Sportbischof kritisiert IOK-Entscheidung zu Russland

"Ich dachte, wir seien schon einen Schritt weiter"

Das Internationale Olympische Komitee (IOK) steht wegen der Starterlaubnis für Russlands Mannschaft bei den Sommerspielen weiterhin in der Kritik. Auch Sportbischof Peters kritisiert die Entscheidung und kann die Verärgerung anderer Olympiateilnehmer nachvollziehen.

Präsidenten: Bach und Putin (dpa)
Präsidenten: Bach und Putin / ( dpa )

domradio.de: Was ist denn in der heutigen kommerziellen Zeit noch übrig von der ursprünglich hehren Idee der Spiele?

Weihbischof Jörg Michael Peters (Sportbischof der Deutschen Bischofskonferenz): Die Diskussionen um einen sauberen und fairen Sport wurden wahrscheinlich noch nie so offen und deutlich geführt wie bei diesen Spielen. Die jüngste Entscheidung für eine Teilnahmemöglichkeit der russischen Athleten hat mich überrascht. Ich hoffe, dass die Sportverbände, auf die ja jetzt die Last der Entscheidung zukommt, im Hintergrund auf eine gute Art und Weise eingebunden sind. Wir brauchen eine gute und faire Lösung vor allem für die Menschen, die im Sport stehen. Es sollte ein deutliches Signal für einen sauberen und fairen Sport geben.

domradio.de: Wie beurteilen Sie denn die Entscheidung, die einzelnen Sportverbände in die Pflicht zu nehmen? Spielt da der IOK-Präsident Bach nicht einfach den Ball zurück und entzieht sich der Verantwortung?

Peters: Das war mein erster Eindruck, den ich hatte, als ich diese Nachricht hörte. Das hat mich überrascht, weil ich dachte, wir seien schon einen Schritt weiter. Ich hoffe, dass es da nicht nur bilateral zwischen dem Internationalen Olympischen Komitee und einem Staatspräsidenten oder Stammesfürsten zu einer Entscheidung gekommen ist. Ich hoffe, dass man sehr wohl alle Konsequenzen nach menschlichem Ermessen abgewogen hat. Und dass es um der Sportlerinnen und Sportler Willen und um des Sportes Willen für die Menschen eine gute Lösung geben wird.

domradio.de: Können Sie Sportler wie den Diskuswerfer Robert Harting verstehen, der sehr wütend auf die IOK-Entscheidung reagiert hat?

Peters: Es gibt diejenigen, die in ihrem ganzen Sportleben und während ihrer gesamten Karriere sauber geblieben sind. Die sich durch hartes Training und das Entfalten ihrer Begabung in den Sport einbringen und deswegen leidenschaftlich sind in der Debatte. Dass die nun enttäuscht und verärgert sind, kann ich gut nachvollziehen.

domradio.de: Aus Brasilien gibt es viele Meldungen, die Sorge bereiten: Armut, unfertige Sportstätten ...

Peters: Vor drei Jahren habe ich beim Weltjugendtag das Land in seiner Schönheit und Gastfreundschaft kennengelernt und Rio als eine offene, fröhliche und auch friedliche Stadt erlebt. Es ist damals überhaupt nichts passiert. Die Einrichtungen werden pünktlich fertig, da bin ich sicher, das hat die Geschichte immer wieder gezeigt. Aber wichtiger ist, dass es eine Nachhaltigkeit gibt für die Menschen in einem Land, in der die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht und in dem die Menschen in den Favelas schon wie Ausgegrenzte leben.

Ich wünsche mir, dass es dort einen Sinn für Gerechtigkeit und Barmherzigkeit gibt. Wir sind dort schon seit der Fußball-Weltmeisterschaft mit den großen Hilfswerken und dem katholischen Sportverband DJK stark engagiert. Damit wollen wir ein Zeichen setzen. Und ich glaube, dass dieses Signal auch unter den politisch Verantwortlichen in Brasilien gehört und verstanden worden ist.

domradio.de: Werden Sie die Spiele verfolgen?

Peters: Ich werde nicht ständig vor dem Fernseher sitzen, dafür fehlt einfach die Zeit. Meine Hoffnung ist aber, dass es zu viel Freude und vielen guten Begegnungen kommt. Die Berichte der Athletinnen und Athleten, die schon mal dabei waren, zeigen: Das Zusammensein im Olympischen Dorf, die Begegnungen im eigenen Team und zwischen den Teams sind etwas ganz Großartiges. Und natürlich die Wettkämpfe selber auch, wo jeder in dem Augenblick sein Bestes geben möchte - das erwarte ich mit Spannung und Freude.

Ich hoffe, die Athletinnen und Athleten werden Brasilien und die Welt verzaubern. Weil der Sport etwas von der Freiheit und der Schönheit des Lebens zeigen kann.

Das Interview führte Johannes Schröer.


Quelle:
DR