Vatikan beklagt fortschreitenden Priestermangel

Es werden immer weniger

Zu wenige Priester, das war bisher ein vornehmliches Phänomen in den Kirchen Europas und auf der nördlichen Erdhalbkugel. Doch neue Erhebungen zeigen, dass der Vatikan vor einem weltkirchlichen Problem steht - ausgenommen Afrika.

Priesterweihe mit Papst Franziskus (KNA)
Priesterweihe mit Papst Franziskus / ( KNA )

Zum zweiten Mal in Folge weist eine Vatikan-Statistik weltweit einen Rückgang bei den Priesteramtskandidaten auf. Von 2011 bis 2013 sank die Zahl um 2 Prozent, so die veröffentlichten Daten. Der Vatikan spricht von einer "Trendwende". Deutlichstes Signal: Betroffen sind nicht mehr nur Europa und Nordamerika, sondern auch der katholischste Kontinent - Südamerika. Relativ gesehen gehen die geistlichen Berufungen dort sogar am stärksten zurück: Von 2011 bis 2013 strebten 7 Prozent weniger junge Männer die Priesterweihe an. In Europa schrumpfte die Zahl um 3,6 Prozent. Nur in Afrika stieg sie um 1,5 Prozent.

Ländervergleich

Noch drastischer zeigt sich das Problem im Blick auf einzelne Länder: Dafür stehen Staaten wie Peru und Chile (beide -11,2 Prozent), Kolumbien (-10,5 Prozent) und Brasilien (-6,7 Prozent). In Europa sind Tschechien (-13 Prozent), Großbritannien (-11,5 Prozent) und Österreich (-10,9 Prozent) am stärksten betroffen. Deutschland liegt mit einem Minus von 7,7 Prozent im Mittelfeld.

Gestiegen ist das Interesse am Priesteramt auf dem Alten Kontinent lediglich in Italien (0,3), in der Ukraine (4,5 Prozent) und in Belgien (7,5 Prozent), was in absoluten Zahlen aber nur eine Handvoll neuer Seminaristen ausmacht. Selbst in den als besonders dynamisch geltenden Ortskirchen in Südkorea und auf den Philippinen büßt der geweihte Dienst ganz allmählich an Attraktivität ein. Auch wenn die Gesamtzahl katholischer Priester im Berichtszeitraum um 0,3 Prozent auf 415.348 Männer gestiegen ist: Die in etlichen Ländern dramatische Überalterung des Klerus kündigt auch hier eine Schrumpfung an. 

Vielfältige Ursachen

So eindeutig das Problem, so vielfältig und regional verschieden deuten die Analysten seine Ursachen. Im Westen lösen sich seit Jahrzehnten traditionell katholische Milieus weiter auf. Immer wieder wird jedoch darauf hingewiesen, dass nachlassende Verankerung von Glaube und Spiritualität in der Gesellschaft nur die eine Seite ist.

Auf der anderen steht ein gewachsenes grundsätzliches Misstrauen gegenüber dem Kollektivdenken von Organisationen. Noch dazu wenn sie, wie die Kirche, vor einer medialen Öffentlichkeit häufig in die Defensive geraten. Hinzu kommt der demographische Faktor. Wo auch in kirchennahen katholischen Familien die Ein- und Zweikindfamilie zur Regel wird, fehlt irgendwann das Reservoir für mehr Berufungen. Für die noch stärker religiös geprägten Gesellschaften der südlichen Schwellenländer wird unter anderem davon ausgegangen, dass die wachsenden Auswahlmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt sich hemmend auf den Priesternachwuchs auswirken. 

Dauerthema Zölibat

Dagegen wird das Dauerthema Pflichtzölibat zwar weiter kontrovers diskutiert, bisher fehlen aber belastbare Untersuchungen, die die priesterliche Ehelosigkeit als bedeutenden Hemmschuh für die Berufungen ausweisen. Das zeigen schon die vergleichbaren Nachwuchsprobleme protestantischer Kirchen, deren pastorale Basis ohne den Zufluss weiblichen Personals oft vor noch gravierenderen Schwierigkeiten stünde. In der katholischen Kirche deutet überdies nichts darauf hin, dass die Zölibatsfrage in absehbarer Zeit auf die lehramtliche Agenda gelangen könnte, etwa Ansätze zur Verwendung sogenannter viri probati.

Fraglich bleibt, wie sehr das Gemeindeleben in der Weltkirche unter den sinkenden Priesterzahlen tatsächlich leiden wird angesichts der großen Zahl von "Taufscheinkatholiken" unter den zuletzt 1,254 Milliarden Kirchenmitgliedern. Einiges spricht dafür, dass erst extremer Priestermangel die vitalen Strukturen einer Gemeinde an der Wurzel bedroht. Der aber ist zumindest in vielen Teilen Europas auf dem Vormarsch.


Quelle:
KNA