Kirche kritisiert beschlossene Reform der Spitzensportförderung

Fixierung auf Medaillen

Nur noch Gold, Silber oder Bronze? Das Bundeskabinett hat die Reform der Spitzensportförderung beschlossen. Der katholische Arbeitskreis "Kirche und Sport" kritisiert das neue Konzept, spricht gar von einer Katastrophe.

Autor/in:
Rainer Nolte
Medaillen / © Maurizio Gambarini (dpa)
Medaillen / © Maurizio Gambarini ( dpa )

Höher, schneller, weiter - nicht um jeden Preis, wenn es nach dem Willen des Arbeitskreises "Kirche und Sport" geht. Er übt an der Reform der Spitzensportförderung in Deutschland Kritik. "Nicht 'Sport um der Medaillen willen', sondern 'Sport um der Menschen willen' sollte im Mittelpunkt der Spitzensportförderung stehen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Vollversammlung "Kirche und Sport", Joachim Sattler, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Bereits im Dezember hatte die Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) für die Strukturreform gestimmt, die zwei Jahre lang vom DOSB und dem Bundesinnenministerium erarbeitet worden war. Nun hat das Bundeskabinett den Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) beschlossen. Spätestens 2019 sollen die neuen Maßnahmen greifen.

Fixierung auf Medaillen

Der kirchliche Arbeitskreis um Sattler hatte zuvor in einer Stellungnahme versucht, das Konzept zu beeinflussen. "Die alleinige Fixierung auf Medaillen führt nach unserer Meinung in die falsche Richtung. Hier steht eindeutig nicht der Athlet im Fokus", hieß es in der vom katholischen Sportverband DJK verbreiteten Nachricht.

"Der DOSB geht in dem Reformpapier auf einige Fragestellungen ein, die wir angesprochen haben", räumt Sattler, der für den DJK in Limburg tätig ist, jetzt ein. Positiv bewertet "Kirche und Sport", dass im Konzept auch elementare Werte festgeschrieben seien. So erklärt der DOSB: "Grundvoraussetzung für eine Förderung des Leistungssports ist das Bekenntnis aller Beteiligten von Athleten/innen über Trainer/innen bis zu Offiziellen zu den in der Olympischen Charta festgehaltenen Werten."

Olympischer Gedanke auf der Strecke

Aber auch, wenn der DOSB laut Sattler einen direkten Zusammenhang zwischen Medaillen und Strukturreform versucht zu vermeiden, ließen im Vorfeld getätigte Äußerungen befürchten, dass Verbänden ohne Medaillenerfolg Gelder gestrichen werden könnten. "Die Fixierung auf den Medaillenspiegel ist eine Katastrophe", so Sattler. Erfolg dürfe nicht nur über "die Plätze 1, 2 und 3 definiert werden, sondern der olympische Gedanke muss eine wesentliche Rolle spielen".

Das DOSB-Konzept erklärt jedoch, dass ein "ureigenes Element des Spitzensports" das Streben nach einem Platz auf dem Podium oder eine Position in der Weltspitze sei. Dies begründe die Motivation der Athleten. Die Reform solle "bestmögliche Voraussetzungen" schaffen, um eben diese Motivation zu unterstützen.

Die Befürchtung des Arbeitskreises ist, dass die Athleten zu "Sportbeamten" würden, mit dem obersten Ziel, Medaillen für Deutschland zu erringen, so Sattler. "Das ist nicht mit unserem Gedanken von Sport vereinbar." Ähnlich kritisch äußerte sich jetzt auch Özcan Mutlu, Sprecher für Sportpolitik der Grünen.

In einer Videobotschaft auf der DOSB-Versammlung versuchte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU), Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Eine Rechenmaschine, um Erfolg nach Medaillen zu bemessen, gebe es nicht. Auch die Sorgen mancher Verbände, aus der Förderung herauszufallen, griff de Maiziere auf. "Wir sind im Gespräch über eine Basisförderung. All das werden wir regeln." Kern der Reform sei eine neue Blickweise auf Förderentscheidungen, die den Athleten mit seinem Trainer im Fokus hat, sagte der Minister nach dem Kabinettsbeschluss.

Ausdünnung der Sportlandschaft befürchtet

Solchen Worten müssten Taten folgen, findet Sattler. "Wenn man nur die Verbände fördert, die erfolgreich Medaillen erringen können, bleiben viele andere auf der Strecke, die dann nicht mehr wissen, wie sie Trainer und Standorte finanzieren sollen." Er befürchtet eine Ausdünnung der Sportlandschaft: Im Winter nur Biathlon und Skispringen und im Sommer nur Fußball? Für Sattler wäre diese Vorstellung ein grobes Foul am Sport, den Aktiven und dem Publikum.

Deswegen sieht er auch die Fifa-Entscheidung, die Weltmeisterschaft auf 48 Teams aufzustocken, kritisch. "Die Vermarktung konzentriert sich auf wenige Sportarten." Mit Folgen auch für die öffentliche Wahrnehmung: Der Fernsehzuschauer bekomme andere interessante Sportarten irgendwann nicht mehr zu sehen.


Quelle:
KNA