Pastor ist erfolgreich als Model und umgekehrt

"Das muss zum Leben gehören"

Wenn der evangelische Pastor Kornelius Weiß von seinem Nebenjob erzählt, erntet er oft Staunen. Weiß modelt regelmäßig für eine faire Modelagentur. Wichtig sei, dass man authentisch bleibe, sagt er - ähnlich wie im Glauben auch.

Kornelius Weiß, evangelischer Pastor und Model / © Kornelius Weiß (privat)
Kornelius Weiß, evangelischer Pastor und Model / © Kornelius Weiß ( privat )

DOMRADIO.DE: Was waren Sie denn zuerst? Model oder Pastor?

Kornelius Weiß (Pastor in der evangelischen Stadtmission Butzbach): (lacht) Ich war zuerst Pastor und würde auch sagen, ich bin vor allen Dingen zuerst Pastor. Das andere ist tatsächlich nur eine Nebentätigkeit.

DOMRADIO.DE: Wie ist denn das gekommen?

Pfarrer Kornelius Weiß

"Sicherlich sind der christliche Glaube und die Frage der Nachhaltigkeit in der Welt nicht so weit voneinander entfernt."

Weiß: Tatsächlich über meine Arbeit als Pastor. Ich habe eine junge Frau nach dem Gottesdienst kennengelernt. Sie stellte sich als jemand vor, der gerade im Begriff war, die erste deutsche faire Modelagentur ins Leben zu rufen. Und so sind wir in das Gespräch gekommen. Dann bin ich bei kleinen Aufträgen – mal ein T-Shirt, mal eine Brille – im Studio gewesen, um ein paar Bilder zu machen. Und so ist mein Gesicht in der Setcard gelandet. Und dann war ich dabei.

DOMRADIO.DE: War es denn die Idee, faire Mode-Werbung mit einem Kirchenmenschen zu machen?

Weiß: Jein. Das würde ich so nicht sagen. Es hat sich so ergeben. Sicherlich sind der christliche Glaube und die Frage der Nachhaltigkeit in der Welt nicht so weit voneinander entfernt. Da wundert es mich nicht, da auch Christenmenschen zu treffen. Aber es ist jetzt auch bei der Agentur nicht so, dass das alles gläubige Christen wären.

DOMRADIO.DE: Lassen wir mal auf den anderen Aspekt eines Models schauen. Es gab 1978 einen Hit von Kraftwerk, da heißt es: "Sie ist ein Model und sie sieht gut aus, ich nähm' sie heut' gerne mit zu mir nach Haus". Es ist das Schicksal eines Models. Wie ist es denn bei Ihnen mit Fanpost und Heiratsanträgen?

Weiß: (lacht) Hält sich sehr in Grenzen, habe ich tatsächlich noch nicht bekommen. Wahrscheinlich, sobald ich erwähne, dass ich Pastor bin, ist das sowieso erledigt. Ich bin auch glücklich mit meiner Frau und meinen zwei Kindern. Insofern strahle ich das wahrscheinlich auch gar nicht aus.

DOMRADIO.DE: Was sagt denn die Gemeinde zu Ihrem Engagement?

Pastor Kornelius Weiß

"Mir ist es schon wichtig, da etwas zu unterstützen, was gut ist."

Weiß: Ich hänge das hier nicht an die große Glocke, ich erscheine jetzt auch nicht auf jedem Plakat, wo man das in Butzbach sofort sehen würde. Die, die es mitbekommen haben, die irgendwo mal einen Artikel gelesen haben oder das einfach im Gespräch mitbekommen, die fanden das bisher eigentlich alle recht positiv, weil es eben bei den Artikeln, für die man als Model wirbt, um nachhaltige und fair gehandelte Ware geht.

DOMRADIO.DE: Angenommen, eine andere Modelfirma würde an Sie herantreten - gäbe es etwas, wofür Sie Ihr Gesicht nicht hinhalten wollten?

Weiß: Zum einen habe ich unterschrieben, nicht für andere Agenturen zu werben, die nicht diese Werte der Nachhaltigkeit vertreten. Und mir ist es schon wichtig, da etwas zu unterstützen, was gut ist.

DOMRADIO.DE: Mit einem Model verbindet der eine oder andere vielleicht eine gewisse Eitelkeit. Und die Eitelkeit zählt ja nun im Christentum zu den Todsünden. Geht das zusammen oder sind Sie einfach sowieso ganz anders?

Weiß: Das Problem der Eitelkeit ist ja, dass man versucht, etwas darzustellen, was eigentlich gar nicht drin ist, was man selber gar nicht, die Fassade möglichst hochpoliert. Das ist sicherlich ein Problem unserer Gesellschaft. Und umso wichtiger finde ich es eigentlich, dass man nicht – und da begegnet sich die beiden Welten "Religion" und "Modebranche" ein bisschen – in irgend eine Scheinwelt abtaucht, die mit dem wirklichen Leben nicht so viel zu tun hat.

Ich finde, der Reiz ist gerade, dass man dieses Genre wieder belebt, ganz authentisch belebt. Nicht mit dem Schein, nicht mit irgendwas Gepflastertem, sondern mit relevantem Leben. Und so verstehe ich meine Modeltätigkeit. Natürlich gibt es da eine Maske, die auch ein bisschen Make-up aufträgt, aber ich kann das, glaube ich, ganz gut einordnen, mit 42 Jahren, dass ich nicht den Schönheitsidealen entspreche, die die Welt manchmal hochhält. Das ist auch gar nicht mein Bestreben. Und gleichzeitig würde ich sagen, im christlichen Glauben ist es auch so: Das muss zum Leben gehören und nicht irgendwo abgedreht, abgehoben sein.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR