Wiener Dompfarrer über den Menschen Niki Lauda

Fährt er jetzt Autorennen im Himmel?

"Rennfahrer kommen nicht in den Himmel", hatte Niki Lauda einst prophezeit. Doch der Wiener Dompfarrer Toni Faber ist zuversichtlich, dass die Formel 1-Legende nach seinem Tod nun dort seine Runden dreht. Dazu habe er genug Gutes geleistet.

Trauer um Niki Lauda / © David-Wolfgang Ebener (dpa)
Trauer um Niki Lauda / © David-Wolfgang Ebener ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie kannten Niki Lauda auch persönlich?

Toni Faber (Dompfarrer am Wiener Stephansdom): Ja. Durch die Jahre und Jahrzehnte hat fast jeder einzelne Österreicher Niki Lauda gekannt. Aber wir waren auch ein wenig befreundet. Wir haben die ein oder andere Einladung miteinander geteilt. Gerade in den letzten Jahren haben wir immer wieder miteinander gesprochen. Er hatte ja seine Mitgliedschaft in der Kirche und seinen Zugang sowie seine Praxis zum Glauben wiedergefunden, die ihm auch für seine Kinder wichtig war. Er hat immer wieder den Dom aufgesucht, um ein kurzes Gebet zu sprechen oder Kerzen anzuzünden.

DOMRADIO.DE: Was war Niki Lauda denn für ein Mensch?

Faber: Er war ein Mann mit einem ungemein weiten Herzen. Er hatte ein weites Spektrum von Dingen, die ihn interessiert haben und wo er mit Herz und Seele dabei war. Er wusste zu jedem Thema etwas zu sagen. Er wurde auch immer wieder eingeladen. Aber gleichzeitig war er für seine Familie für Freunde ein liebevoller Mensch.

Entgegen der Werbestrategien einer Firma, für die er Testimonial war, hat er nicht auf Geiz gesetzt, sondern war auch großzügig. "Wir haben nichts zu verschenken", lautete der Slogan der Firma. Aber Niki Lauda hat immer wieder einen aufmerksamen Blick, ein aufmerksames Ohr, viel Liebe, Hingabe und Empathie jeweils der Aufgabe geschenkt, an der er dran war.

DOMRADIO.DE: Das heißt, die soziale Seite spielt auch eine große Rolle?

Faber: Genau. Er hat gemeinsam mit mir auch Kinder in Kalkutta unterstützt. Er war mit seiner Familie bestrebt, das, was er seinen eigenen Kindern bieten konnte, auch stückweit mit anderen Kindern, die in sozial viel, viel schlechterer Situation gelebt haben, zu teilen.

DOMRADIO.DE: Ein tragischer Moment in seinem Leben war natürlich der schwere Unfall im Jahr 1976, wonach er es geschafft hat, sich wieder zurück ins Leben zu kämpfen und danach sogar noch Weltmeister zu werden. Inwiefern ist das denn vielleicht auch eine Vorbildleistung?

Faber: Er ist für jeden einzelnen Österreicher natürlich ein besonderes Vorbild dafür dranzubleiben, sich wieder hoch zu kämpfen und trotz mancher Beeinträchtigung das Beste aus seinem Leben zu machen. Und das war damals auch eine wichtige Phase für ihn. Da hatte er die Kirche und kirchliche Persönlichkeiten nicht nur hilfreich erlebt. Das hat ihm ein bisschen in seiner Beziehung zur offiziellen Kirche einen Knacks versetzt, den er dann aber in späteren Jahren wieder kitten und heilen konnte. Er ist wieder Vater geworden, war verheiratet und wollte das nach außen hin wieder zeigen.

Er war ein ungeheures Vorbild darin, aus dem ihm anvertrauten Leben Tag für Tag mit viel Einsatzfreude das Beste zu machen. Und das hat ihm jetzt auch in den letzten Wochen und Monaten sehr, sehr ausgezeichnet. Er wollte trotz aller medizinischen Komplikationen nicht aufgeben. Er wollte sofort wieder zurückkommen.

Das hat jetzt auf dieser Welt nicht mehr funktioniert. Aber ich bin im Gegensatz zu seinen eigenen Äußerungen sehr zuversichtlich, dass er nicht in der Hölle Autorennen fährt, sondern dass auch im Himmel für einen solchen Rennfahrer viel Platz ist.

DOMRADIO.DE: Können Sie sich noch an das letzte Gespräch mit ihm erinnern?

Faber: Er hat sich Sorgen um meine Gesundheit gemacht. Er war sehr mitfühlend. Wir beide haben unisono gesagt, wie groß das Geschenk des Lebens ist.

DOMRADIO.DE: Im Jahr 1991 ist ein Flieger seiner Airline mit 223 Menschen an Bord abgestürzt. Alle Insassen sind bei der Tragödie gestorben. Wie hat sich das auf ihn ausgewirkt? Hat er sich dadurch verändert?

Faber: Er war wirklich völlig verzweifelt und völlig fertig, dass das mit einem seiner Flugzeuge passieren konnte. Wir hatten aus diesem Anlass damals einen Gottesdienst mit dem Kardinal im Dom gefeiert. Wir hatten ihn gebeten, ob er nicht für die Opfer, für Laudas Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine Messe zelebrieren könne. Es war ein sehr tränenreicher, sehr sehnsuchtsvoll nach Trost ausschauender Gottesdienst im Dom, den ich mit ihm vorbereitet habe. Das war sehr ergreifend.

Es gab dann die Erkenntnis, dass ein technischer Defekt Schuld an dem Unglück hatte und er frei von persönlicher Schuld, frei von Unternehmensschuld geblieben ist. Das hat ihn sehr getröstet, aber trotzdem sehr mitgenommen.

DOMRADIO.DE: Er hat sich in den 1970er Jahren von der Kirche entfernt, ist aber 2011 wieder eingetreten. Wie kam das denn alles? Warum hat es dann wieder eine Rolle gespielt?

Faber: Ich glaube, die neue Familiengründung, die Spende der Niere von seiner Frau und dass er kirchlich wieder versöhnte Ansprechpartner bekommen hat, haben einen Teil dazu beigetragen. Und da durfte ich einen ganz kleinen Teil mitmachen.

DOMRADIO.DE: Also wird es im Endeffekt dann doch eher was mit dem Himmel?

Faber: Ganz sicher. Ich bin da zuversichtlich für Niki Lauda. Der liebe Gott möge ihm viel Anteil geben an dem, was er in dieser Welt auch schon für andere getan hat.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR