Scheidende Behindertenbeauftragte fordert mehr Anstrengungen

Hartnäckig und durchsetzungsstark

Nach einer Amtszeit als Behindertenbeauftragte will Verena Bentele nun einen der größten Sozialverbände führen. In den vergangenen Jahren hat die Katholikin für Menschen mit einem Handicap viel erreicht.

Verena Bentele / © Kay Nietfeld (dpa)
Verena Bentele / © Kay Nietfeld ( dpa )

Sie war die erste Betroffene und die erste Nicht-Abgeordnete in diesem Amt: Vier Jahre lang war Verena Bentele, die selbst blind ist, innerhalb der Bundesregierung zuständig für die Belange von behinderten Menschen. Nun macht sie Platz für ihren Nachfolger Jürgen Dusel, der vormals in derselben Funktion für das Land Brandenburg tätig war und ebenfalls sehbehindert ist. Am kommenden Mittwoch wird Bentele offiziell verabschiedet.

Sozialpolitische und sportliche Laufbahn

Bentele will sich weiter um Benachteiligte kümmern. Als einzige Kandidatin bewirbt sie sich für das Präsidentenamt eines der größten sozialen Verbände in Deutschland, dem Sozialverband VdK. Die Wahl findet am 16. Mai statt. Ende April hielt sie im Bundestag ihre letzte Rede als Behindertenbeauftragte. Ausdrücklich bedankten sich Abgeordnete verschiedener Fraktionen für ihre Arbeit bei ihr.

Mit ihrer Bewerbung und der voraussichtlichen Wahl an die Spitze des VdK setzt Bentele ihre beeindruckende sozialpolitische Karriere fort.

Dabei hat die 36-Jährige schon eine extrem erfolgreiches sportliche Laufbahn hinter sich: Die in der Bodenseeregion aufgewachsene Bentele holte als Biathletin zahlreiche Medaillen bei den Paralympics und Titel bei Weltmeisterschaften. Als Behindertenbeauftragte unterstützte sie zuletzt im März die Sportler bei den Paralympics in Südkorea.

Verbesserungen für Menschen mit Handikap dank Bentele

Wie im Sport hat sie auch in ihrem politischen Amt viel erreicht: Vor allem ihrer Hartnäckigkeit und Durchsetzungskraft, aber auch ihren Erfahrungen als Betroffene ist es zu verdanken, dass der Bundestag in der vergangenen Legislaturperiode zwei wichtige Gesetze verabschiedete. Dabei ist Bundesteilhabegesetz sicher das bedeutendere. Dies soll behinderten Menschen mehr Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen.

Eine der wichtigsten Neuerungen: Behinderte Menschen mit Assistenzbedarf können künftig mehr Geld ansparen. So soll die Obergrenze in den kommenden Jahren deutlich angehoben werden. Zudem haben es Schwerbehinderte damit leichter, auch außerhalb von Werkstätten zu arbeiten, weil Arbeitgebern ein höherer Lohnkostenzusatz gezahlt wird.

Für den Erwerb von Studienabschlüssen sieht das Gesetz mehr Assistenzleistungen vor.

Forderung: Mehr inklusive Angebote für Sportverbände

Auch das Bundesgleichstellungsgesetz sichert Menschen mit Behinderungen mehr Rechte zu. Damit verpflichtet sich der Bund dazu, die Barrierefreiheit in staatlichen Einrichtungen zu verbessern. Zudem wurde eine Schlichtungsstelle etabliert, die es behinderten Menschen erleichtern soll, ihr Recht durchzusetzen.

Während der Flüchtlingskrise machte Bentele auf die besondere Situation von Flüchtlingen mit Behinderungen aufmerksam. Und Bentele wäre nicht Bentele, wenn sie sich nicht weiter für den Behindertensport einsetzen würde: Mehrfach mahnte sie an, die Sportler stärker zu unterstützen.

Dies gelte nicht nur für den Leistungssport, forderte sie zuletzt in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Auch in ganz normalen Sportverbänden brauche es mehr inklusive Angebote.

Neben Studium Engagement in der SPD

Dabei gelte es auch, die Eltern von Kindern mit Behinderungen zu ermutigen. Sie selbst hatte als Kind großes Glück, dass ihre sportbegeisterten Eltern sie mit in die Berge nahmen und ihr dort das Skifahren beibrachten. Sie hätten ihr enormes Zutrauen gegeben, so Bentele. Mit zehn Jahren kam sie schließlich zum Langlauf und gewann bereits mit 16 bei ihren ersten Paralympics gleich Gold.

Parallel zum Sport studierte sie nach dem Abitur in München Germanistik und Psychologie. Neben ihrer Arbeit als Coach im Personalbereich engagierte sie sich in der SPD. Die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles fragte sie schließlich, ob sie sich vorstellen könne, als Behindertenbeauftragte zu arbeiten.

"Zum Gewinn für das Amt und unsere Gesellschaft"

Auf ihre neuen Herausforderungen freut sich Bentele, die als Katholikin auch schon bei Sportlerwallfahrten dabei war. Als Nachfolger wünschte sie sich jemanden, der selbst auch ein Handicap hat. "Oder können Sie sich einen Mann als Frauenbeauftragte vorstellen?", meint Bentele dazu.

Mit der Auswahl ihres 53 Jahre alten Nachfolgers ist sie sehr zufrieden: Seine Erfahrungen aus Brandenburg werde er "zum Gewinn für das Amt und unsere Gesellschaft einbringen".

Birgit Wilke


Behindertenrampen wie diese findet man in Rio nicht oft / © Veronika Seidel Cardoso (DR)
Behindertenrampen wie diese findet man in Rio nicht oft / © Veronika Seidel Cardoso ( DR )
Quelle:
KNA
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