Forum Emmanuel macht Mut in der Krise

"Lebe Jetzt"

Eine Zeit des Auftankens: An diesem Sonntag geht das aufgrund der Corona-Krise lokal organisierte Forum Emmanuel der Gemeinschaft Emmanuel zu Ende. In Köln haben sich gut 150 Gäste vom bunten Programm in der Herz Jesu-Kirche inspirieren lassen. 

Kirche Herz Jesu, Zülpicher Platz, Köln / © Rick Neves (shutterstock)
Kirche Herz Jesu, Zülpicher Platz, Köln / © Rick Neves ( shutterstock )

Stimmengewirr, Motorengeräusche, plötzliches Hupen. Baulärm mischt sich mit dem Quietschen einer anfahrenden Straßenbahn. Menschen eilen über die Straßen, an Wohnhäusern, Geschäften, Kneipen und Kiosken vorbei. Eine junge Frau am Handy versucht mit ansteigender Stimme gegen den Klangteppich anzukommen. Hier, inmitten des Kölner Ausgehviertels "Kwartier Latäng", steht die Herz Jesu-Kirche.

Ein paar Jugendliche in Jogginghose haben sich gerade einen Döner um die Ecke geholt und setzen sich feixend auf deren Stufen. Gegenüber essen vereinzelte Gäste an den Tischen eines vietnamesischen Restaurants. Die neugotische Kirche bildet eine Oase der Ruhe im hektischen Getriebe der Stadt.

Gemeinschaft Emmanuel lädt ein 

Das passt zur Veranstaltung in der Kirche. Denn an diesem Wochenende findet ein buntes "Pausen-Programm" für Singles, Familien und Senioren statt. Die Gemeinschaft Emmanuel hat Menschen jeden Alters zu "sommerlich entspannten Tagen" eingeladen - "mit viel Zeit für Begegnungen mit alten Freunden, neuen Leuten und Gott, kurz: zu einer inspirierenden Auszeit vom Alltag".

Gestartet ist das sogenannte Forum Emmanuel, das normalerweise im Wallfahrtsort Altötting rund 2.000 Menschen anzieht und in diesem Jahr wegen Corona lokal und kleiner stattfindet, am Freitagabend. Unter dem Motto "Besser gemeinsam" kamen die ersten Gäste um 19 Uhr zu einem Gottesdienst und einem anschließend musikalisch gestalteten Abend zusammen. Kurze Impulse, die Möglichkeit zu persönlichem Gebet, Beichtgespräch oder gemeinsamem Singen luden zum Atemholen und Verweilen ein. 

Wege zu Gott aufzeigen 

War die Kirche am Freitagabend noch halb gefüllt, versammelten sich am Samstag bereits gut 150 Menschen in und um Herz Jesu. Gekommen waren Menschen jeden Alters, rund die Hälfte Familien, was hieß: Irgendwo sprang immer ein Kind herum. Entsprechend lebendig begann das Tagesprogramm, eingeleitet durch einen fetzigen Lobpreis, eines der charakteristischen Elemente der Gemeinschaft Emmanuel, die in den 1970er-Jahren im Zuge der charismatischen Erneuerung in Frankreich entstand. Heute gehören der Bewegung weltweit gut 11.500 Mitglieder an, vor allem Laien, aber auch Priester sowie Frauen und Männer im geweihten Leben.

"Die Nähe Gottes zu den Menschen, sein Ja zu dieser Welt, sein offenes Herz für jeden Einzelnen – das ist die Erfahrung, die die Gemeinschaft Emmanuel prägt", heißt es in einer Selbstbeschreibung. Die Mitglieder suchen in ihrem Alltag nach Gelegenheiten, mit Gott in Verbindung zu sein – durch Lobpreis,  Anbetung, Gottesdiensten, geistlichem Austausch und gemeinsamer Zeit. Mit einem eigenen pastoralen Standort ist die Gemeinschaft in Köln seit 2018 vertreten. Bis Ende 2020 wirkte sie in St. Aposteln, in diesem Jahr erfolgte der Wechsel nach Herz Jesu. Im Dialog mit Interessierten möchte die Gemeinschaft Wege zu Gott aufzeigen und eine neue Auseinandersetzung mit dem Glauben und der Kirche eröffnen. Diese Weisung steht auch beim Forum Emmanuel in Herz Jesu im Fokus.

Im Hier und Jetzt leben 

Im Innern der Kirche werden die Teilnehmer mit einem Videoimpuls auf das Tagesmotto "Lebe jetzt" eingestimmt. Eine Altenpflegerin erzählt von ihren Herausforderungen im Hier und Jetzt zu leben. "Lebe jetzt", das heiße für sie, "in Begegnungen echt präsent zu sein" - ohne etwa im Gespräch zu überlegen, was sie in der nächsten Woche noch erledigen müsse. "Das Geheimnis ist die Absichtslosigkeit: sich einem Menschen oder einer Situation öffnen, ohne etwas Bestimmtes zu wollen."

"Lebe jetzt" meine auch, sich mit der eigenen Geschichte zu versöhnen und einmal getroffene Entscheidungen nicht mehr anzuzweifeln. Dabei bewege man sich oft im Graubereich. Vieles sei eben nicht schwarz-weiß und eindeutig gut oder schlecht. Wenn es etwa darum ginge, die pflegebedürftigen Eltern versorgt zu wissen, könne eine Antwort sein, sie zu Hause zu pflegen, eine andere, sie in einem Pflegeheim anzumelden, weil man selber überfordert sei. "Lebe jetzt" bleibe eine Herausforderung. Das Entscheidende sei, Gott in die Entscheidungen mit hineinzunehmen, "im Vertrauen darauf, dass er uns begleitet".

In kleinen Kreisen tauschen sich die Forumsgäste danach zu ihren konkreten Erfahrungen aus. Für eine Mutter besteht die Herausforderung darin, im vollen Alltag mit Kindern nicht die Geduld zu verlieren. Innehalten, sich weniger vornehmen, aber auch Dankbarkeit würden ihr helfen, im Jetzt zu leben. Für eine Berufsanfängerin sind Gebet und Lobpreis der Schlüssel, um im Alltag präsent zu sein. 

Familienfreundliche Angebote

"Was ich hier toll finde, ist die Familienfreundlichkeit", schwärmt eine Mutter in der Essenspause. Vielleicht haben sich deshalb an diesem Tag so viele Familien eingefunden. Eltern können ihre Kinder fast zu allen Programmpunkten in eine altersgerechte Kinderbetreuung abgeben. Es gibt ein extra Programm für Teenies, die nachher stolz ihre selbst gebauten Schwedenstühle präsentieren und sich am Nachmittag im St. Pantaleonspark bei Sport und Spiel austoben. Mit gleich zwei Workshops werden explizit Eltern angesprochen. Auch sonst legt die Gemeinschaft in Herz Jesu viel Wert auf familienfreundlichen Umgang. Jeden ersten Sonntag im Monat wird etwa ein Familiengottesdienst mit eigenem Kinderprogramm gefeiert.

An den acht anderen Workshops beim Forum Emmanuel werden indes Menschen jeden Alters angesprochen. Da geht es um "Hilfen zur Entscheidungsfindung" und um "Krisen meistern", es gibt einen Kreativworkshop und Improtheater. Im Caritas-Workshop begegnen die Teilnehmenden bewusst Menschen auf dem Zülpicher Platz. Denn, so die Überzeugung der Gemeinschaft Emmanuel: Gott lässt sich überall finden, vor allem in meinem Gegenüber.

Mehr noch, "Gott kann im Hier und Jetzt handeln", meint Martin Sinnhuber, Priester der Gemeinschaft in seiner Predigt im Samstagsgottesdienst. "Gott wirkt - heute. Wenn ich aus diesem Glauben heraus lebe, werde ich darauf vertrauen können, dass Gott weiß, was jetzt dran ist", so Sinnhuber. Wenn man nicht weiter wisse, dann könne man getrost sagen: "Herr, bei dir ist alles möglich. Dir gebe ich diese Situation." Am Ende des musikalisch exzellent gestalteten Gottesdienstes ist Sinnhuber einer von vielen Priestern, die Forumsgäste mit einem Einzelsegen nach Hause entlassen. 

"Dankbar voran" 

An diesem Sonntag geht das Forum mit einem Familiengottesdienst, einer kleinen Wallfahrt und einem anschließenden Picknick zu Ende. Auch an diesem Tag mit dem Motto "Dankbar voran" wird es darum gehen, "in Gemeinschaft eine Begegnung mit Gott zu schaffen", fasst Philipp Siemer, einer der Organisatoren des Forum Emmanuel, zusammen. "Dankbar für die vergangenen Tage zu sein, in der Gewissheit, dass Gott sagt: Sorge dich nicht, ich sorge für dich." Mit diesem Gedanken, vielen Impulsen und echten Begegnungen im Rücken, lässt es sich wieder gelöster in den hektischen Alltagstrubel zurückkehren.

Teresa Müller-Alander


Altar in der Herz Jesu Kirche während des Forum Emmanuel  / © Inga Heuser/ Gemeinschaft Emmanuel (DR)
Altar in der Herz Jesu Kirche während des Forum Emmanuel / © Inga Heuser/ Gemeinschaft Emmanuel ( DR )

Schon bei der Anmeldung kam man mit anderen ins Gespräch / © Anastasia Meyers/ Gemeinschaft Emmanuel  (DR)
Schon bei der Anmeldung kam man mit anderen ins Gespräch / © Anastasia Meyers/ Gemeinschaft Emmanuel ( DR )

Langsam füllt sich die Kirche zum Auftakt am Freitagabend / © Inga Heuser/ Gemeinschaft Emmanuel (DR)
Langsam füllt sich die Kirche zum Auftakt am Freitagabend / © Inga Heuser/ Gemeinschaft Emmanuel ( DR )

In Kleingruppen tauschten sich die Teilnehmenden über das Motto "Lebe jetzt!" aus / © Anastasia Meyers/ Gemeinschaft Emmanuel (DR)
In Kleingruppen tauschten sich die Teilnehmenden über das Motto "Lebe jetzt!" aus / © Anastasia Meyers/ Gemeinschaft Emmanuel ( DR )

Pfarrer Martin Sinnhuber betont in seiner Predigt, dass mit Gott nichts unmöglich sei / © Anastasia Meyers/ Gemeinschaft Emmanuel  (DR)
Pfarrer Martin Sinnhuber betont in seiner Predigt, dass mit Gott nichts unmöglich sei / © Anastasia Meyers/ Gemeinschaft Emmanuel ( DR )

Am Ende des Gottesdienstes spendeten die Priester einen Einzelsegen / © Anastasia Meyers/ Gemeinschaft Emmanuel  (DR)
Am Ende des Gottesdienstes spendeten die Priester einen Einzelsegen / © Anastasia Meyers/ Gemeinschaft Emmanuel ( DR )
Quelle:
DR
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