Ein Vatikan-Tagebuch – Woche drei

Der Franziskus-Effekt

Ökumene stand vergangene Woche ganz oben auf dem Plan des Papstes. Franziskus traf unter anderem den EKD-Ratsvorsitzenden. Immer ganz nah dran: domradio.de-Reporter Renardo Schlegelmilch. Woche drei im Tagebuch.

Henrich Bedford-Strohm mit mir direkt nach dem Papst-Treffen / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Henrich Bedford-Strohm mit mir direkt nach dem Papst-Treffen / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Jeder Mensch, der in den Vatikan kommt, hat einen Wunsch: Papst Franziskus treffen. Warum auch nicht? Der Oberhirte von über einer Milliarde Katholiken soll ja ein ziemlich netter Kerl sein. Innerhalb der Mauern des kleinsten Staates der Welt gehen verschiedene Tipps und Strategien um, wie und wann man Franziskus am besten abpassen kann. So weit will ich nicht gehen, aber zumindest per Assoziation bin ich diese Woche einiges näher ran gekommen.

Wenn man mit Menschen spricht, die grade beim Papst waren fällt vor allem eines auf: Sie sind auf eine gewisse Art 'beseelt'. Besser kann ich es nicht ausdrücken. Es ist auch bei jedem anders. Manche haben ein breites Grinsen im Gesicht, bei anderen sieht man eine weggewischte Träne, und wieder andere werden auf einmal ganz still.

Andenken an das Treffen mit dem Papst

Nehmen wir Jens Martin Kruse. Evangelischer Pfarrer in Rom. Montag konnte ich ihn treffen. Papst Franziskus war im November zu Gast in seiner evangelischen Gemeinde, und hat einen ökumenischen Gottesdienst gefeiert. Pfarrer Kruse spricht mit einem Lächeln von seinem Treffen mit dem Heiligen Vater. Franziskus ist "ein ganz sympathischer Mann, der voll bei einem ist", sagte er.  Kruse zeigte mir die Couch, auf der er mit Franziskus saß, und den Abendmahlskelch, den der Papst ihm und seiner Gemeinde geschenkt hat. Verwendet wird der jetzt jeden Sonntag im Gottesdienst, damit auch die Gemeinde Woche für Woche ein wenig 'beseelt' ist.

Ein Treffen für den verstorbenen Freund

Ganz anders ist es bei Michail Obrasov. Mittwochmorgen hat er den Papst getroffen. Michail kommt aus Weißrussland und hat 1986 am Atomkraftwerk in Tschernobyl gearbeitet. Er gehörte zu den Liquidatoren, die die Region nach der Atomkatastrophe wieder sicher machen sollten. 30 Jahre später hat sich Franziskus für Michail und seine Kameraden Zeit genommen. Bei unserem Gespräch, kurz nach der Audienz, lächelte er nicht. Denn er erzählt mir: "Wir waren damals ein Team von vier Leuten. Heute leben noch zwei von uns. Unsere Arbeit war wichtig, aber hatte auch ihren Preis. Den Papst haben wir heute auch für unsere toten Freunde getroffen."

Zwei hohe Kirchenführer unter sich

Dass man aber selbst als hohes Tier nicht vor der Wirkung dieses Papstes gefeit ist, hat mir diese Woche Heinrich Bedford-Strohm beigebracht. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland hat am Donnerstagabend Franziskus getroffen. Eine Stunde haben sie geredet. Franziskus spreche überraschend gut Deutsch, erzählt er mir begeistert. Sie haben über die Ökumene gesprochen, über Flüchtlinge, über Amoris Leatitia. Und die ganze Zeit hat selbst dieser hohe Kirchenführer ein breites Grinsen im Gesicht. Auch als Bischof ist man nach einem Gespräch mit dem Papst schlicht und einfach beseelt. 


Pfarrer Jens Martin Kruse mit dem Geschenk des Papstes / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Pfarrer Jens Martin Kruse mit dem Geschenk des Papstes / © Renardo Schlegelmilch ( DR )
Quelle:
DR