Vor 700 Jahren bestieg Johannes XXII. in Avignon den Papstthron

Der "Fuchs von Cahors"

Die meisten Historiker lassen kein gutes Haar an Johannes XXII. Der Avignon-Papst, genannt der "Fuchs von Cahors", war kein großer Theologe, aber ein gewiefter Politiker - und Almosengeber.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Porträt von Papst Johannes XXII. (1316-1334) (KNA)
Porträt von Papst Johannes XXII. (1316-1334) / ( KNA )

"Ubi papa, ibi Roma" - wo der Papst ist, da ist Rom, lautete eine weit verbreitete Devise des hohen Mittelalters. Die südfranzösische Kleinstadt Avignon wurde für über 70 Jahre Schauplatz des "Exils" oder der "Babylonischen Gefangenschaft" der Päpste (1309-1376). Bis heute verbindet die Kirchengeschichtsschreibung mit Avignon vor allem eine Zeit moralischen Niedergangs. Eine der prägnantesten Papstgestalten dieser Zeit war Johannes XXII., der vor 700 Jahren, am 7. August 1316, gewählt wurde.

Wie aber kam Rom an die Rhone? Frankreichs König Philipp IV., der Schöne genannt, hat seinen Dauerrivalen Papst Bonifaz VIII. (1294-1303) mit Gewalt zum Sterben gebracht. Bald darauf holt er den neuen Papst Clemens V. (1305-1314), einen Franzosen, in seinen Einflussbereich. Nach dem Tod des kränklichen und willensschwachen Papstes bleibt der Stuhl Petri für zweieinhalb Jahre unbesetzt.

18 Jahre lang Papst

Der Tod Philipps IV. 1314 rückt eine Rückkehr des Papsttums nach Rom in den Bereich des Möglichen. Doch obwohl der Dichter Dante die sieben italienischen Kardinäle beschwört, können diese gegen die inzwischen 17 Franzosen im Kollegium nichts ausrichten. Man einigt sich wieder auf einen Gascogner: Jacques Arnaud Dueze gibt sich den Papstnamen Johannes XXII. Der Sohn eines kleinen Handwerkers aus Cahors wird im hohen Alter von bereits 72 Jahren gewählt. Dennoch regiert er über 18 Jahre - länger als die meisten Päpste der Kirchengeschichte.

Als früherer Bischof von Avignon (seit 1310) verlegt der "Fuchs von Cahors" den päpstlichen Sitz dauerhaft dorthin. Kränklich und klein von Wuchs, agiert Johannes XXII. dennoch leidenschaftlich und enorm tatkräftig. Als gewiefter Jurist und Verwaltungsexperte baut er die päpstlichen Finanzinstrumente wie den Pfründen- und Ablasshandel konsequent aus.

Vetternwirtschaft, Raffgier und Anspruchslosigkeit vereint

Mit dem Franziskanerorden und Kaiser Ludwig dem Bayern streitet der Kirchenrechtler um die Frage der Armut Christi und damit die Rechtmäßigkeit weltlichen Besitzes der Kirche. Sein Scharfsinn, seine auffällige Unhöflichkeit und Strenge, seine Vetternwirtschaft und seine Raffgier - bei zugleich totaler persönlicher Anspruchslosigkeit - machen ihn vielen politischen Herrschern wie auch Kirchenvertretern verhasst. In puncto Nepotismus setzt Johannes XXII. neue Maßstäbe; fünf seiner Verwandten macht er zu Kardinälen.

Gleichzeitig gibt er einen erklecklichen Teil der riesigen Einnahmen an die Armen. In Avignon schafft er dafür eigens das päpstliche Almosenamt - das zuletzt unter Papst Franziskus wieder zu Bedeutung gelangt ist. Aufzeichnungen belegen tägliche Mahlzeiten für die Armen und die Verteilung von Zehntausenden Laiben Brot pro Woche, von Kleidung und Arzneien.

Gekauftes Land

Zugleich arrondiert der "Fuchs von Cahors" den Besitz der Päpste in der Region: 1317 kauft er die benachbarten Dörfer Valreas und Grillon und erhält drei Jahre später auch die wohlhabende Templer-Komturei von Richerenches, einen militärischen, geistlichen, aber vor allem landwirtschaftlichen Stützpunkt des Ordens.

1344 schließt Papst Clemens VI. mit dem Kauf von Visan das kleine Territorium zur "Enclave des Papes" ab. Sie erweitert die päpstliche Grafschaft Venaissin, die bereits seit 1229/1274 der Herrschaft der Päpste untersteht, nach Norden. Bis 1791 französische Revolutionstruppen einmarschieren, gehört die "Enclave" über fast ein halbes Jahrtausend nicht zu Frankreich, sondern zum Kirchenstaat.

Kurz vor seinem Tod 1334 nimmt Johannes XXII. das Trinitatisfest in den römischen Kalender auf. Es ist der Verehrung der Heiligen Dreifaltigkeit gewidmet: Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist. Johannes' Nachfolger verbauen und verjubeln alles, was das Finanzgenie an Gütern angehäuft hatte. Benedikt XII. (1334-1342), als Zisterzienser von Hause aus eigentlich der Armut verpflichtet, beginnt 1335 den Bau des gigantischen Papstpalastes in Avignon - nachdem seine versuchte Rückkehr nach Rom an dortigen Adelsfehden scheitert. Und der prunksüchtige Clemens VI. (1342-1352) lässt Benedikts schmucklosen, aber standesgemäß massiven "Alten Palast" anschließend durch den "Neuen", wesentlich luxuriöseren erweitern - zum größten Gebäude des Mittelalters.


Quelle:
KNA