Kardinal Pell von Papst Franziskus empfangen worden

Erstes Treffen nach Missbrauchsprozess

Der australische Kurienkardinal George Pell ist an diesem Montag von Papst Franziskus zu einer privaten Unterredung empfangen worden. Pell war Ende September erstmals nach drei Jahren nach Rom zurückgekehrt.

Papst Franziskus und George Pell / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und George Pell / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Das Kirchenoberhaupt habe dem ehemaligen "Wirtschaftsminister" des Vatikans für sein Wirken gedankt, betonte die offizielle Internetseite "Vatican News". Der 79-jährige war in den vergangenen Tagen nach Rom zurückgekehrt, nachdem er im April freigesprochen worden war.

Pell war als bislang ranghöchster Kirchenvertreter in seinem Heimatland wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt, verurteilt und anschließend in höchster Instanz freigesprochen worden. Die Audienz bei Franziskus war das erste Treffen seit dem Beginn des Gerichtsverfahrens im Juli 2017. Er gilt als wichtiger Zeuge in einer Investment-Affäre des vatikanischen Staatssekretariats.

Rückkehr nach Rom

Pell war am 30. September erstmals seit drei Jahren aus Australien in seine römische Wohnung zurückgekehrt. Zum Grund seiner Reise teilte Pell nichts mit. Vergangene Woche war er ungeachtet einer in Italien geltenden 14-tägigen Quarantänepflicht im Umkreis des Vatikan zu sehen, wo zahlreiche Kurienbüros ihren Sitz haben.

Die Rückkehr Pells nach Rom gilt in Rom als Rehabilitierung. Als Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats war er mit der Forderung nach Offenlegung der Finanzen der einzelnen Vatikanbehörden auch im Staatssekretariat auf Widerstand gestoßen. Nach Pells Rückzug aus Rom kamen Ermittlungen der vatikanischen Justiz wegen dubioser Finanztransaktionen in Gang, die zum Erwerb einer Luxus-Immobilie in London zu einem überhöhten Preis geführt haben sollen.

Machtkampf mit Kardinal Becciu?

Pells Mandat als Präfekt des Wirtschaftssekretariats endete im Februar 2019. Ausweislich des Päpstlichen Jahrbuchs besitzt er keine weiteren Ämter mehr in der Kurie. Ein mögliches kircheninternes Strafverfahren wegen der Missbrauchsvorwürfe wollte der Vatikan vom Ausgang des Prozesses vor der australischen Justiz abhängig machen.

Beobachter gehen davon aus, dass Ermittlungen der zuständigen Kurienbehörde inzwischen eingestellt wurden. Italienische Medien spekulieren, dass bei der Anklage Pells in Australien auch ein Machtkampf mit Kardinal Giovanni Angelo Becciu, einem ehemaligen Spitzenbeamten des vatikanischen Staatssekretariats, eine Rolle spielte.

Der Papst nahm vor Kurzem den Rücktritt von Kardinal Giovanni Angelo Becciu als Präsidenten der Heiligsprechungskongregation an. Angelo Becciu hatte gleichzeitig auf die mit dem Kardinalstitel verbundenen Rechte verzichtet. Bis zu seinem Wechsel an die Heiligsprechungskongregation und Ernennung zum Kardinal 2018 war Becciu im vatikanischen Staatssekretariat für Finanzangelegenheiten zuständig.


Quelle:
KNA , epd , VN
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