Weltweites Bischofstreffen gegen Missbrauch in der Kirche

Medienarmada mit wenig Erwartungen

​Vom 21. bis 24. Februar findet in Rom das vom Papst einberufene weltweite Bischofstreffen zu Missbrauch und Kinderschutz statt. Das Medieninteresse ist riesig, doch die Erwartungen schwinden, je näher das Ereignis rückt.

Vatikan: Die Medien werden vor Ort sein / © Andrew Medichini (dpa)
Vatikan: Die Medien werden vor Ort sein / © Andrew Medichini ( dpa )

Missbrauch - kaum ein Begriff sorgt im Umfeld der katholischen Kirche derzeit für mehr Aufmerksamkeit. Kaum hatte der Papst auf dem Rückflug von seiner Arabienreise über Missbrauch an Ordensfrauen gesprochen, berichteten die Onlineportale internationaler Medien über "Sexsklaverei" in Frauenorden. Der erste Papstbesuch in der Kernregion des Islam schien da schon fast vergessen.

Ende Februar geht es im Vatikan aber zunächst um Missbrauch an Minderjährigen und dessen Prävention. Dazu hat Franziskus die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen einbestellt. Eine Zahl der bislang akkreditierten Medienvertreter kann das Vatikanische Presseamt aktuell nicht nennen. Es dürften hunderte internationale Agenturen, TV-Sender und Zeitungen sein.

Um das Image der Kirche darf es nicht gehen

Allein aus Chicago, dessen Erzbischof Blase Cupich zur Vorbereitungsgruppe gehört, werden neun Fernsehteams erwartet. Korrespondenten in Rom schauen, wenn es um Vatikanthemen geht, derzeit fast nur auf "das Treffen" im Februar. Die Jesuitenzeitschrift "Civilta Cattolica" veröffentlichte eine Sonderausgabe mit Beiträgen zum Thema. Vatikaneigene Medien wie der "Osservatore Romano" und Vatican-News widmen sich seit Wochen dem Thema.

Das sei ja alles wichtig, aber "dann macht der Papst eine Woche lang nur Schlagzeilen zu 'Missbrauch, Missbrauch, Missbrauch'", seufzt mancher, der das Geschehen vor allem aus PR-Sicht wahrnimmt. Dabei ist den meisten Beteiligten klar: Um das Image der Kirche darf es nicht gehen. Diese Sorge hat zu lange dazu geführt, Verbrechen unter den Teppich zu kehren. So stellte der Moderator des Bischofstreffens, der Jesuit Federico Lombardi, schon im Dezember klar: "Wenn das Problem nicht vollständig und in allen Facetten angegangen wird, wird die Kirche weiterhin mit einer Krise nach der anderen konfrontiert sein."

Der Vatikan selbst hat dem Thema unlängst zusätzliche Aufmerksamkeit beschert und es in der Öffentlichkeit thematisch erweitert. Die Februarausgabe des Magazins "Donne, Chiesa, Mondo" (Frauen, Kirche, Welt) des "Osservatore Romano" widmet sich dem sexuellen Missbrauch von Ordensfrauen durch Kleriker. Der Artikel war Anlass für die Frage einer Journalistin an den Papst auf dem Rückflug von Abu Dhabi.

"Wie will die Kirche so viel Unwissenheit rechtfertigen?"

Für weitere Aufmerksamkeit sorgt das jüngst erschienene Buch der Ex-Ordensfrau Doris Wagner über "Spirituellen Missbrauch in der katholischen Kirche". Ein Aspekt, über den der Papst selbst verstärkt spricht, seit ihm sein Sondergesandter Charles Scicluna im vergangenen Frühjahr einen 2.300 Seiten starken Bericht aus Chile auf den Tisch legte. Dennoch bleiben der Missbrauch von Macht und Gewissen weniger beachtet als sexuelle Gewalt, obschon alle drei oft verbunden sind.

Während des Bischofstreffens wollen Betroffene auf ihr Leid und ihre Forderungen aufmerksam machen. Die internationale Initiative "Ending Clergy Abuse" (ECA) will mit rund 50 Betroffenen aus mehr als einem Dutzend Ländern in Rom präsent sein. Geplant sind Demonstrationen, Mahnwachen und Pressekonferenzen.

Hatten sich nach der Ankündigung Mitte September die medialen Erwartungen an das Treffen zum Teil extrem hochgeschraubt, so werden sie derzeit erheblich gedämpft. Franziskus selbst ließ erklären, am Ende sollten alle Bischöfe Umfang und Bedeutung von Missbrauch kennen und wissen, wie genau sie dagegen vorzugehen haben. Angesichts solcher Ziele fragt die Irin Marie Collins, Betroffene von Missbrauch und Sprecherin von Opfern, empört: "Wie will die Kirche - nach Jahrzehnten der Krise - so viel Unwissenheit bei ihrem Führungspersonal rechtfertigen?"

Wir machen unsere Arbeit, egal wie die Erwartungen sind

Inzwischen scheinen Stimmen, die sagen, das Treffen sei zum Misserfolg verdammt, in der Mehrzahl. Aus dem Vatikan heißt es dazu: Wir machen unsere Arbeit, egal wie die Erwartungen sind, und sehen, dass wir möglichst viel bewirken können.

Die wesentlichen Elemente des Treffens sind bekannt: Zusammentragen des Sachstands, eine Bußliturgie, Hören von Betroffenen, Gruppengespräche, Austausch über erfolgreiche Maßnahmen. Weitere Details will der Vatikan am 18. Februar bekanntgeben. Während des Treffens selbst sind tägliche Briefings in verschiedenen Sprachen geplant.

Was das Treffen erschweren könnte, sind weitere Meldungen über früheres Versagen wichtiger Kirchenleute. Kein Wunder, sagen Experten. Missbrauch gebe es überall und bisher sei dieser auch überall falsch eingeschätzt und bekämpft worden. Auch Franziskus habe in diesem Zusammenhang noch sehr viel lernen müssen.

Von Roland Juchem


Quelle:
KNA