Vatikan dementiert Gerüchte über nahenden Finanzkollaps

"Das stimmt einfach nicht"

Heftiges Dementi: Der Vatikan hat Berichte über einen bevorstehenden Finanzkollaps oder eine Insolvenz zurückgewiesen. Der Journalist Gianluigi Nuzzi behauptet in einem neuen Buch, dass der Vatikan kurz vor dem Ruin stehe.

Blick auf dem Petersdom / © ColorMaker (shutterstock)

"Das stimmt einfach nicht", sagte der Leiter der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls (APSA), Bischof Nunzio Galantino, im Interview der katholischen Tageszeitung "Avvenire" (Dienstag). Er dementierte damit entsprechende Aussagen des italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi. Dieser behauptet in einem neuen Buch, dass der Vatikan kurz vor dem Ruin stehe.

Tatsächlich habe die Haushaltsführung der APSA 2018 mit einem Plus von mehr als 22 Millionen Euro abgeschlossen, so der Bischof. Die rückläufige Bilanz sei "ausschließlich auf eine außerordentliche Intervention zurückzuführen, die darauf abzielt, den Betrieb eines katholischen Krankenhauses und die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter zu retten." Im Übrigen habe die APSA auch keine geheimen oder Nummern-Konten. Weitere konkrete Zahlen nannte Galantino nicht.

Mit Blick auf angebliche Machtkämpfe oder Gegensätze zwischen Papst und Kurie sagte der APSA-Chef: "Wir alle arbeiten weiter daran, Einnahmen und Ausgaben in Einklang zu bringen, und tun damit genau das, was der Papst will." Andere Sichtweisen entsprächen eher einer Art "Da-Vinci-Code" und damit einer eher fiktiven Sicht. Der frühere Sekretär der Italienischen Bischofskonferenz Galantino war im Juni 2018 vom Papst zum Chef der wichtigen Vermögensverwaltung des Heiligen Stuhls ernannt.

Neues Buch "Heiliger Crash"

Die Zeitung "La Repubblica" veröffentlichte am Montag Auszüge aus dem neuen Buch des Autors Gianluigi Nuzzi, wonach es um den kleinsten Staat der Welt noch schlimmer bestellt ist als angenommen. "Der heilige Crash", titelte das Blatt.

Demnach beendete die APSA, die Güterverwaltung des Heiligen Stuhls, 2018 erstmals ein Jahr im Minus. Die Personalausgaben des Vatikans stiegen unkontrolliert, während die Einnahmen zurückgingen, hieß es.

Weniger Spendenaufkommen

So sei das weltweite Spendenaufkommen für den sogenannten Peterspfennig im vergangenen Jahr auf 51 Millionen gesunken. 2006 waren es noch 101 Millionen. Das gewaltige Immobilienvermögen des Vatikans werde schlecht genutzt: 800 von mehr 4000 Objekten stünden leer. Der Rest werde zu 15 Prozent gratis und zu einem großen Teil unter Markwert vermietet.

Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, Koordinator des Kardinalsrates "K6", sagte gegenüber der Zeitung "La Repubblica", er wisse nichts davon, dass Mittel aus der weltweiten "Peterspfennig"-Kollekte für Finanzgeschäfte benutzt worden seien.

Zur jüngsten vatikanischen Razzia im Staatssekretariat, bei der es vor allem um einen verlustreichen Immobiliendeal in London gehen soll, sagte Maradiaga: "Das Staatssekretariat hat verschiedene Finanzquellen, nicht nur jene für karitative Aufgaben des Papstes." Letztere sollten nach Franziskus' Willen allein für wohltätige Zwecke verwendet werden.

Ausgabenprüfung im Vatikan

Die finanzielle Lage des Heiligen Stuhls wie auch des Vatikanstaates gleiche der "in jeder Familie oder in vielen Staaten", sagte Galantino. Derzeit unterziehe der Vatikan seine Bilanzen einer Ausgabenprüfung, so Galantino, ohne Zahlen zu nennen.

Anders als Staaten habe der Vatikan weder Steuereinnahmen noch ein öffentliches Defizit. Seine Einnahmen stammten alle aus Spenden von Gläubigen, Zuwendungen von Bistümern, Anlagerenditen in mehreren Ländern, Eintrittsgeldern der Vatikanischen Museen und Mieteinnahmen, erklärt der APSA-Chef.

Ungeregelte Klientelwirtschaft

In dem Buch mit dem Titel "Giudizio Universale" ("Weltgericht") macht Nuzzi eine ungeregelte Klientelwirtschaft für das Finanzdesaster verantwortlich sowie die beständige Sabotage aller Versuche von Papst Franziskus, die Dinge zu ändern. Franziskus bemüht sich seit seinem Amtsantritt 2013, Ordnung in die Vatikanfinanzen zu bringen.

Laut Galantino besitzt die Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls 2.400 Wohnungen, hauptsächlich in Rom und Castel Gandolfo, außerdem 600 Geschäfte und Büros. Aus jenen, die als Dienstwohnungen oder Kurien-Büros dienen, erziele man wenig oder keine Mieteinnahmen.

So seien rund 60 Prozent der Wohnungen an Vatikanangestellte zu einem reduzierten Mietzins vermietet. Wenn große Unternehmen "diese Art Sozialwohnungen" anbieten, spreche man von "verdienstvollem Umgang mit Angestellten". "Wenn der Vatikan solches tut, heißt es, wir seien inkompetent", so Galantino.

Der Mailänder Wirtschaftshistoriker Giulio Sapelli hingegen sieht allein Misswirtschaft als Grund für die roten Zahlen des Vatikan. "Dafür gibt es nur einen Grund: Sie werden von Finanz-Zwergen gemanagt", sagte Sapelli der Zeitung "Repubblica".

Mehrere Enthüllungsbücher über den Vatikan

Nuzzi hat schon mehrere Enthüllungsbücher über den Vatikan geschrieben. 2015/2016 standen er und ein weiterer Journalist im Vatikan vor Gericht, wurden aber freigesprochen.

Anfang Oktober hatte die Suspendierung von fünf Mitarbeitern der Kurie Schlagzeilen gemacht. Laut Medienberichten ging es dabei um die Zweckentfremdung von Geldern des Peterspfennigs, unter anderem zum Kauf einer Immobilie in London. Weil ein vertrauliches Dokument mit den Namen der Suspendierten an die Öffentlichkeit gelangte, trat der vatikanische Polizeichef Domenico Giani am 14. Oktober zurück.


Domenico Giani (vorne rechts) / © Cristian Gennari (KNA)
Domenico Giani (vorne rechts) / © Cristian Gennari ( KNA )

Enthüllungsautor Gianluigi Nuzzi / © Campedelli (KNA)
Enthüllungsautor Gianluigi Nuzzi / © Campedelli ( KNA )
Quelle:
KNA , dpa