Vatikan-Experte rät von Päpsten in Rente ab

"Das ist nicht die Zukunft der Kirche"

Benedikt XVI. hat es vorgemacht und das Papstamt aufgegeben. Von Papst Franziskus ist ein solch konkretes Vorhaben nicht bekannt. Dessen ungeachtet rät der Historiker und Vatikan-Experte Volker Reinhardt grundsätzlich von Päpsten in Rente ab.

Papst Franziskus trifft den emeritierten Papst Benedikt XVI. im Vatikan / © Osservatore Romano (KNA)
Papst Franziskus trifft den emeritierten Papst Benedikt XVI. im Vatikan / © Osservatore Romano ( KNA )

"Ein Ex-Papst in Rente, auf den man sich in Konflikten berufen kann, kann nicht die Zukunft der Kirche sein", sagte Reinhardt im Gespräch mit der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt". "Das Papsttum soll die Einheit der Kirche verkörpern. Es wäre gefährlich, eine Art Aufsichtsrat der Ex-Päpste zu haben", so der Historiker mit Blick auf den zurückgetretenen Benedikt XVI.

Benedikt ein "Verlierer der Medienlandschaft"

Reinhardt bezeichnet Benedikt XVI. zudem als einen "Verlierer der Medienlandschaft". Im Gegensatz zu Papst Franziskus: Dieser beherrsche die Macht der Bilder und knüpfe damit "geschickt an die uralten Traditionen" an. Schon immer seien Päpste Medienpioniere und "Meister der Propaganda" gewesen, um ihre Stellung zu sichern.

Franziskus habe sich zudem "durch Anerkennung, durch Sympathie und Väterlichkeit" Autorität erarbeitet. "Wenn man den Menschen Fixpunkte bietet, ohne Befehlstöne anzuschlagen, kann das durchaus gelingen", sagte der Professor der Universität Fribourg. Die Menschen ließen sich heute ungern vorschreiben, was sie zu glauben hätten. "Das ist das große Problem der Kirchen", so der Autor, der nach eigenen Angaben keiner religiösen Glaubensgemeinschaft angehört.

Dennoch sieht der Experte den "Markt für Religion heutzutage grenzenlos". Das "Unbehagen gegenüber den Naturwissenschaften" sei groß, weil niemand sich die Dimension von "zig Tausenden von Sternen" vorstellen könne und wolle. Die Menschen wollen demnach glauben, dass sie im Zentrum des Universums stehen und wichtig sind.

Kompromisskandidaten meist Gewinner von Papstwahlen

"Wenn das Papsttum hier kreativ in die Bresche springen würde und den Menschen mehr als schwer verständliche und unverdauliche Dogmen vergangener Jahrhunderte bieten würde, könnte es wieder attraktiv sein". Das passiere aber viel zu wenig. "Die Kirchen sind heute eher politisch und sozial engagiert, dadurch klaffen Lücken. Die Menschen füllen das aus, indem sie sich eine private Religion schaffen."

Ein spannendes Ergebnis aus seinem Buch "Pontifex. Die Geschichte der Päpste. Von Petrus bis Franziskus", das im Februar 2017 im Verlag C.H. Beck erschienen ist, sei für ihn selber gewesen, "wie umstritten Papstwahlen zu jeder Zeit waren und dass sich durch die Jahrhunderte hindurch ein gewisser Menschentypus als siegreich profiliert - der Kompromisskandidat".


Quelle:
KNA