Wegen der Corona-Pandemie haben offenbar immer mehr Kinder und Jugendliche psychische Probleme. Von Oktober bis Anfang Dezember 2020 sei die Zahl der jungen Patienten enorm gestiegen, sagte der stellvertretende Ärztliche Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Uniklinikums Tübingen, Gottfried Maria Barth, der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (Donnerstag). Inzwischen sei "die Hölle los", so Barth. Anders sei es noch im Frühjahr gewesen: "Zu Beginn der Pandemie kam zunächst kaum ein Kind oder Jugendlicher in die Notfallambulanz, obwohl wir uns darauf eingerichtet hatten."
Möglicherweise habe es psychisch belasteten Kindern zunächst einmal gutgetan, entspannt zu Hause bleiben zu können, so der Tübinger Psychiater. Im zweiten Lockdown überwiegen demnach nun die Angst und die Unsicherheit. Die Folge könnten etwa Schlafstörungen mit Albträumen oder Mutlosigkeit sein.
Auch gebe es mehr Essstörungen, vor allem Magersucht bei Mädchen. Zugenommen hätten durch die Pandemie auch Zwangshandlungen. Hier gehe es darum, die Situation unter Kontrolle zu behalten. Das gelte auch für Magersucht. "Es ist der verzweifelte Versuch, den Alltag genau im Griff zu haben, indem man das Essen kontrolliert." Die drohenden Pandemiefolgen sollen damit verdrängt werden.
Der Anteil der von psychischen Erkrankungen betroffenen Kinder und Jugendlichen liege bei etwa 15 Prozent; der Großteil werde die Pandemie hingegen unbeschadet durchlaufen, prognostizierte der Psychiater. (KNA/06.01.2021)
20.02.2021
Zum Welttag der sozialen Gerechtigkeit an diesem Samstag prangern Verbände und Hilfsorganisationen Kinderarmut an. Zudem weisen sie auf die schwierige Lage von armen Menschen und zahlreichen Familien in der Corona-Pandemie hin.
In Deutschland gebe es eine "deutliche soziale Schieflage", die die Corona-Pandemie derzeit weiter verstärke, erklärte die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Verena Bentele, in Berlin. Rund 13 Millionen Menschen seien hierzulande von Armut bedroht oder betroffen, das seien 13 Millionen zu viel. Daher müsse das Thema soziale Gerechtigkeit "ganz oben auf die politische Agenda".
Der VdK forderte unter anderem einen monatlichen Corona-Zuschlag von 100 Euro für Empfänger von Grundsicherung. Auch Wohngeld-Berechtigte sollten den Zuschlag erhalten, um krisenbedingte Härten abzumildern. Um Erwerbsarmut und spätere Altersarmut zu verhindern, fordert der VdK einen höheren Mindestlohn von mindestens 13 Euro sowie eine Eindämmung von Leih- und Zeitarbeit.
"Zu sozialer Gerechtigkeit gehört aber mehr als ein guter Lohn und faire Arbeitsbedingungen. Soziale Gerechtigkeit bedeutet auch, dass Menschen mit und ohne Behinderung uneingeschränkt teilhaben können. Es bedeutet, dass Menschen mit Würde gepflegt werden können. Es bedeutet, dass alte Menschen genug zum Leben haben", betonte Bentele.
Hilfswerk: Kindergeld und Kinderzuschlag reichen nicht aus
Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerks sind vor allem arme Kinder Verlierer der Corona-Pandemie. "Ihre Eltern können die finanziellen und organisatorischen Belastungen der Pandemie gar nicht oder nur sehr schlecht schultern. Wenn dazu noch die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe geschlossen sind, das Schul- und Kitaessen wegfällt und gleichzeitig viele Tafeln nur eingeschränkt arbeiten können, hat das für arme Kinder teils dramatische Auswirkungen", betonte Bundesgeschäftsführer Holger Hofmann. Es brauche wirksame Hilfen.
Das Hilfswerk begrüßte gestiegenes Kindergeld und Kinderzuschlag sowie den Kinderbonus auch für Kinder im Hartz-IV-Bezug. "Aber leider sind diese Maßnahmen viel zu gering, um die Belastungen der Corona-Pandemie für die Ärmsten auszugleichen und zu einer spürbaren Reduzierung der Kinderarmut in Deutschland beizutragen."
Nötig sei in der Krise ein pauschaler Mehrbedarfszuschlag in der Grundsicherung von 100 Euro pro Kopf und Monat. Neben einer konkreten materiellen Absicherung von Kindern und Familien müsse auch eine Versorgung in den Bereichen Bildung, Mobilität, Freizeit und soziale Teilhabe in den Blick genommen werden.
Ähnlich äußerte sich auch der Verein SOS-Kinderdorf. Die Leiterin des Sozialpädagogischen Instituts, Kristin Teuber, erklärte, "dass jede Zahlung des Bundes ein kleiner Schritt in die richtige Richtung und längst überfällig" sei. Eine Einmalzahlung reiche jedoch nicht aus. Stattdessen sollten die Regelsätze für die Zeit der Pandemie angehoben werden, damit Familien, die Grundsicherung bezögen, entlastet würden und ihre Mehraufwendungen besser decken könnten. "Davon würden ihre Kinder unmittelbar profitieren."
Wegen der Corona-Pandemie haben offenbar immer mehr Kinder und Jugendliche psychische Probleme. Von Oktober bis Anfang Dezember 2020 sei die Zahl der jungen Patienten enorm gestiegen, sagte der stellvertretende Ärztliche Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Uniklinikums Tübingen, Gottfried Maria Barth, der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (Donnerstag). Inzwischen sei "die Hölle los", so Barth. Anders sei es noch im Frühjahr gewesen: "Zu Beginn der Pandemie kam zunächst kaum ein Kind oder Jugendlicher in die Notfallambulanz, obwohl wir uns darauf eingerichtet hatten."
Möglicherweise habe es psychisch belasteten Kindern zunächst einmal gutgetan, entspannt zu Hause bleiben zu können, so der Tübinger Psychiater. Im zweiten Lockdown überwiegen demnach nun die Angst und die Unsicherheit. Die Folge könnten etwa Schlafstörungen mit Albträumen oder Mutlosigkeit sein.
Auch gebe es mehr Essstörungen, vor allem Magersucht bei Mädchen. Zugenommen hätten durch die Pandemie auch Zwangshandlungen. Hier gehe es darum, die Situation unter Kontrolle zu behalten. Das gelte auch für Magersucht. "Es ist der verzweifelte Versuch, den Alltag genau im Griff zu haben, indem man das Essen kontrolliert." Die drohenden Pandemiefolgen sollen damit verdrängt werden.
Der Anteil der von psychischen Erkrankungen betroffenen Kinder und Jugendlichen liege bei etwa 15 Prozent; der Großteil werde die Pandemie hingegen unbeschadet durchlaufen, prognostizierte der Psychiater. (KNA/06.01.2021)