Bundesweiter Tarifvertrag in Altenpflege rückt näher

"Die Zeit drängt"

In der Altenpflege in Deutschland rückt ein bundesweiter Tarifvertrag näher. Eine Gehaltssteigerung von bis zu 25 Prozent ist darin enthalten. Doch es gibt auch bereits kritische Töne. Private Anbieter wehren sich gegen die Pläne.

Altenpflege in Corona-Zeiten / © Olena Yakobchuk (shutterstock)
Altenpflege in Corona-Zeiten / © Olena Yakobchuk ( shutterstock )

Die Gewerkschaft Verdi und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) einigten sich am Wochenende auf einen Tarifvertrag über Mindestbedingungen in der Altenpflege, wie beide Seiten am Montagmorgen mitteilten. Dieser Tarifvertrag soll am 1. August vom Bundesarbeitsministerium auf alle Pflegekräfte ausgedehnt werden. Vor diesem Schritt müssen aber erst noch die kirchlichen Anbieter Diakonie und Caritas zustimmen. Sie unterliegen einem kirchen-eigenen Tarifrecht.

Bereits im September hatten Verdi und der BVAP einen Tarifvertrag ausgehandelt, der jetzt in Details verändert wurde. Die Mindestentgelte für alle Pflegepersonen in der Altenpflege steigen demnach in vier Schritten deutlich an. Das Einkommen von Pflegehelferinnen und Pflegehelfer soll 2023 auf mindestens 14,40 Euro steigen, das von examinierten Pflegefachpersonen auf 18,75 Euro. Bisher bestehen in Ost- und Westdeutschland unterschiedliche Mindestlöhne für Pflegehilfskräfte, die bis September auf einheitlich 12,55 Euro pro Stunde steigen sollen.

Private Anbieter wehren sich gegen Tarifvertrag

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte zuletzt im November bekräftigt, einen Tarifvertrag Pflege auf ganz Deutschland erstrecken zu wollen, wenn ein Antrag vorgelegt werde und Voraussetzungen erfüllt seien. Die privaten Pflegeheimträger und Betreiber von Pflegediensten wehren sich vehement gegen einen solchen Tarifvertrag und haben Klagen angekündigt. Sie sprechen es dem relativ kleinen Arbeitgeberverband ab, für die Branche sprechen zu können.

Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler sagte: "Die Zeit drängt. Wie groß der Personalnotstand ist, hat sich gerade auch in der Pandemie bitter gezeigt." Beschäftigte für die Altenpflege gewinne man nur mit guten Arbeitsbedingungen. "Ein bundesweit geltender Tarifvertrag mit rechtlich verbindlichen Mindestbedingungen sichert das Lohnniveau nach unten ab und schützt letztendlich auch die Arbeitgeber vor einem ruinösen Wettbewerb."

Steigerung von 25 Prozent geplant

Nach Angaben beider Seiten entspricht die Einigung einer Steigerung gegenüber dem bisherigen Pflegemindestlohn von insgesamt 25 Prozent.

Im Juni 2023 werden bei einer 39-Stunden-Woche dann mindestens folgende Monatsgehälter gezahlt: 2.440 Euro für Pflegehelfer, 2.585 Euro für Pflegehelfer mit mindestens einjähriger Ausbildung und 3.180 Euro für Pflegefachpersonen. Pflegepersonen in der Altenpflege haben zudem künftig Anspruch auf mindestens 28 Urlaubstage pro Jahr und ein zusätzliches Urlaubsgeld von mindestens 500 Euro.

BVAP und Verdi zeigten sich zuversichtlich, dass die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie den gemeinsamen Weg unterstützten. Es gebe das gemeinsame Ziel, bundesweit die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Gewerkschaft und Arbeitgeberverband richten zudem einen dringenden Appell an Politik und Kostenträger, eine ausreichende Finanzierung der neuen Mindestentgelte in der Altenpflege sicherzustellen, ohne dass die Eigenanteile der Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen steigen.


Quelle:
KNA