Vor 20 Jahren begannen in Rom die christlichen 2000-Jahr-Feiern

Geistlicher Aufbruch ins neue Jahrtausend

Es sollte das größte kirchliche Ereignis der Geschichte werden - über 25 Milllionen Pilger kamen zur Jahrtausendwende allein nach Rom, um bei den 2000-Jahr-Feiern, im Heiligen Jahr, durch die Heilige Pforte zu schreiten.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Papst Johannes Paul II. öffnet am 24. Dezember 1999 die Heilige Pforte im Petersdom / © Grzegorz Galazka (KNA)
Papst Johannes Paul II. öffnet am 24. Dezember 1999 die Heilige Pforte im Petersdom / © Grzegorz Galazka ( KNA )

In einem golddurchwirkten Chor-Umhang schritt Johannes Paul II. auf das verschlossene Portal des Petersdoms zu. Mit einem symbolischen Druck stieß der Papst die Heilige Pforte auf, kniete auf der Schwelle nieder, betete auf seinen Stab gestützt. Mit dem erhobenen Evangelienbuch betrat er dann die Vatikan-Basilika - und eröffnete die christlichen Millenniumsfeiern. In der Weihnachtsnacht 1999, vor 20 Jahren, begann damit das Heilige Jahr 2000.

Mehr als 25 Millionen Besucher zogen in den folgenden 379 Tagen durch das rechte Eingangsportal des Petersdoms, im Zeichen von Buße, Umkehr und Versöhnung mit Gott und den Mitmenschen. Es wurde zum zahlenmäßig größten Kirchenereignis der Geschichte - ein Jahr der Pilgermassen, der Superlative und mancher Sensationen. Es war eine Zeit großer religiöser Feste und theologischer Kongresse, von zukunftsweisenden ökumenischen und interreligiösen Gesten, von ausdrucksstarken Zeichen sozialer und gesellschaftspolitischer Präsenz der Kirche, eine Phase verstärkter Sakramentenpraxis und tiefer Frömmigkeit.

Der damals gerade 58-jährige Papst aus Polen war 1978 mit dem Anspruch angetreten, die katholische Kirche zum dritten Jahrtausend zu führen. Auch wenn es nach dem Attentat vom Petersplatz 1981 und schweren Folgeerkrankungen zeitweise unklar erschien, ob er selbst den Jahrtausendwechsel erleben würde: Johannes Paul II. prägte schließlich mit seinem Charisma, wenn auch bereits vom Parkinson-Syndrom gezeichnet, die christlichen 2000-Jahr-Feiern in Rom.

Hunderttausende kamen zu den Großtreffen für die verschiedenen Alters- und Berufsgruppen: Künstler und Kinder, Wissenschaftler und Politiker, Soldaten und Senioren, Sportler und Schausteller, Kranke und Behinderte, Pizzabäcker und Fußball-Mannschaften. Pilgergruppen von Feuerland bis zu den Fidschi-Inseln demonstrierten die Universalität der Kirche. Der Papst selbst pilgerte als Friedensbote ins Heilige Land, zum Sinai und an den Jordan, nach Jerusalem, Bethlehem und Nazareth.

Pilgerandrang

Im Vatikan gab es im großen Jubiläumsjahr zahllose Messen und wöchentlich meist zwei Generalaudienzen. Fast alle Veranstaltungen mussten - bei brütender Hitze wie bei Regen und Kälte - im Freien stattfinden, weil Petersdom und Audienzhalle für den Pilgerandrang zu klein waren. Zu den Höhepunkten zählte zu Beginn der Fastenzeit das große "Mea culpa", mit dem die Kirche um Vergebung für Fehler und Versäumnisse der Geschichte bat. Im August wurde das Weltjugendtreffen mit zwei Millionen Teilnehmern am Rand der Ewigen Stadt zur größten Kirchenveranstaltung aller Zeiten in Europa.

Die Eröffnung des 25. Heiligen Jahres erfolgte in vereinfachtem Ritus. Johannes Paul II. verzichtete auf die früher üblichen Hammerschläge gegen die Heilige Pforte. Die Mauer, die das Portal seit dem vorigen Heiligen Jahr verschlossen hatte, war bereits in den Vortagen von der Dombauhütte eingerissen worden. Eine Lehre aus dem Anno Santo 1975, als Paul VI. von herabstürzenden Ziegelsteinen fast erschlagen worden wäre.

Anders als später das außerordentliche Heilige Jahr 2015/16 konnte das Große Jubiläum gründlich und in vielen Etappen in Rom wie in der Weltkirche vorbereitet werden. Schon im November 1994 kündigte der Papst mit dem Schreiben "Tertio millennio adveniente" das Jubeljahr an. Er versuchte die Gläubigen geistig auf das historische Ereignis einzustimmen, jenseits von apokalyptischen Erwartungen oder Weltuntergangsängsten. Im Vatikan wurde ein Heilig-Jahr-Komitee mit zahlreichen Arbeitsgruppen gebildet. Ende 1998 lud der Papst mit der Bulle "Incarnationis mysterium" die Gläubigen zur Gewinnung des "Jubiläums-Ablasses" im Heiligen Jahr ein. Die letzten drei Jahre vor dem Jahrtausendwechsel standen thematisch im Zeichen der drei göttlichen Gestalten: Christus und das Wort Gottes, der Heilige Geist und seine heiligmachende Anwesenheit in der Kirche, und Gottvater, der den Sohn in die Welt gesandt hat.

Im Gegensatz zum Anno Santo unter Papst Franziskus machten die Stadt Rom und der italienische Staat die Milleniumsfeiern 2000 zum eigenen und ehrgeizigen Anliegen. Drei Jahre lang war die Ewige Stadt eine Baustelle: Rund 3.000 Palazzi und Monumente wurden restauriert, Billionen Lire wurden in die Infrastruktur zum Empfang der Gäste investiert, in neue Omnibusse, Autotunnel und verkehrsberuhigte Zonen. Die Stadt präsentierte sich in frischem Glanz - auch wenn nicht alle Projekte, die Roms Bürgermeister feierlich einweihte, tatsächlich fertig waren. Manche wurden es nie.

Das Große Jubiläum, das zugleich auch dezentral in den Diözesen der Welt gefeiert wurde, verlief in Rom ruhig, ohne Zwischenfälle. Die Sicherheitsmaßnahmen waren noch nicht so scharf wie nach dem 11. September 2001. Kirchliche und staatliche Organisatoren waren zufrieden, sprachen von einem Erfolg. Freilich wurde die zunächst heitere Stimmung im letzten Drittel durch Diskussionen etwa um das Dokument "Dominus Iesus", um die Seligsprechung von Pius IX. (1846-78), den Papst des Ersten Vatikanums und des untergehenden Kirchenstaates, oder durch den Pekinger Protest gegen die Heiligsprechung von 120 China-Märtyrern etwas getrübt.

Zur Schließung der Heiligen Pforte unterzeichnete der Papst ein Schlussdokument "Novo millennio ineunte". "Am Beginn dieses neuen Jahrtausends muss unser Schritt schneller werden, wenn wir erneut die Straßen der Welt zurücklegen." Der Enthusiasmus des Heiligen Jahres müsse in neue Dynamik, Aufschwung und wirksame Seelsorgsprogramme umgesetzt werden. Sein Resümee: Das "Große Jubiläum" war eine "Erinnerung an die Vergangenheit" und zugleich eine "Prophezeiung für die Zukunft".


Quelle:
KNA
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