Einordnung des neuen Buches "Letzte Gespräche"

Der Papst ist selbstkritisch

Benedikt XVI. gibt in einem neuen Buch Auskunft über sein Leben und Wirken. In dem neu erschienenen Buch "Letzte Gespräche" zeigt er sich auch selbstkritisch, erklärt domradio.de-Redakteur Mathias Peter.

Benedikt XVI. - Letzte Gespräche / © Mathias Peter (DR)
Benedikt XVI. - Letzte Gespräche / © Mathias Peter ( DR )

domradio.de: Viel war ja schon durchgesickert, bevor das Buch jetzt wirklich da ist - wie ist dein Eindruck?

Mathias Peter (Liturgie-Redaktion domradio.de): Man erkennt sofort die Sprache wieder. Das ist alles vertraut. Vieles weiß man natürlich auch schon, denn es geht um seine Jugend, seine Zeit als Professor, als Erzbischof und dann natürlich auch als Papst. Das Buch ist nicht so die Sensation, wie vorab der Eindruck erweckt wurde. Und doch finde ich, es lohnt sich das Buch zu lesen. Es ist spannend, besonders die Teile, wo er über seinen Rücktritt spricht und über sein Pontifikat. Da ist einfach ein alter Mann am Ende seines Lebens. Er ist mit sich im Reinen und deswegen kann er relativ gelassen auf das blicken, was in seinem Leben so passiert ist.

domradio.de: Einige Dinge wurden vorab bekannt - was waren denn so die Hauptaufreger?

Peter: Während seines Studiums soll er verliebt gewesen sein. Er soll damals mit seinem Zölibat gerungen haben. Das war in dieser Form nicht bekannt. Dann war ein weiterer Aufreger, dass er in dem Buch bestätigt, dass es eine Homolobby im Vatikan gegeben habe und diese dann aufgelöst worden sei. Aber das war jetzt nicht so ganz neu, denn auch das wurde vorher schon über Papst Franziskus bekannt, dass er auch mit solchen Gruppierungen zu tun hatte und dafür gesorgt hat, dass sie zurückgedrängt werden. Ich habe dann auch noch mal die Passage gelesen, wo es um die Kritik an der deutschen Kirche ging. Aber wenn man die Kritik im Kontext ließt, muss man sagen: Er sagt, die starken Strukturen hinderterten die deutsche Kirche an ihrer Dynamik, aber er findet auch genau so viele positive Worte.

domradio.de: Was sind für Dich die wichtigsten Punkte des Buches?

Peter: Was ich wohltuend finde, ist dass der Papst sich sehr realistisch einschätzt, dass er ganz unumwunden über Fehler spricht. Er sagt zum Beispiel, er habe eine schlechte Menschenkenntnis. Er ist eher so der Professorentyp. Hartes Durchregieren sei nicht so seine Sache gewesen. Mit den Weltpolitikern habe er sich gerne getroffen. Aber trotz allem, die politischen Aspekte des Papsttums haben ihm wohl nicht so gelegen. Er nennt drei Punkte, die ihm wirklich in seinem Ponitifikat zugesetzt haben: Zum einen das Bekanntwerden des Missbrauchsskandals. Er hat als erster Papst erhebliche Maßnahmen ergriffen und 400 Priester entlassen. Das hat ihm sehr zugesetzt, schreibt er. Dann der – wie er ihn nennt – "blödsinnige Williamson-Fall". Die Situation, wo er bei vier Mitgliedern der Piusbruderschaft die Exkommunikation aufgehoben hat. Da hatte ihn sein Apparat schlecht informiert und er wusste nicht, dass einer von den vieren ein Holocaust-Leugner war. Das hat ihn sehr geärgert. Oder auch die Vatileaks-Geschichte. Hier hatte ein Kammerdiener ihm Unterlagen vom Schreibtisch geklaut. Über all das spricht er ganz offen.

domradio.de: Ein Thema ging ebenfalls durch die Medien: sein Rücktritt?!

Peter: Er hat bekräftigt, und das finde ich auch wichtig, dass er wirklich freiwillig zurückgetreten ist. Da gab es ja immer die Theorie, er wurde erpresst – möglicherweise von Vatileaks. Da sagt er einfach: Nein. Er habe einfach keine Kraft mehr gehabt. Er hat wohl auch damals wirklich gedacht, dass er nicht mehr lange leben wird. Er scheint so ein bisschen selber überrascht zu sein, dass er sich so gut berappelt hat.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR