Der deutsche Kardinal Walter Brandmüller wird 85

Ein Mann des klaren Wortes

Walter Kardinal Brandmüller, der meinungsstarke Berater des Papstes, dessen Wappenspruch "Ignem in terram" – "Feuer auf die Erde" – lautet, wird heute 85 Jahre alt. Ein Porträt.

Autor/in:
Thomas Jansen
Kardinal Brandmüller (KNA)
Kardinal Brandmüller / ( KNA )

Walter Kardinal Brandmüller ist eine Ausnahmeerscheinung unter den neun deutschen Kardinälen. Seit seiner Aufnahme ins Kardinalskollegium durch Benedikt XVI. im November 2010 fiel  der bayerische Kirchenhistoriker immer wieder durch klare Worte zu kontroversen kirchenpolitischen Themen auf. Andere Kardinäle, die wegen ihrer Verdienste um die Kirche mit über 80 Jahren ehrenhalber in das Kollegium aufgenommen wurden, sind demgegenüber weniger präsent.

Brandmüller, im fränkischen Ansbach als Sohn eines katholischen Offiziers und einer evangelischen Mutter geboren, dürfte der einzige Kardinal sein, der als Protestant geboren wurde. Nach seinem Übertritt zum Katholizismus studierte er Theologie und erhielt 1953 die Priesterweihe in Bamberg.

Nach mehreren Jahren in der Seelsorge schlug er eine akademische Laufbahn ein. Von 1971 bis zu seiner Emeritierung 1997 lehrte er als Professor für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit an der Universität Augsburg. Von 1969 bis zu ihrer Auflösung 1970 war er an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Dillingen tätig. Sein Spezialgebiet sind die spätmittelalterlichen Konzilien.

Brandmüller scheut sich nicht, zu strittigen Themen prononciert Stellung zu nehmen. Großes Aufsehen erregte etwa sein offener Brief, in dem er sich Anfang 2011 gegen die Forderung führender CDU-Politiker wandte, die deutschen Bischöfe sollten in Rom für eine begrenzte Zulassung verheirateter Priester eintreten. Auch machte der Kardinal keinen Hehl daraus, dass er den deutschen Katholizismus in einem desolaten Zustand sieht und Vorbehalte gegen den von der Bischofskonferenz angestoßenen Dialogprozess hegt. Der Historiker warnt davor, kirchliche Strukturreformen als Allheilmittel zu betrachten. Dass sich Brandmüller mit solchen Äußerungen unter den deutschen Bischöfen, aber auch im Vatikan nicht nur Freunde macht, ficht den streitbaren Geistlichen nicht an.

Ein besonderes Anliegen Brandmüllers ist die Alte Messe. Dafür machte er sich auch als Kardinal stark. Im Mai 2011 feierte er als erster nach der Liturgiereform von 1969/1970 ein Pontifikalamt im außerordentlichen Ritus an einem der beiden Hauptaltäre des Petersdoms, dem Kathedra-Altar. Brandmüller will die sogenannte tridentinische Messe nicht allein den von Rom abtrünnigen Piusbrüdern überlassen.

Die zweite, vatikanische Karriere Brandmüllers begann spät, im Alter von 69 Jahren. Damals, 1998, berief ihn Johannes Paul II. zum Präsidenten des päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften.

Dieses Amt hat in einer Institution mit einer zweitausendjährigen Vergangenheit einiges geschichtspolitisches Gewicht, auch wenn es nicht mit unmittelbarem Einfluss auf das vatikanische Tagesgeschehen verbunden ist. Brandmüller packte in dieser Zeit heiße Eisen wie Pius XII. oder den Fall Galilei an.

Kirchenhistoriker und Seelsorger

Brandmüller versteht sich nicht nur als Kirchenhistoriker, sondern auch als Seelsorger. In seiner Zeit als Augsburger Professor wirkte er parallel mehr als 25 Jahre als Pfarrer in der Ortschaft Walleshausen südlich von Augsburg. So ließ sich Brandmüller auch vor seiner Kardinalserhebung in Rom zum Bischof weihen. In der Regel erbitten die betreffen-den Kandidaten, die als verdiente Theologen ins Kardinalskollegium berufen werden, vom Papst eine Befreiung von dieser kirchenrechtlichen Vorschrift.

Seit dem Amtsantritt von Papst Franziskus ist es merklich stiller um Brandmüller geworden. Dem Fachmann für eine Zeit, in der mehr oder weniger erzwungene Papstrücktritte fast an der Tagesordnung waren, sei es schwergefallen, den Rücktritt von Benedikt XVI. zu akzeptieren, heißt es in Rom. Der neue Papst betraute den für sein Alter noch sehr rüstigen Brandmüller im November mit einer besonderen Aufgabe: Er berief ihn zu seinem Sondergesandten für die Feierlichkeiten zum Abschluss des Konzils von Trient vor 450 Jahren.


Quelle:
KNA