Pfarrer besteht höchste Prüfung im Aikido

Kampfkunst als Form der Nächstenliebe

Kein Kuschel-Kampf: Pfarrer Claus-Dieter Sonnenberg aus Salzgitter ist Meister im Aikido. Die Philosophie hinter dem Sport sei absolut im Einklang mit dem christlichen Gebot der Nächstenliebe, sagt er.

Autor/in:
Björn Schlüter
Pfarrer Sonnenberg beim Aikido / © Peter Sierigk (epd)
Pfarrer Sonnenberg beim Aikido / © Peter Sierigk ( epd )

Der Knüppel des Angreifers glänzt matt im fahlen Schein der Neonröhren. Fest richtet dieser seinen Blick auf den unbewaffneten Claus-Dieter Sonnenberg. Dann stößt der Stock blitzartig hervor, und genauso schnell entscheidet sich der Kampf.

Der Ausgang ist unerwartet: Sonnenberg weicht geschickt aus, zwingt seinen Kontrahenten in eine entwaffnende Drehbewegung und bringt ihn anscheinend mühelos zu Fall. "Kein Problem", sagt der 57-jährige  Pfarrer anschließend mit einem Lächeln. Der evangelische Theologe aus Salzgitter ist ein Meister der Selbstverteidigung und hat vor einigen Wochen den 5. Dan im Aikido errungen.

"Es ist die höchstmögliche Prüfung in dieser Kampfkunst, danach kommen nur noch Ehrengrade", sagt er. In ganz Niedersachsen habe bislang kein weiterer Aikidoka im Deutschen Aikido Bund (DAB) diese Stufe erreicht. Deutschlandweit ist Sonnenberg der erste landeskirchliche Pfarrer, der es so weit im Aikido gebracht hat. Seit seinem Theologiestudium betreibt er diese Kampfkunst. Der Kampf Mann gegen Mann oder die Verteidigung gegen Angriffe mit Messer, Stock oder Schwert - Sonnenberg hat solche Situationen schon Tausende Male erlebt.

Glaube und Kampf – geht das?

Aber passen Glaube und Kampf überhaupt zusammen? "Die Philosophie hinter dem Aikido ist absolut im Einklang mit dem christlichen Gebot der Nächstenliebe", betont er. Grob übersetzen lasse sich der japanische Name mit "Weg zur Harmonie der Kräfte". Es gehe darum, sich in einen Gegner hineinzuversetzen und ihn möglichst ohne Verletzungen in eine Situation zu bringen, in der er sich beruhigen kann. "In anderen Kampfsportarten geht es meist nur darum, jemanden platt zu machen."

Aikido sollte man sich jedoch keineswegs als Kuschel-Kampf vorstellen, warnt der Pfarrer. Aikidoka seien durchaus in der Lage, einen Menschen ernsthaft zu verletzen. "Aber ich will keinen Gegner zerstören. Ich will ihn geistig besiegen, ihn entmutigen, damit er seinen Angriff aufgibt." Aikido sei daher die einzige Kampfkunst, die er als Pfarrer reinen Gewissens ausüben könne. "Für mich ist es ein 'den Gegner liebender Selbstschutz', der notfalls auch mit heilsamen Schmerzen überzeugen kann", sagt er mit einem Augenzwinkern.

Schüler entwickeln sich weiter

Seit mehr als 25 Jahren gibt Sonnenberg die Lehren des Aikido auch an Schüler weiter und sie gehen gemeinsam den Weg zur Harmonie. Schon oft habe er dabei beobachten dürfen, wie bei den Lernenden neben der Begeisterung für den Sport auch der Geist gereift sei. Ein Ende kenne der Weg des Aikido nicht, weitere Entwicklungen der eigenen Person seien immer möglich, sagt Sonnenberg. "Dass ich den 5. Dan erreicht habe, heißt eigentlich nur, dass ich schon ein wenig länger unterwegs bin."


Quelle:
epd