Kölner Obdachlosenseelsorgerin über Sonntags-Tatort

"Die Hintergründe sind ja da"

Die Schicksale gleich mehrerer Frauen auf der Straße wurden im Köln-Tatort am Sonntag thematisiert. Wie realistisch die Darstellungen waren, das weiß Schwester Christina Klein, die Wohnungslosen-Seelsorgerin im Erzbistum Köln.

Wohnungsloser Mann auf einer Bank / © Raketir (shutterstock)
Wohnungsloser Mann auf einer Bank / © Raketir ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie gucken sonst keinen Tatort, aber den gestrigen haben Sie natürlich gesehen. War das nah an der Wirklichkeit, wie die Menschen auf der Straße gezeigt wurden?

Schwester Christina Klein (Obdachlosen-Seelsorge Gubbio, Köln): Ja, es war sehr nah an der Wirklichkeit. Beeindruckt hat mich auch die Solidarität der wohnungslosen Frauen untereinander, die sich geholfen haben. Die Ältere hat der jungen Frau geholfen und ich glaube, das ist auf der Straße auch so, dass die oft zusammenfinden und eine unterstützt die andere.

DOMRADIO.DE: Gab es da Details, wo Sie wirklich gedacht haben, ja, genau so ist es hier in Köln?

Sr. Christina: In dem Film gab es viele Details. Die Frau Fischer, die als Altenpflegerin arbeitet, die eigentlich alles richtig macht in ihrem Leben und irgendwann mal einen Lebensunfall gehabt hat, das hat mich auch sehr berührt, dass sie arbeitet und alles richtig macht, aber dann trotzdem wieder in diese Schiene reinkommt. Und das Geld reicht nicht zum Leben, dass sie wieder auf die Straße leben muss.

DOMRADIO.DE: Im Tatort gestern wurden auch die Hintergründe geliefert, warum speziell Frauen auf der Straße landen, wegen häuslicher Gewalt zum Beispiel. Kennen Sie auch solche Fälle?

Sr. Christina: Ja, ich kenne ganz viele Frauen mit häuslicher Gewalt und die meisten Frauen haben auch häusliche Gewalt erlebt. Viele gehen dann auch eine Partnerschaft ein, leben mit jemandem unter einem Dach und erfahren dann wieder Gewalt und Abhängigkeit.

DOMRADIO.DE: Frauen sind auf der Straße doppelt gefährdet. Das war so der Tenor im Tatort gestern, weil sie von allen Seiten Gewalt ausgesetzt sind. Erleben Sie das auch so?

Sr. Christina: Das erlebe ich auch so. Ich sehe oft Frauen, die geschlagen wurden, die mit mehreren Männern zusammen sind, Alkohol trinken und auch oft geschlagen wurden, ein blaues Auge haben, in Ängsten leben, zittern.

DOMRADIO.DE: Ist es gut und wichtig, dass das Leben und die Probleme von Frauen, gerade Frauen auf der Straße, in einem Tatort an einem so prominenten Sendeplatz, Sonntag um 20:15 Uhr, aufgegriffen werden?

Sr. Christina: Ja, das finde ich total gut. Die Hintergründe sind ja da. Und ich denke, da kann man noch mal mehr ein Bewusstsein schaffen, wie es den Frauen auf der Straße eigentlich geht, wie es denen wirklich geht.

Das Gespräch führte Carsten Döpp.


Obdachlosenseelsorger Schwester Christina Klein und Stefan Burtscher (DR)
Obdachlosenseelsorger Schwester Christina Klein und Stefan Burtscher / ( DR )
Quelle:
DR
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