Martin Luther auf neuer Vatikan-Briefmarke

Ein unerwartetes Zeichen

Der Vatikan gibt an diesem Donnerstag eine neue Briefmarke heraus. Das Besondere: Auf ihr ist unter anderem der Reformator Martin Luther abgebildet, aber auch Melanchthon. Damit setzt der Vatikan einen starken ökumenischen Impuls.

Vatikan-Briefmarke zur Reformation, links kniet Martin Luther mit der deutschen Bibel / © Stefano Dal Pozzolo (KNA)
Vatikan-Briefmarke zur Reformation, links kniet Martin Luther mit der deutschen Bibel / © Stefano Dal Pozzolo ( KNA )

domradio.de: Wie kommt es, dass ausgerechnet auf einer Briefmarke aus dem Vatikan Martin Luther abgebildet ist?

Ulrich Nersinger (Vatikan-Experte): Das haben sich viele gefragt. Als die ersten Nachrichten im Vorfeld herauskamen, dass der Vatikan eine sogenannte Luther-Marke herausbringt, da waren gar nicht so wenige etwas geschockt und überrascht. Ich muss auch ehrlich sagen, auch ich habe mich gewundert und mir gedacht: Was soll das? Dann hab ich die ersten Entwürfe gesehen, jetzt auch die Endausfertigung und war sehr angenehm überrascht und sehr angetan von dieser Idee.

domradio.de: Wie sieht diese Marke aus?

Nersinger: Da muss man erst mal etwas vorwegsagen: Wenn wir uns auch mal die Internetseiten und Zeitschriften der katholischen und evangelischen Kirche anschauen, da erleben wir häufig den Ausdruck, dass man das Reformationsgedenken mit Jubiläum beschreibt. Ich lese sehr häufig vom Reformations-Jubiläum. Das habe ich immer als etwas nicht Gutes verbunden, weil mit dem Begriff "Jubiläum" assoziiert man jubilieren - also jubeln und feiern. Ich denke 500 Jahre Reformation sind ein Ereignis, das eher zum Nachdenken anregt. So etwas greift diese Marke auf.

Die Marke des Vatikan zeigt nicht nur Luther, sie zeigt im Zentrum den gekreuzigten Christus. Unter dem Kreuz sind dann Luther und Melanchthon zu sehen. Zwei große Reformatoren. Das ist für mich eine schöne Katechese, auch mit Blick auf die Ökumene. Das zeigt zunächst einmal, dass im Mittelpunkt eines solchen Gedenkens immer Christus steht. Das ist vom Vatikan aus die Anerkennung einer historischen Realität, aber auch eine Katechese mit einem starken ökumenischen Impuls, die sagt: Wir müssen versuchen, durch die Ökumene wieder eine Einigung der beiden Konfessionen zu erreichen. Und das ist, wie ich finde, sehr schön ausgedrückt.

domradio.de: Wie kommt man an diese Briefmarke dran?

Nersinger: Die gibt es im Vatikan zu kaufen. Man kann damit jeden Brief und jede Postkarte frankieren, sie kostet einen Euro. Sie ist in einer relativ hohen Auflage produziert worden. Die Marke gibt es in Sätzen, man kann sie aber auch einzeln kaufen und dann jeden Brief in jeden Winkel der Welt frankieren. Und damit kann man ein bisschen dazu beitragen, diesen Gedanken der Ökumene weiter zu tragen. Das ist eine sehr schöne Idee, die dem Vatikan da eingefallen ist.

Das was ich bedaure: Viele Staaten geben Gemeinschaftsbriefmarken heraus. Das haben der Vatikan und die Bundesrepublik früher auch getan, auch gemeinsam getan. Ich denke, es wäre eine gute Idee gewesen, wenn man diese Briefmarke gemeinsam mit Deutschland herausgegeben hätte.

Das Interview führte Silvia Ochlast


Ulrich Nersinger trifft Franziskus / © privat
Ulrich Nersinger trifft Franziskus / © privat
Quelle:
DR