Vom Ministranten zum Gardisten im Vatikan

Wie eine Rom-Wallfahrt das Leben verändern kann

Was bleibt von einer Ministrantenwallfahrt nach Rom? Diese Frage stellt sich nach dem Abschluss einer solchen Reise. Dass das ziemliche Früchte tragen kann, zeigt Korporal Roland Bircher aus dem Kanton Luzern. Er wurde Gardist.

Vom Ministranten zum Gardisten / © Andrew Medichini (dpa)
Vom Ministranten zum Gardisten / © Andrew Medichini ( dpa )

KNA: Korporal Bircher, nun sind wieder Schweizer Ministranten in der Garde zu Besuch, Sie selbst kamen 2001 mit einer solchen Gruppe zum ersten Mal hierher, wie war das damals?

Roland Bircher: Auch wenn es schon 17 Jahre her ist, war es wirklich unvergesslich mit Ministranten aus der ganzen Schweiz hierherzureisen. Für mich war besonders der Besuch bei der Schweizergarde sehr eindrücklich. Er war auch prägend für meine Zukunft: Für mich wurde bei der Ministrantenwallfahrt 2001 der Samen gestreut, Schweizergardist zu werden. Damals war ich 16 Jahre alt. Heute ist die Schweizergarde für mich nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung.

KNA: Waren Sie sich damals auch schon so sicher?

Schweizergarde

Die Schweizergarde ist die militärische Schutztruppe der Päpste. Hauptaufgabe der Garde mit ihrer Sollstärke von künftig 135 Mann ist, über die Sicherheit der Person und der Residenz des katholischen Kirchenoberhaupts zu wachen. Zudem begleiten Gardisten den Papst auf Reisen, kontrollieren die Eingänge zum Vatikanstaat und nehmen Ordnungs- und Ehrendienste wahr. Während ihrer mindestens 26-monatigen Dienstzeit sind die Gardisten Bürger des Vatikanstaates. 

Schweizergardisten / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Schweizergardisten / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

Bircher: Bei der Rom-Wallfahrt kam die Idee auf. Ich musste dann noch eine Ausbildung absolvieren und den Militärdienst in der Schweiz leisten. Das waren alles nötige Voraussetzungen. Ich bin 2003 mit der Schnupperwoche nochmal nach Rom gekommen und habe erneut in die Garde hineingeschaut. Dabei hat es für mich den berühmten "Klick" gegeben: Ja, Schweizergardist, das möchte ich werden.

KNA: Wie funktioniert diese Schnupperwoche?

Bircher: Interessierte Schweizer können für eine Woche nach Rom kommen und erhalten dann einen viel tieferen Einblick in die Schweizergarde als bei der Quartierführung. Klar, man zieht noch keine Uniform an, geht aber schon mit auf Dienstposten, kann auch in Gesprächen mit Gardisten das ein oder andere an Erfahrung mitnehmen. Ich war mir danach ganz sicher.

KNA: Wie hat Ihr Umfeld reagiert?

Bircher: Einerseits hieß es: "Oh, du gehst zur Schweizergarde, schön, da sind wir stolz drauf", aber auch: "Oh du gehst weg, nach Rom". Heute gibt es natürlich gute Verkehrsverbindungen und viele Kommunikationsmöglichkeiten, aber es ist trotzdem eine Distanz zur Schweiz. Entsprechend waren Freude und Betrübtheit nah beieinander. Für mich war es ein Aufbruch in eine neue Zukunft und ich bereue nicht eine Minute, die ich hier verbracht habe, und würde auch heute wieder so entscheiden.

KNA: Und Sie würden auch noch etwas bleiben ...

Bircher: Ich habe die Möglichkeit, bis zu 25 Dienstjahre zu leisten. Es geht auf jeden Fall noch weiter. Es ist wirklich eine sehr interessante Aufgabe. Ich kann mich entwickeln, ich kann und möchte die Schweizergarde weiterbringen. Dieses militärische Korps mit mehr als 500-jähriger Tradition, eine Repräsentation der Schweiz, weiterführen und weiter begleiten zu dürfen ist wirklich eine sehr schöne Aufgabe.

KNA: Eine Aufgabe, an der vielleicht auch Frauen Interesse hätten...

Bircher: Beim Schweizer Militär sind auch Frauen zugelassen. Bei der Schweizergarde wird das vielleicht noch eine längere Zeit dauern. Das ist jedoch eine Entscheidung, die auch von Seiten des Vatikan getroffen werden muss. Die Frage stellt sich natürlich immer wieder.

Die Schweizergarde ist eine Männertradition, der Vatikan ist eine Männerdomäne. Es ist nichts ausgeschlossen. Es wird sich zeigen, was die Zukunft bringt.

KNA: Eine Frage, die sich auch viele stellen: Wie halten Sie es aus, besonders bei dieser Hitze, stundenlang in Uniform stillzustehen?

Bircher: Zwei Stunden Stillstehen muss man nur in einem expliziten Dienst, den vor allem junge Gardisten leisten. Man muss sich vorbereiten: Genug Essen, genug Trinken. Der Platz ist im Schatten. Wenn man sich gut vorbereitet, gehen zwei Stunden rum, ohne dass man es merkt. Ich bin froh, dass wir eine lange Uniform haben, das schützt auch vor der Sonne. Natürlich sind wir Gardisten auch nur Menschen: Wenn der Kreislauf nicht mehr mitspielt, kann man natürlich umkippen. Wenn das einmal passiert, kein Problem. Wenn es öfter vorkommt, wird es medizinisch abgeklärt.

Das Interview führte Stefanie Stahlhofen.

Quelle:
KNA