Zulehner fordert Moratorium bei kirchlichen Strukturreformen

"Ein Gebot der historischen Stunde"

Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner hat sich für ein Moratorium bei laufenden kirchlichen Strukturreformen ausgesprochen. "XXL-Pfarreien", wie sie beispielsweise in der Erzdiözese Wien geplant würden, seien ein "Affront gegen das Gottesvolk".

Paul Zulehner, Pastoraltheologe / © Lukas Ilgner (KNA)
Paul Zulehner, Pastoraltheologe / © Lukas Ilgner ( KNA )

Eine Unterbrechung dieser Prozesse sei angesichts der jüngsten Amazonas-Synode und des erwarteten päpstlichen Schreibens dazu "ein Gebot der historischen Stunde in der Entwicklung der Weltkirche", schreibt Zulehner in seinem Blog (https://zulehner.wordpress.com).

Ein Moratorium schaffe die Möglichkeit, "gestützt auf die Vorschläge der Amazonien-Synode und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch des erwarteten päpstlichen Schreibens, nach pastoral weniger destruktiven Alternativen Ausschau zu halten".

Als konkreten Anlass für seine Forderung nennt Zulehner den Strukturreformprozess in der Erzdiözese Wien, der unter anderem die Errichtung von großräumigen "Pfarren neu" und einen Umbau der bestehenden Pfarrstruktur vorsieht. Die von Zulehner befürchtete Errichtung von "XXL-Pfarren" sei "ein Affront gegen das Gottesvolk in den betroffenen Gemeinden" und widerspreche der Linie von Papst Franziskus. "Dieser will von den Bischöfen mutige, zukunftsgerichtete Vorschläge, und nicht die Fortsetzung des Unbewährten mit erhöhter Anstrengung."

Im Oktober Petition "#Amazonien auch bei uns" gestartet

Ende Oktober hatte Zulehner im Anschluss an die Beratungen der Amazonas-Synode im Vatikan, die unter anderem nach Auswegen aus dem Priestermangel in der Amazonas-Region suchte, die Online-Petition "#Amazonien auch bei uns!" gestartet. Durch die Petition, die inzwischen von rund 6.500 Menschen unterschrieben wurde, sollten die Bischofskonferenzen gerade in Europa aufgefordert werden, "mutige Vorschläge zur Milderung des Priestermangels zu machen".

In der Folge hatte der Wiener Kardinal Christoph Schönborn Kritik an Zulehner geübt und darauf hingewiesen, dass Europa "nicht Amazonien" sei und die Einführung von "viri probati", also die Weihe "bewährter Männer" zu Priestern, wenn überhaupt nur eine Ausnahme sein könne. Die Grundform priesterlichen Dienstes bleibe das zölibatäre Leben, so Schönborn Anfang November.

Bischöfe der Amazonasregion, Vertreter kontinentaler Bischofskonferenzen sowie der Kurie, Indigene und hinzugeladene Fachleute hatten auf der Synode im Vatikan eine Vielzahl an aktuellen Herausforderungen diskutiert. Unter anderem ging es um eine ganzheitliche Ökologie sowie die Seelsorge und Unterstützung für indigene Völker. Ebenso wurde eine in Ausnahmen mögliche Priesterweihe verheirateter Männer vorgeschlagen. Darüber, welche Vorschläge aufgegriffen und umgesetzt werden, entscheidet der Papst.


Quelle:
KNA