Tagung in Rom über "Versuchung im Film"

Lockruf des Bösen

Alles beginnt im Kopf: Versuchung ist das Spiel der Möglichkeiten auf Kosten des Gebotenen. Darüber debattierten Autoren, Regisseure und Produzenten auf einem dreitägigen Symposium seit Donnerstag in Rom.

Autor/in:
Benjamin Leven
 (DR)

Mit Freunden Filme schauen und sich die Köpfe heißreden, über Religion, über Kultur, über Politik und über die eigene Arbeit, das Ganze zudem in reizvoller und inspirierender Umgebung - das klingt nicht schlecht. Einmal im Jahr lädt die Münchner Akademie für Film- und Fernsehdramaturgie "Top: Talente e.V." zu einem Symposion nach Rom ein.

Der Verein ging nach einer Umstrukturierung des katholischen "Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses" (ifp) 2003 aus einer bis dahin dort angebotenen Werkstatt für Drehbuchautoren hervor.

Der "Moment vor der Sünde"

"Versuchung im Film" ist das Thema der Tagung für Autoren, Regisseure, Produzenten und Redakteure, die in diesem Jahr zum 13. Mal stattfindet. Zu Beginn erklärt die Tagungsleiterin Almuth Hammer von "Bavaria Fiction" in München das anspruchsvolle Programm. Mit Begriffen wie "Tugend" und "Sünde", "Selbstkontrolle" und "Versagen" will man sich beschäftigen, mit den fleischlichen Genüssen und den Verlockungen von Karriere, Geld und Macht.

Was heißt es, Einflüsterungen zu erliegen, auf unmoralische Angebote einzugehen, den eigenen Gelüsten nachzugeben? Ob im Neuen Testament der Teufel Jesus von seinem Weg abbringen will oder ob Politiker und Prominente Bestechungen annehmen und die Steuern hinterziehen - immer geht es um die Versuchung, den "Moment vor der Sünde", so Hammer.

Viele Teilnehmer sind schon oft dabei gewesen; man kennt sich gut. Entsprechend offen verlaufen die Diskussionen. Neben den Filmen und den Diskussionen darüber gehören Expertenvorträge zum Programm: von Theologen, Politikern, Journalisten.

Aspekte der Versuchung

Nach einem Vortrag der Wiener Theologin Susanne Heine über "theologische und psychologische Aspekte der Versuchung", steht am ersten Tag der TV-Film "So auf Erden" von Regisseur Till Endemann und Drehbuchautor Martin Rosefelt im Mittelpunkt, der 2017 im Ersten gezeigt wurde. Er handelt von einem freikirchlichen Prediger und seiner Frau, die einen homosexuellen Straßenmusiker bei sich aufnehmen. Der Pastor wird dadurch mit seiner eigenen unterdrückten Homosexualität konfrontiert.

Im anschließenden Gespräch geht es um evangelikale Christen und die Probleme einer wortwörtlichen Bibelauslegung; es geht um Adam und Eva im Paradies und um die eigenen Erfahrungen, die die Filmleute mit religiöser Erziehung gemacht haben. Die Schauspieler Edgar Selge und Franziska Walser, die in dem Film die Hauptrollen spielen, berichten, wie sehr man sich darum bemüht habe, die Darstellung authentisch zu gestalten und evangelikale Christen mit ihren Standpunkten wirklich ernst zu nehmen.

Versuchungen von Geld und Macht

Am nächsten Morgen wird der Fernsehfilm "Der Bankraub" (ZDF, 2016) gezeigt, der sich mit der Banken- und Finanzkrise 2008 beschäftigt. Der SPD-Politiker Ralph Kleindiek, seit 2014 bis zum Tag vor dem Symposion Staatssekretär im Familienministerium, lobt den Film. Er habe deutlich gemacht, "dass es sich damals um kein Versehen oder Betriebsunfall des Finanzsystems handelte, sondern um mutwillige und vorsätzliche Taten".

Es geht also um die Versuchungen von Geld und Macht - und die Debatte nimmt lebhaft ihren Lauf. Die Motivation von Politikern, der Versuchung zu illegalem oder unmoralischem Verhalten nachzugeben, habe nichts mit Geld zu tun, meint Kleindiek: "Wer Geld verdienen will, geht nicht in die Politik". Das wollen viele Teilnehmer nicht so stehen lassen. Winken nicht nach einer Politikerkarriere attraktive Aufsichtsratsposten? Es gehe eher um soziale Anerkennung, erwidert Kleindiek: "Politiker müssen, ähnlich wie Schauspieler, eine narzisstische Störung haben, um erfolgreich zu sein." Da ist das Lachen im Saal groß.


Quelle:
KNA