Erstmals Ausstellung über 1.500 Jahre Papstgeschichte in Europa

Spuren des Papsttums

Vom antiken Grab des Petrus bis zum purpurnen Prachtgewand der Renaissance-Herrscher: Die Reiss-Engelhorn-Museen gehen der Geschichte des Papsttums nach - und erkunden bis heute wirkende Spuren der Päpste in Europa.

Autor/in:
Volker Hasenauer
Ausstellung über 1.500 Papstgeschichte in Mannheim / © Uwe Anspach (dpa)
Ausstellung über 1.500 Papstgeschichte in Mannheim / © Uwe Anspach ( dpa )

Sieben Meter lang ist die 1431 gezeichnete Papst- und Kaiserliste: Im Stil eines Comics reihen sich auf 15 zusammengeklebten Pergamentblättern 232 Papst- und 133 Kaiserporträts aneinander - inklusive der legendären mittelalterlichen Päpstin Johanna. Im Nebenraum zeigen Videos die digital rekonstruierten Kathedralen und Paläste der Kirchenfürsten. Papsturkunden lassen das ganz Europa überspannende Netzwerk der Kirchenoberhäupter erahnen.

Mit der Ausstellung "Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt" versuchen die Reiss-Engelhorn-Museen einen 15 Jahrhunderte umfassenden Überblick über die Entwicklung des Papsttums. Damit eng verbunden ist die Geschichte ganz Westeuropas von den Anfängen bis zum 16. Jahrhundert.

Prachthandschriften und Papstgewänder

Ab Sonntag und bis Ende Oktober sind auf 2.500 Quadratmetern und drei Etagen des Zeughaus-Museums etwa 330 Exponate zu sehen. Die älteste Darstellung des Petrusgrabes auf einem Elfenbeinschrein, Prachthandschriften oder purpurne Papstgewänder inklusive goldener Seidesocken sind darunter. Zahlreiche Leihgaben kommen aus dem Vatikan und weiteren italienischen Museen. Viele wurden noch nie nördlich der Alpen gezeigt.

"Wir haben seit 2009 an diesem Mammutprojekt gearbeitet, ich bin froh, dass wir nun im Reformationsjahr 2017 die lange währende, gemeinsame Kirchengeschichte Europas zeigen können", so Museumsdirektor Alfried Wieczorek. Es gehe der Schau auch darum, sich neu der bis heute für Europa bedeutsamen Wurzeln zu erinnern. "Und wer 2017 an 500 Jahre Reformation erinnert, sollte das nicht ohne einen Blick auf die Jahrhunderte lange gemeinsame Vorgeschichte tun."

Papsttum als Schutzschirm

Ein gewaltiger Anspruch, den die dichte Ausstellung mit aufwendig inszenierten Exponaten einlösen will. Chronologisch aufgebaut werden wichtige Stationen der Papst- und Kirchengeschichte erläutert - von den Anfängen bis zur festen Etablierung des Papsttums im fünften Jahrhundert. Beschrieben werden die Machtkämpfe zwischen Kaiser und Päpsten - etwa der Streit darüber, wer Bischöfe einsetzen darf.

Schließlich steigt das Papsttum zur wichtigsten Schutzmacht Europas auf. "Über Jahrhunderte lang wirkte das Papsttum wie ein Schutzschirm, unter dem Europa zusammen fand", so Mittelalterhistoriker Stefan Weinfurter, der das Ausstellungsprojekt mitentwickelt hat.

Neue Rekonstruktion des Petrusgrabs

Spannend ist, dass die Schau immer wieder auf neueste historische und archäologische Forschungsergebnisse verweist. Etwa wenn sie eine neue Rekonstruktion des Petrusgrabs zeigt. Neben einem 500-seitigen Katalog sind mehrere Sammelbände erschienen, die die Ergebnisse von Fachtagungen zur Vorbereitung der Ausstellung zusammenfassen.

Geschichte wird spürbar, wenn ein Band der vatikanischen Originalakten zum Konstanzer Konzil (1414-1418) gezeigt wird. Inklusive der handschriftlichen Anmerkungen von Papst Sixtus IV, der darin seinen Widerspruch gegen den Beschluss bekräftigt, wonach die Kirchenversammlung selbst über dem Papst steht.

Begrenzte Beteiligung der Kirchen

Leise Kritik klang bei Museumschef Wieczorek bei der Pressepräsentation durch, wonach sich die Kirchen im Südwesten nur sehr begrenzt an den Millionen-Kosten der Ausstellung beteiligt hätten. "Vielleicht ist dies aber auch ein Vorteil, denn so sind wir nicht dem Vorwurf ausgesetzt, dass die Kirche Einfluss auf die Darstellung genommen hätte."

Kleine Ausstellungskapitel widmen sich dem von Martin Luther kritisierten Ablasshandel - zu sehen ist eine prachtvolle Ablassurkunde von 1490 - oder der Verurteilung und Verbrennung des radikalen Florentiner Reformpredigers Girolamo Savonarolas 1498.

Herausforderung Reformation

Das Abschlusskapitel der Schau ist "Päpste in Gefahr" überschrieben: Die Blütezeit der Renaissancepäpste endete 1527 blutig-dramatisch mit dem Sacco di Roma, der Plünderung und Zerstörung Roms durch Söldner.

Und auch die Reformatoren - in der Ausstellung mit Porträts von Luther und Philipp Melanchthon vertreten - konfrontierte das Papsttum mit gewaltigen Herausforderungen. Gegenüber den Cranach-Reformatorenporträts dann das 1951 entstandene Gemälde «Papst II» von Francis Bacon: die düstere Vision eines von Macht zerfressenen Papstes auf seinem bedrohlich-schwarzen Thron.


Ausstellung über 1.500 Jahre Papsttum in Mannheim / © Uwe Anspach (dpa)
Ausstellung über 1.500 Jahre Papsttum in Mannheim / © Uwe Anspach ( dpa )
Quelle:
KNA