 2,11). Das ist der Nullpunkt der alten Geschichtszählung und zugleich der Anfang unserer neuen Geschichtszählung. Diese Botschaft wird Weihnachten in allen Kirchen und in vielen Familien unserer Städte und Dörfer verkündet. In dieses Kommen Christi darf sich jeder Einzelne mit einbezogen wissen. Auch wir notieren unsere Lebensdaten ja nach dem Ereignis der Geburt Christi: "Ich bin geboren im Jahr sound-soviel nach Christi Geburt." - Darum geht uns diese Geburt alle an! Indem Gott Mensch geworden ist, dürfen wir Gott wie einem Menschen begegnen und den Menschen wie Gott.



Wie einem Menschen bauen wir Gott Häuser. Gotteshäuser nennen wir unsere Kirchen. Nicht Gott braucht sie, aber wir Menschen bedürfen ihrer. Gotteshäuser machen unsere Städte menschlicher. Sie geben dem Menschen die Verheißung, dass er eine Heimat hat, in der immer jemand auf ihn wartet. Jeder Mensch wird von Gott erwartet. Gotteshäuser machen unsere Feste froher. Was wäre Weihnachten ohne Kirche und Glockenklang! Ist das nur eine fromme Droge? - Nein, Weihnachten berührt uns so tief, weil es uns ahnen lässt: Wir sind voraussetzungslos geliebt und bejaht, akzeptiert und gewollt, und zwar von Gott selbst. Gotteshäuser machen unseren Alltag trostvoller. Sie sind uns ein Zeichen, dass Gott unser Leben teilt, in guten und in weniger guten Tagen. Durch die Geburt Christi wurde aus dem Weltwinkel Palästina das Heilige Land. Durch die Geburt des Herrn ist auch unser Rheinland - trotz allem - ein heiliges Land.



Seitdem Gott Mensch geworden ist, muss der Mensch wie Gott behandelt werden. Christus selbst rückt das Gebot der Gottes- und der Menschenliebe zusammen. Indem Gottes Sohn in seiner Geburt ein Mensch wurde, hat jeder Mensch eine neue, gottnahe Qualität erhalten. Er ist mit Gott gleichsam verwandt. Darum ist der Mensch von einer neuen Würde geprägt, die ihn über alle Geschöpfe erhebt. Diese Menschenwürde muss von jedem und allen geachtet und respektiert werden. Die so genannten Menschenrechte sind der weltweit formulierte Ausdruck dieser neuen Würde. Die Verletzung dieser menschlichen Grundrechte ist darum gleichzeitig immer auch ein Angriff auf Gottes Heiligkeit.



Das Weihnachtsevangelium stellt diese Verbindung deutlich heraus, indem es sagt: "Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede den Menschen auf Erden." Gott in der Höhe zu ehren ist wirksamster Dienst am Menschen auf Erden. Dankbar stelle ich fest, dass die meisten Christen und viele Menschen das nicht vergessen haben. An keinem Tag im Jahr kommen so viele Leute in die Kirche, und zu keinem Festtag im Jahr besuchen und grüßen sich die Menschen in einer solchen Fülle wie am Weihnachtstag. Der Weihnachtstag wird für uns darum zu einem Weihetag. Und aus dem Weihetag könnte ein ganzes Weiheleben werden. Gotteshäuser und Menschenhäuser sind das ganze Jahr über betretbar.



Den Menschen in seiner Würde zu respektieren ist zugleich auch rechte Gottesverehrung. Der heilige Irenäus von Lyon, ein früher Theologe, schreibt im Angesicht der Geburt Christi: "Gottes Herrlichkeit ist der lebendige Mensch." Größeres kann ich Ihnen zum Weihnachtsfest 2010 nach Christi Geburt nicht sagen. Ich glaube, dass wir mehr auch gar nicht fassen könnten. Wir können nicht hoch genug von uns selbst und nicht ehrfürchtig genug von den anderen denken. "Christ, erkenne deine Würde!", lautet ein weihnachtlicher Imperativ.



Dazu wünsche ich Ihnen eine gnadenvolle Weihnacht!



Ihr

+Joachim Kardinal Meisner