Wie die Malteser in den Flutgebieten helfen

“Es geht leider Gottes nicht so schnell”

Ingo Radtke koordiniert die Hilfe des Malteser Hilfsdienstes in den Flutgebieten von NRW und Rheinland-Pfalz. Rund drei Monate sind die Starkregenfälle nun her. Doch Aufräumen und Wideraufbau dauern an und sind noch lange nicht beendet.

Malteser im Flutgebiet / © Harald Oppitz (KNA)
Malteser im Flutgebiet / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was haben die Malteser mit den betroffenen Menschen seit der Flut bis heute geschafft?

Ingo Radtke (Flutkoordinator beim Malteser Hilfsdienst): Ich sage mal so: Man muss betrachten, was die Menschen insgesamt geschafft haben. Das ist eine Gemeinschaftsleistung gewesen, die die Menschen mit ungeheuerlich viel Solidarität, Leistung und Anstrengungen erbracht haben. Ungeheuerlich.

Ich glaube aber trotzdem, wenn man die Lage aus Sicht der Betroffenen anguckt, dass jeder sagen wird, dass es eigentlich immer noch zu wenig ist. Wir müssten und wollten eigentlich alle sehr viel weiter sein, aber es geht leider Gottes nicht so schnell, wie man sich das wünschen würde. Und jetzt steht der Winter vor der Tür.

DOMRADIO.DE: Was steht denn im Moment an?

Radtke: Es steht an, soweit wie möglich Wohnungen bewohnbar zu machen. Oder es sind Lösungen zu finden, damit die Menschen wenigstens möglichst nahe an ihren eigentlichen Wohnorten, wenn diese nicht bewohnbar sein können, den Winter vernünftig überstehen. Außerdem steht an, dass der Wiederaufbau, insbesondere in den ganz hart betroffenen Gebieten, so schnell wie möglich vorangeht. "So schnell wie möglich" heißt immer so, wie es die Witterung zulässt.

DOMRADIO.DE: Was haben die Malteser bisher konkret vor Ort geleistet?

Radtke: Am Anfang stand die Akuthilfe. Knapp 1.500 Malteserinnen und Malteser haben unmittelbar nach der Flut Nothilfe geleistet. Kurz danach haben wir die Fluthilfe angesetzt. Das heißt, wir haben Kontakt aufgenommen mit den betroffenen Gemeinden. Dabei haben wir uns mit den Kolleginnen und Kollegen anderer Hilfsorganisationen gut abgestimmt - sowohl innerhalb der "Aktion Deutschland Hilft e.V." und auch außerhalb mit der Caritas, dem Roten Kreuz, der Johanniter-Unfall-Hilfe, dem Arbeiter-Samariter-Bund und so weiter. Wer geht wohin? Denn wir wollen ja keine Lücken hinterlassen und uns auf der anderen Seite nicht irgendwo drängeln.

Zusätzlich haben wir Kontakt mit den betroffenen Ortsbürgermeistern oder Ortsvorstehern, wie es in Rheinland-Pfalz heißt, aufgenommen und gefragt, wo sie am meisten Hilfe brauchen. Dann haben wir die Hilfen verteilt. Neben Bautrocknern, Hochdruckreinigern, Sicherheitsschuhen, Werkzeugen und so weiter haben wir vor allem Verpflegung verteilt und Unterstützung angeboten.

Aber auch das Verteilen der sogenannten Sofort- oder Starthilfe stand auf dem Plan. Die Idee war, dass alle Menschen und Haushalte, die von der Flut betroffen sind, 2.500 Euro Starthilfe bekommen. Sei das jetzt, dass ihnen der Keller vollgelaufen ist, sei es, dass das Wasser wie an Teilen der Ahr bis in den zweiten Stock raufgegangen ist. Dazu zählen aber auch so Sachen wie Bergwasser, also Regenwasser, dass den Berg runter flutet. Das vergisst man ja gerne mal.

DOMRADIO.DE: Es ging also auch um finanzielle Unterstützung. Aber wie sieht es mit der psychosozialen Betreuung aus?

Radtke: Das ist ein Punkt, der insbesondere jetzt zum Tragen kommt, da die Menschen langsam aber sicher aus der Erstarrung erwachen. Wir sind dabei, sogenannte Fluthilfebüros in verschiedenen Bereichen einzurichten. Für Nordrhein-Westfalen werden es wahrscheinlich eher mobile Lösungen sein, aber in Orten wie Bad-Münstereifel, Euskirchen, Rheinbach oder Schleiden werden diese Büros eher Fluthilfezentren. Dort ist dann unter anderem auch die psychosoziale Unterstützung angesiedelt. Wir wollen das Ganze so machen, dass wir den Menschen ein niederschwelliges Angebot machen, um niemandem die psychosoziale Unterstützung aufzudrücken. Damit kann man Menschen auch verschrecken.

Wir haben in diesen Fluthilfebüros zum Beispiel auch die Antragshilfen für Menschen, die sich dabei helfen lassen wollen, bei der öffentlichen Hand einen Antrag zu stellen. Das ist ja manchmal nicht ganz einfach. Wir haben schon früher festgestellt, zum Beispiel aus den Erfahrungen der Flut 2013, dass bei solchen Gesprächen dann auch die Not der Menschen so sichtbar wird, dass spontan auch nach der psychosozialen Betreuung gefragt wird. Da kommt dann ein: "Könnt ihr mir da und da helfen?"

Das Interview führte Michelle Ollion.


Ingo Radtke (Malteser International)

Ein Ehepaar im ehemaligen Wohnzimmer ihres Hauses in Altenahr / © Boris Roessler (dpa)
Ein Ehepaar im ehemaligen Wohnzimmer ihres Hauses in Altenahr / © Boris Roessler ( dpa )
Quelle:
DR
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