Ernennungen von Bistumsleitern sind ein aufwendiger Prozess

Die Bischofsfabrik

Die Ernennung von Bischöfen gibt immer wieder Anlass zu Spekulationen. In Mainz könnte es bald so weit sein. Aber wer findet den Nachfolger? Der Papst zaubert ihn jedenfalls nicht aus dem Hut.

Autor/in:
Thomas Jansen
Bischofsweihe (Archiv/Bischof Bätzing, Limburg) / © Harald Oppitz (dpa)
Bischofsweihe (Archiv/Bischof Bätzing, Limburg) / © Harald Oppitz ( dpa )

"Der Papst ernennt die Bischöfe frei", heißt es im katholischen Kirchenrecht. Das bedeutet allerdings nicht, dass er die Kandidaten aus dem Hut zaubert. Jeder Ernennung geht ein aufwendiges Verfahren im Vatikan voraus. Für ungefähr zwei Drittel aller Bistümer der Weltkirche, im Wesentlichen jenen in Europa und Amerika, ist hierfür die Kongregation für die Bischöfe zuständig. Diese Behörde mit rund zwei Dutzend festen Mitarbeitern ist eine Art vatikanische Personalabteilung für Führungskräfte. "Fabbrica dei vescovi" nennen sie die Italiener.

Nuntius als Headhunter

Sobald ein Bischofsstuhl vakant wird, tritt der jeweilige Vatikanbotschafter im Land als Headhunter in Aktion. Der Apostolische Nuntius bittet das Domkapitel des Bistums sowie die Bischöfe der betroffenen Kirchenprovinz um Listen mit geeigneten Kandidaten. Auch die Vorsitzenden der jeweiligen Bischofskonferenz werden befragt. Der Botschafter trifft dann eine Vorauswahl.

Über einige besonders geeignet erscheinende Kandidaten holt er nähere Informationen ein. In einem sogenannten Informativprozess befragt er dazu in einem vertraulichen Verfahren Priester und Laien. Die Ergebnisse leitet er zusammen mit einer Dreierliste der aus seiner Sicht geeignetsten Kandidaten an die Bischofskongregation weiter.

Die Stunde der Bischofskongegration

Diese prüft zunächst die Unterlagen und erkundigt sich bei anderen Vatikanbehörden, ob gegen den Kandidaten etwas vorliegt; etwa die Glaubenskongregation und die Kleruskongregation.

Dann schlägt die Stunde der Weltkirche. Das Ergebnis der Erkundigungen wird der Vollversammlung der Bischofskongregation vorgelegt, in der etwa 30 Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe der Weltkirche sitzen. Diese Posten zählen zu den einflussreichsten im Vatikan überhaupt. Aus Deutschland gehört derzeit der Bischof von Münster, Felix Genn, dem Gremium an.

Formal sind alle Mitglieder gleichberechtigt. In der Praxis spielen aber jene Kardinäle und Bischöfe jeweils eine besondere Rolle, in deren jeweiligen Heimatländern oder -regionen ein Bischofsstuhl zu besetzen ist. Sie werden von den anderen Mitgliedern häufig um ihre persönliche Einschätzung des Kandidaten gebeten.

Neue Dreierliste an den Papst

Nach Abschluss der Beratungen erstellt die Vollversammlung eine neue Dreierliste. Sie wird dem Papst samt allen Unterlagen in einer seiner regelmäßigen Audienzen vom Präfekten der Kongregation überreicht; derzeit ist dies der kanadische Kurienkardinal Marc Ouellet (72). Eine Ausnahme bildet der deutschsprachige Raum, wo das Verfahren anders abläuft und komplizierter ist, weil die Domkapitel mehr Mitspracherechte haben.

Wie alle Personalabteilungen arbeitet die Bischofskongregation diskret, und sie ist äußerst verschwiegen. Interviews gibt Ouellet nur selten. Details zu einzelnen Ernennungen oder zum Verfahren überhaupt werden, wenn überhaupt, in der Regel nur durch Indiskretionen im betreffenden Land bekannt.

Das letzte Wort hat der Papst. Er entscheidet, wen er von der Dreierliste der Bischofskongregation ernennt. Das allerletzte Wort haben schließlich die Kandidaten selbst. Hat der Papst eine Entscheidung gefällt, kontaktiert der jeweilige Botschafter den Kandidaten und fragt ihn, ob er das Amt annimmt. Offenbar gibt es durchaus Absagen. Kardinal Ouellet sagte einmal, am meisten überrascht habe ihn zu Beginn seiner Tätigkeit, wie viele Kandidaten sich einer Ernennung zum Bischof verweigerten.

Kritik an Entscheidungsfreiheit des Papstes

Soweit die Regularien. Dem Papst steht es allerdings auch frei, den Dreiervorschlag samt den Unterlagen beiseitezulegen und einen eigenen Kandidaten zu ernennen, der auf keiner Liste steht. Das kann vor allem dann passieren, wenn er das Land oder die Region persönlich kennt: bei Franziskus also im lateinamerikanischen Raum; bei Benedikt XVI. war es der deutschsprachige.

Schon seit längerem gibt es Kritik an diesem Verfahren. Beanstandet wird innerkirchlich, dass das Votum der Ortskirchen zu wenig berücksichtigt werde. Auch der Fragenkatalog ist aus Sicht von Kritikern überarbeitungsbedürftig. Im Zuge der Kurienreform hat der Kardinalsrat mit dem Papst über Änderungen am Verfahren beraten. Ergebnisse sind bislang aber noch nicht bekannt.

 

Quelle:
KNA