Kölns Weihbischof Schwaderlapp zu Papst Franziskus

"Offensichtlich ein geistlicher Mensch"

Tief beeindruckt zeigt sich Kölns Weihbischof Dominikus Schwaderlapp von dem ersten öffentlichen Auftritt von Papst Franziskus. "Nichts Einstudiertes, sondern die authentische Persönlichkeit" habe er erlebt, beschreibt er im domradio.de-Interview.

 (DR)

domradio.de: Herr Weihbischof, wie haben Sie den Moment erlebt als die legendäre Worte fielen "Habemus Papam"?

Weihbischof Dominikus Schwaderlapp: Das ist ein sehr rührender Moment. Ich musste da schon ein bisschen schlucken, weil das doch der Augenblick ist, wo ein neuer Nachfolger Petri auf den Balkon tritt. Das ist doch etwas sehr Ergreifendes. Ich kann das schwer in Worte fassen. Es ist eben nicht irgendein Präsident, der da neu gewählt ist, sondern es ist das Ergebnis eines religiösen Aktes. Die Wahl ist mehr. Das ist kein demokratisches Parteiengeschiebe, sondern die Kardinäle versuchen vor Gottes Angesicht den Willen Gottes herauszufinden, und zwar vor dem Bild des Ewigen Gerichtes von Michelangelo. Das ist ein religiöser Akt und deshalb ist das Ergebnis auch nicht etwas, wo es Verlierer oder Gewinner gibt. Die Italiener waren heute Abend nicht die Verlierer und die Südamerikaner die Gewinner, sondern da gibt es nur Gewinner. Das ist nämlich der, von dem wir überzeugt sind, ja, nach Gottes Willen ist er der, der jetzt Papst sein soll.

domradio.de: Kardinal Bergoglio hatten Sie den Namen auf dem Schirm?

Weihbischof Schwaderlapp: Nein, ehrlich gesagt nicht. Ich habe einen Moment erst gestutzt. Ich bin ihm persönlich noch nicht begegnet - wie den meisten Kardinälen noch nicht - aber ich konnte jetzt auch mit seiner Person wenig verbinden. Aber beim zweiten Hinhören und Hinschauen ist mir auch deutlich geworden, ja, es geht nicht darum, dass jetzt derjenige Papst sein soll, der nach deinem Geschmack derjenige ist, sondern es geht um den Willen Gottes. Es geht ja darum, dass er uns als Dolmetscher des Willens Gottes Inspirationen gibt, aber auch eine Richtung anzeigt.

domradio.de: Der Name eines Papstes gilt ja auch immer als Hinweis darauf, welche Themen der neue Papst in seinem Pontifikat setzt. Franziskus wird er heißen, benannt nach wem?

Weihbischof Schwaderlapp: Nach dem Heiligen Franziskus, der große Heilige des Mittelalters, der mit dem Heiligen Dominikus zusammen den Bettelorden gegründet hat. Sie haben der Kirche noch einmal einen ganz neuen Impuls gegeben, im Hinblick auf ihre Authentizität. Also nicht die äußere Macht ist das Entscheidende, nicht Prunk und Geld, auch wirklich nicht die äußere Macht, sondern das konsequent gelebte Christsein. Und das könnte ich mir vorstellen, dass das auch ein Programmpunkt des neuen Papstes ist. Als er auf der neuen Loggia erschien, war er ja auch zunächst einmal fast unbeweglich, fast starr und dann, als er die ersten Worte sprach, hat er sofort für meine Begriffe, Sympathien gewonnen, hat "Buona Sera" "Guten Abend" gesagt und hat gesagt, die Kardinäle haben mich offenkundig vom Ende der Welt geholt. Also da auch schon einmal die Spannung gelöst. Dann, dass er sagt, wir gehen gemeinsam einen Weg, dass er vor dem Segen zum Beispiel zunächst einmal für seinen Vorgänger gebetet hat, gemeinsam mit den Gläubigen, dass er dann sich auch vor dem Volk verbeugt hat, mit der Bitte für ihn zu beten, bevor er den Segen spendet. Es waren einfache, schlichte Gesten, nichts Einstudiertes, sondern die einfache, authentische Persönlichkeit, die da ist. Kein Theater, was da inszeniert ist. Sondern er ist offensichtlich ein geistlicher Mensch. Und auch nach dem Segen, wenn ich das richtig mitbekommen habe, hat er ja noch einmal das Wort ergriffen und gesagt, beten wir füreinander und vertrauen wir unseren Weg der Gottesmutter an, dass sie uns führe. Schön.

domradio.de: Man hört, dass er zu Hause in Buenos Aires auch nur U-Bahn fährt und großen Wert darauf legt, dass er unterwegs ist wie jeder andere. Soziale Themen sind ihm sehr nah, die Armut in Teilen Lateinamerikas zum Beispiel. Was bedeutet das für die Weltkirche?

Weihbischof Schwaderlapp: Ich glaube, er ist jemand, der auch ein Herz bei den Menschen hat, wie es seine Vorgänger ja auch hatten, der sicher einen Blick hat  für die große Not und Armut, die es in der Welt gibt, vor der wir nicht in Europa die Augen verschließen dürfen. Wenn wir hier über wirtschaftliche Schwierigkeiten jammern, jammern wir auf Höchstniveau. Ich könnte mir vorstellen, dass gerade auch in Fragen der christlichen Gesellschaftslehre von ihm Impulse kommen.

domradio.de: Franz von Assisi steht ja auch für spirituelle Erneuerung der christlichen Botschaft im Mittelalter. Wenn wir das einmal übertragen auf unsere heutige Zeit, was kann das bedeuten?

Weihbischof Schwaderlapp: Ja, es passt vielleicht ganz gut zum Thema Entweltlichung, was sein Vorgänger Papst Benedikt XVI. in seiner Freiburger Rede angesprochen hat, er sagt, die Kirche darf sich nicht auf die äußeren Dinge stützen, nicht auf das, was sie in dieser Welt gilt, was sie hat, was sie vorweisen kann, was sie für Strukturen hat, sondern sie lebt eben vom Evangelium, von Jesus Christus und der ist nicht von dieser Welt und alles das, was wir in dieser Welt haben, müssen wir höchstens als Instrumente benutzen. Wir dürfen uns aber nicht darauf stützen und das ist etwas, was der Heilige Franziskus auch verkörpert. Er wird ja manchmal auch als linksrevolutionär dargestellt, das war er gar nicht. Er war dem Papst sehr gehorsam, er hat um die Anerkennung seines Ordens gerungen und hat erst dann weitergemacht, als er wusste, dass der Papst seinen Orden anerkannt hat und der Papst war eben damals so schlau, zu erkennen, ja, Franziskus bringt der Kirche eine wirkliche Erneuerung, er legt den Finger in die Wunde, wir sind veräußerlicht, wir kümmern uns mehr um Macht. Natürlich ist die Situation im Mittelalter eine andere als heute, aber ich denke mir manchmal auch bei uns, wir richten doch unseren Blick arg darauf, wie kommen wir gesellschaftlich an, wo haben wir noch eine gesellschaftliche Position, die gehört wird, wo reden wir überall mit, dass wir so als einen Player und als einen Lobbyist in der Welt der Lobbyisten dieser Welt sind. Das ist eigentlich nicht die Kraft der Kirche. Franziskus steht für die Authentizität des Zeugnisses der Christen und der erste Eindruck von diesem Papst, das authentische Zeugnis kam da auch herüber und ich glaube, das haben wir alle sehr nötig.

Das Interview führte Verena Tröster


Quelle:
DR