Sportpfarrer Nonte zum Fall Hoeneß

"Ich bin betroffen"

Der neue katholische Sportpfarrer, Thomas Nonte, will Bayern-Präsident Uli Hoeneß wegen seines eingestandenen Steuerbetrugs nicht an den Pranger stellen.

Pfarrer Thomas Nonte (KNA)
Pfarrer Thomas Nonte / ( KNA )

domradio.de: Sie sind selbst Bayern Fan - sind Sie persönlich enttäuscht vom Verhalten des Präsidenten des Fußball-Clubs?
Thomas Nonte: Ja, es gibt Nachrichten, wenn man die hört, glaubt man die erst einmal nicht. So war es mit dieser Nachricht von seiner Selbstanzeige. Enttäuscht … betroffen würde ich sagen. Das wirbelt ja viel durcheinander. Menschlich natürlich auch berührt, weil er nun so schlagartig Schlagzeilen gemacht hat, ganz entgegen seinen bisherigen Äußerungen.

domradio.de: Wie finden Sie dieses Verhalten des FC Bayern gestern auf der Pressekonferenz, keine Fragen zu Hoeneß Steuersünden zuzulassen? Können Sie das verstehen oder nachvollziehen?
Nonte: Ich habe die Pressekonferenz nicht selbst gesehen. Zunächst einmal ist es ja eine Privatangelegenheit von Herrn Hoeneß und keine Angelegenheit des FC Bayern München. Vielleicht ist es auch eine Form der Solidarität, wenn man da noch einmal zusammenhält. Wenn ich jetzt der Sünder wäre, wäre ich auch froh, wenn ein paar Freunde zu mir stehen würden.

domradio.de: Hoeneß selbst sagt nichts zum Thema, verweist auf das schwebende Verfahren und meint: "Sie können sich vorstellen, dass mir vieles auf der Zunge liegt, aber ich muss erst mit den Behörden meine Hausaufgaben machen". Aber er will gegen allzu forsche Berichterstattung juristisch vorgehen. Würden Sie sagen, wer von seinem moralischen Anspruch so entschieden abweicht, muss auch mit polemischer Berichterstattung zurechtkommen?
Nonte: Das kommt darauf an, wo die Polemik ihre Grenze zieht. Wenn die Würde der Person und auch die Unschuldsvermutung verletzt und die tatsächlichen Zusammenhänge nicht richtig dargestellt werden, weil sie noch gar nicht richtig dargestellt werden können, dann würde ich sagen hat er recht, das Recht hat ja jeder. Nun ist er selbst ein forscher Typ, ich weiß nicht, gegen welche Berichterstattung genau er da vorgehen würde. Wenn man ihm Absichten unterstellen würde, die ihn als Mensch verletzen, dann kann man das zumindest menschlich nachvollziehen. Ob er es wirklich tun würde, glaube ich nicht einmal.

domradio.de: Hängt es damit zusammen, dass man so eine Art Vorbild in dem Bayern-Präsidenten sah?
Nonte: Sie sehen an meinem Zögern: Da bin ich ein bisschen vorsichtig. Was ist jetzt ein Vorbild? Meine Eltern waren in meiner Kindheit mein Vorbild, aber als ich erwachsener wurde und sie älter wurden, merkte man, dass sie Menschen sind mit Schwächen und Fehlern. Vielleicht ist es sogar die Stärke eines Menschen, zu seinen Fehlern und Schwächen in aller Weltöffentlichkeit zu stehen. Insofern würde ich ihn nicht als Vorbild bezeichnen, da würde ich eher andere Menschen aussuchen. 

domradio.de: Hoeneß hatte sich ja auch selber angezeigt. Packte ihn doch noch die Moral oder ist Steuerhinterziehung generell unmoralisch?
Nonte: Steuerhinterziehung ist Betrug an der Solidargesellschaft, eindeutig. Und warum er sich jetzt selbst angezeigt hat, hat er bisher noch nicht öffentlich gesagt. Auf der anderen Seite, wenn ich als Kirchenmann reden darf, dann gibt es einen wichtigen Mann im Evangelium, der sogar zum engsten Beraterkreis wurde, bei Matthäus der Zöllner, der auch großzügig mit dem Geld anderer Leute umgegangen ist. Ich habe von den Schwaben einen schönen Satz gelernt: Es menschelt bis Gott hinauf. Und unser neuer Papst lädt uns dazu ein, barmherziger mit den Menschen umzugehen. Vielleicht entspricht das der augenblicklichen Situation, die es auch noch einmal herausfordert: Wer ohne (Steuer-)Schuld ist, der werfe den ersten Stein.

domradio.de: Sie sind ja selbst Bayern-Fan: Kann denn jemand wie Uli Hoeneß noch Präsident eines so großen und erfolgreichen Fußballclubs sein?
Nonte: Schöne Kombination: Ich brauche ja nicht als Sportpfarrer zurücktreten, weil ich Bayern-Fan bin. Also: Ich denke mal, er hat oft genug in seiner Zeit als Bayern-Mann gezeigt, dass er auch zu den Schwächen seiner Spieler steht, sie unterstützt und gestärkt hat, sie in schwierigen Situationen begleitet. Vielleicht ist jetzt der Verein oder die Fußballwelt an der Reihe zu sagen: Lieber, schwacher Uli Hoeneß, jetzt sind wir barmherzig mit Dir. Ich glaube nicht, dass er deswegen zurücktreten muss.

domradio.de: Klingt ein bisschen wie ein Plädoyer für Vergebung …
Nonte: Ja. Also die Schuld muss beglichen werden, es geht um Gerechtigkeit, das ist die Aufgabe der Justiz. Auf der anderen Seite brauchen wir auch eine barmherzige Gesellschaft. Man muss ja auch die Chance haben können, einen Fehler einräumen zu können und die Folgen zu übernehmen, und dann wieder neu anfangen zu können. Wo kämen wir hin, wenn das nicht ginge!

Das Interview führte Uta Vorbrodt.