Der Schuhmacher zum Rücktritt Benedikts XVI.

Für ihn bleibt er der "Heilige Vater"

Die roten Schuhe des Papstes sind kein Modell der Luxusmarke Prada. Der Schuster Antonio Arellano ist stolz auf seine Arbeit – und seinen langjährigen Papst Benedikt XVI. Ihn will er auch in Zukunft Heiliger Vater nennen.

Autor/in:
Bettina Gabbe
 (DR)

In die kleine Ladenwerkstatt im Gassengewirr am Vatikan verirrt sich kaum je ein Tourist, Kurienkardinäle und Bewohner des mittelalterlichen Stadtviertels lassen hier aber seit eh und je ihre Sohlen und Absätze erneuern. Über der Theke prangt ein Bild von Papst Benedikt XVI., wie er aus der Hand seines Schusters ein paar neue rote Schuhe empfängt.

"Als wir von seiner Wahl zum Papst erfahren haben, waren wir alle völlig aus dem Häuschen", sagt Antonio Arellano und meint das gesamte Stadtviertel. "Wenn er jetzt zurücktritt und Platz für einen Jüngeren macht, finde ich das großartig, aber ich werde ihn weiter Heiliger Vater nennen", sagt der Peruaner stolz über seinen langjährigen Kunden.

Benedikt kommt nicht mehr persönlich

Seine Schuhe im winzigen Schaufenster in der Via del Falco sehen ein bisschen reichlich eckig aus, aber schließlich beliefert er nicht nur den Papst, die Kurienkardinäle und alteingesessene Bewohner. "Ich bin vor allem bei lateinamerikanischen Ordensleuten beliebt", sagt der Mann, in dessen Heimatstadt Trujillo nach seinen Worten fast jeder das Schuhmacherhandwerk lernt. Benedikt kommt mittlerweile nicht mehr persönlich, sondern schickt eine der vier "Memores Domini", Laienschwestern, die ihm den Haushalt besorgen.

Neben der kleinen Theke prangen in einer Glasvitrine zwei mit rotem Ziegenleder bespannte Leisten, nach denen Arellano die berühmten Schuhe des Pontifex fertigte. In der unscheinbaren Werkstatt ließ Benedikt bereits seine Absätze erneuern, als er noch Präfekt der Glaubenskongregation war. Die roten Schuhe des Papstes sind kein Modell der Luxusmarke Prada sondern stammen aus der Werkstatt im Souterrain einer kleinen Gasse ganz in der Nähe seiner früheren Wohnung vor dem Sankt-Anna-Tor des Vatikan.

Auch normale Laufkundschaft

Arellano bedient gewöhnliche Anwohner des Borgo-Viertels mit der gleichen Herzlichkeit wie ihre Nachbarn im Kardinalspurpur. "Blitzreparaturen" führt er laut Schriftzug auf dem Schaufenster ebenso aus, wie er maßgeschneiderte Schuhe anfertigt. Laien duzt der freundliche Schuster gleich beim ersten Besuch. Die meisten Kurienkardinäle legen hingegen auf eine gebührende Anrede Wert. Möglicherweise verzeihen sie dem Peruaner mit dem spanischen Akzent aber auch mangelnde Kenntnis der italienischen Höflichkeitsformen.

Die meisten anderen Ladenlokale kleiner Handwerker im Borgo sind in den vergangenen Jahren Geschäften für Souvenirs, religiöse Literatur oder Devotionalien gewichen. Einen Schuhmacher brauchen die Kurienmitarbeiter und anderen Bewohner des Stadtviertels aber weiterhin. Der Schmied in der verrußten Werkstatt ein paar hundert Meter weiter auf der gleichen Straßenseite musste dagegen vor ein paar Jahren aufgeben. Immerhin gibt es das winzige Fischrestaurant neben dem Schuhmacher noch. Heute gehen dort jedoch nicht mehr die Handwerker aus dem Stadtviertel essen, sondern die gut betuchte römische Schickeria.


Quelle:
epd