Kardinal Kasper beim Kongress der Barmherzigkeit

Vielen fehlen die "Antennen" für Gott

Gott sei für viele ein Fremder geworden. Das sagte der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper am Freitag beim Europäischen Apostolischen Kongresse der Barmherzigkeit in Rom. Keine leichte Aufgabe ihn wieder näher zu bringen.

Kardinal Kasper (KNA)
Kardinal Kasper / ( KNA )

In einer säkularisierten Welt ist es aus Sicht des emeritierten Kurienkardinals Walter Kasper eine große Herausforderung, Gott den Menschen wieder nahe zu bringen. "Vielen unserer Zeitgenossen fehlen sozusagen die 'Antennen' um seine Botschaft zu empfangen", sagte er am Freitag in Rom vor etwa 300 Teilnehmern des Europäischen Apostolischen Kongresses der Barmherzigkeit. Gott sei für viele ein Fremder geworden. Dazu hätten auch Christen beigetragen, die nur von einem "strafenden Gott, der Angst macht" berichteten. Gott hingegen gehe den Menschen wie ein barmherziger Vater mit offenen Armen entgegen, anstatt ihnen Vorwürfe zu machen.

Kasper sieht die Barmherzigkeit Gottes als Heilmittel für die "Wunden der Welt". Sie sei Gottes Antwort auf alles Böse, die Ungerechtigkeit und den "Horror der heutigen Kriminalität", so der frühere Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen.

Schlüsselbegriff des Evangeliums

Kasper machte sich für eine "Spiritualität der offenen Augen" stark, die auch "im Geringsten den Herrn" sehe - beispielsweise in Armen, Kranken oder Flüchtlingen. Ausgehend vom Wort "Barmherzigkeit" führte er aus, Gott habe ein Herz für die Erbärmlichen. Barmherzigkeit stehe auch für den Kampf gegen das Böse. So erkläre sich der Zorn Gottes in der Bibel, der dazu diene, Übel auszuradieren. "Gott bekämpft das Böse, aber er gewährt auch seine Gnade und vergibt denen, die reuig um Vergebung bitten."

Kasper hatte 2012 ein Buch über Barmherzigkeit als Schlüsselbegriff des Evangeliums geschrieben. Franziskus lobte das Werk beim Angelus-Gebet zum Beginn seines Pontifikats. Zum Europäischen Apostolischen Kongress der Barmherzigkeit, der am Donnerstag begonnen hat, werden noch bis Montag rund 500 Teilnehmer aus aller Welt erwartet. Seit 2008 fanden die Zusammenkünfte dreimal statt. Sie erinnern in besonderer Weise an die Amtszeit von Johannes Paul II. (1978-2005), der ähnlich wie Franziskus die Barmherzigkeit zu einem zentralen Thema seines Pontifikats erklärt hatte.

Erwartungen an das Päpstliche Schreiben am 8. April

Am Freitag hat Kasper zudem vor zu hohen Erwartungen an das offizielle Schlussdokument der Weltbischofssynode zur Familie gewarnt. "Der Papst ist kein Revolutionär, sondern ein Reformator. Ich erwarte mir keinen revolutionären Text", zitiert der italienische katholische Pressedienst SIR den Kardinal. Der frühere Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen betonte zugleich, dass er "noch keine Zeile" der Exhortation mit dem Titel "Amoris laetitia" ("Freude der Liebe"), die am nächsten Freitag im Vatikan vorgestellt wird, gelesen habe. Er sei sich sicher, dass der Papst der "Linie der Synode" folge, so Kasper.


Quelle:
KNA