Wie in einem Pflegeheim der Impftag ablief

"Nicht alle erreicht"

Ein Großteil der 840.000 Impfungen in Deutschland wurde bis jetzt in Alten- und Pflegeheimen verteilt. Ein Erfahrungsbericht aus dem Seniorenhaus Heilige Drei Könige in Köln, wo trotz "guter Quote" nicht alle Bewohner und Pfleger geimpft wurden.

Symbolbild Impfstoff, Impfung / © LookerStudio (shutterstock)
Symbolbild Impfstoff, Impfung / © LookerStudio ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Am Mittwoch begann bei Ihnen das Impfen im Haus. Was war das für eine Stimmung?

Marc Stutenbäumer (Leiter des Seniorenhauses Heilige Drei Könige in Köln): Zunächst mal war es eine Erleichterung, als der Termin feststand. Aber natürlich war damit auch eine große Vorbereitung verbunden. Wir haben 148 Menschen hier am Mittwoch im Haus geimpft und das war eine gute, abgestimmte Aktion mit dem zuständigen Impfarzt von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), aber auch mit der hausärztlichen Praxis, die uns hier begleitet hat den ganzen Tag.

DOMRADIO.DE: Warum konnten Sie jetzt erst anfangen zu impfen?

Stutenbäumer: Wir mussten ja im Vorfeld die Einwilligungen einholen und dann auch einen Wunschtermin angeben. Das war der mit unserer Hausarztpraxis abgestimmte Termin. Und so ist der zustande gekommen. Wir haben uns da aber eigentlich sicher gefühlt, bis zum 13. das auch gut vorzubereiten, weil schnell ist ja nicht zwangsläufig dann auch gut.

DOMRADIO.DE: Was muss man denn da alles vorbereiten? Sind das sehr komplizierte Vorbereitungen, – wie lief das gestern ab?

Stutenbäumer: Vorbereitungen für den gestrigen Tag waren zum einen die bereits angesprochenen Einwilligungen und sogenannte Anamnesebögen, sodass man weiß, was für ein Mensch da jetzt gerade geimpft wird. Gibt es Kontraindikationen, gibt es irgendwelche Allergien, auf die man achten muss? Gestern wurde dann unter Hochsicherheitsbedingungen hier der bestellte Impfstoff angeliefert, der auch nur von mir entgegengenommen werden durfte. Den musste ich dann einschließen in einem Raum, wo wir einen Kühlschrank auch bereitgestellt haben.

Dann kam gegen 12:30 Uhr der von der KV zugeteilte Impfarzt. Wir haben dann ein kurzes Briefing gemacht - ärztlicherseits - und von den Mitarbeitern, die das hier vom Haus auch flankiert haben. Zu dritt haben wir dann das Impfserum sozusagen vorbereitet. Das darf nicht geschüttelt werden. Das ist ein sehr fragiler Impfstoff. Er wird dann zunächst verdünnt und aus diesen verdünnten Ampullen werden dann die Impfdosen für die Bewohner und Mitarbeiter abgezogen.

DOMRADIO.DE: Haben sich denn alle impfen lassen bei Ihnen – sowohl Bewohner als auch Pflegepersonal?

Stutenbäumer: Von 76 Bewohnern haben sich 72 impfen lassen. Eine Bewohnerin hatte leider gestern einen akuten Infekt, also Fieber über eine bestimmte Gradzahl hinaus, sodass der Arzt dann entschieden hat: Die können wir jetzt heute nicht impfen.

DOMRADIO.DE: Und beim Pflegepersonal: Haben da auch einige abgelehnt, sich impfen zu lassen?

Stutenbäumer: Ich finde, wir haben eine gute Quote. Über dreiviertel haben sich tatsächlich impfen lassen hier im Haus. Wir haben viel Aufklärungsarbeit geleistet. Dann gibt es natürlich die Mitarbeiter, die Corona schon durchlebt haben, die schon einen Infekt hatten, die erst mal nicht mit geimpft werden oder Menschen, die aufgrund einer Vorerkrankung, die eine Immunschwäche beinhaltet, eben dann auch nicht geimpft werden durften.

Und es gibt diejenigen, die wir mit unseren Aufklärungsmaterialien – und wir haben auch noch einmal ein Video gezeigt – einfach nicht erreicht haben. Das muss man dann auch irgendwann so stehen lassen. Ich halte jetzt nichts von einer Impfpflicht. Letztendlich ist es eine Körperverletzung und jeder Mensch muss das für sich entscheiden, wenn ich es auch für total wichtig halte, dass sich möglichst viele Menschen in den Seniorenhäusern natürlich impfen lassen.

DOMRADIO.DE: Also Sie nehmen das ganz gelassen, dass Sie sagen: Das können wir aushalten, dass ein paar Pflegekräfte sich nicht impfen lassen. Sind die dann keine Gefahr für die Bewohner?

Stutenbäumer: Erst einmal sind wir ja noch alle eine Gefahr nach der ersten Impfung, weil wir ja keinen vollen Immunschutz haben. Und es ist ja auch noch gar nicht geklärt, ob nicht Menschen, die einen Immunschutz haben, auch Überträger sein können. Wir lernen ja sozusagen gerade, wenig ist evidenzbasiert von den Entscheidungen, die wir gerade treffen oder die für uns getroffen werden.

Das Gute ist ja mittlerweile, dass wir ganz viele Schnelltests in den Einrichtungen durchführen. Das geschieht bei Mitarbeitern, aber auch bei den Bewohnern. Damit können wir zumindest feststellen, ob jetzt ein akuter Infekt besteht, also ob eine Viruslast im Hals-Rachen-Raum vorhanden ist.

DOMRADIO.DE: Jetzt wurde am Mittwoch erst mal geimpft bei Ihnen. Sie haben jetzt alle eine Nacht drüber geschlafen. Sind alle gut damit klargekommen?

Stutenbäumer: Ja, super. Wir haben keine Auffälligkeiten. Ich habe etliche Kollegen auch angesprochen. Ich habe auch so einen leichten Druckschmerz in dem Arm, wo die Injektion appliziert wurde. Das fühlt sich ein bisschen an wie Muskelkater. Aber uns geht es allen super.

DOMRADIO.DE: Ist auch schon geplant, wann dann die zweite notwendige Impfung kommt?

Stutenbäumer: Ja, die ist für den 3. Februar geplant. Es gibt mittlerweile ein Portal bei der Kassenärztlichen Vereinigung, wo ich den Termin und die Impfdosen einsehen kann. Dort habe ich auch die Listen der gestern geimpften Menschen sozusagen hochgeladen, damit das auch ans Robert-Koch-Institut weitergeleitet werden kann, weil wir ja alle interessiert sind, wie viele Leute denn nun geimpft sind. Also der 03.02.2021 steht fest.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Quelle:
DR
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