Statistik: Menschen ab 65 stärker von Armut bedroht

Bedenklicher Anstieg

​Zum Tag der älteren Menschen hat das Statistische Bundesamt neue Zahlen rund um Alter und Armut veröffentlicht. Demnach hat die Gefahr zugenommen, in die Altersarmut abzurutschen, auch wenn es Unterschiede in den Bundesländern gibt. 

Autor/in:
​Gottfried Bohl und Leticia Witte
Eine Frau holt Münzen aus ihrem Portemonnaie / © Stephanie Pilick (dpa)
Eine Frau holt Münzen aus ihrem Portemonnaie / © Stephanie Pilick ( dpa )

Nach Angaben des Statistikamtes von Mittwoch sind Menschen ab 65 Jahren in Deutschland stärker von Armut bedroht. Von 2005 bis 2019 sei die Armutsgefährdungsquote von 11 auf 15,7 Prozent gestiegen. In keiner anderen Altersgruppe sei der Anstieg so groß gewesen. In der Gesamtbevölkerung sei die Quote im selben Zeitraum von 14,7 auf 15,9 Prozent gestiegen.

Die Quote ist ein Indikator zur Messung der relativen Einkommensarmut. Als armutsgefährdet gilt demnach, wer ein Einkommen hat, das weniger als 60 Prozent des Bundesmedians des Äquivalenzeinkommens der Bevölkerung in Privathaushalten beträgt.

Beim Äquivalenzeinkommen werden die Einkommen so gewichtet, dass sie trotz unterschiedlich großer Haushalte möglichst vergleichbar sind. Der Median ist das Einkommen, bei dem die Hälfte der Einkommen darüber liegt und die andere darunter.

Unterschiede zwischen den Bundesländern

In den Bundesländern liegt die Quote für Menschen ab 65 am höchsten im Saarland (18,4 Prozent), Rheinland-Pfalz (17,8) und Bayern (17,5), am niedrigsten in Brandenburg (12,5), Schleswig-Holstein (13,0), Thüringen und Sachsen (je 13,4). Insgesamt liegt die Armutsgefährdungsquote für die Generation 65 plus im Westen bei 16,2 und im Osten (mit Berlin) bei 13,8 Prozent.

Der Anteil der Menschen im Rentenalter, der Grundsicherung bezog, lag 2019 bei 3,2 Prozent, 2003 bei 1,7 Prozent. Die absolute Zahl stieg von 258.000 Ende 2003 auf 562.000 Ende 2019. Dieser Anstieg ist laut den Statistikern auch auf die insgesamt wachsende Zahl von Menschen im Rentenalter zurückzuführen.

Dabei seien ältere Menschen in den Stadtstaaten besonders häufig Bezieher von Grundsicherung. Ein Grund dafür dürften die höheren Lebenshaltungskosten in den Städten sein.

Verbände fordern Gegenmaßnahmen

Die Diakonie Deutschland mahnte eine umfassende Teilhabe älterer Menschen an. "Menschen ab 60 Jahren in Zeiten der Bedrohung durch das Coronavirus pauschal als 'Risikogruppe' zu etikettieren und sie besonders abzuschirmen, grenzt aus", sagte Sozialvorstand Maria Loheide. Zudem verliere die Gesellschaft dadurch den "Erfahrungsschatz der älteren Generation".

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) ruft dazu auf, Ältere in ihrer Selbstbestimmtheit und Vielfalt zu respektieren. Die Corona-Krise habe hier zu Rückschlägen geführt. Ältere würden in der Pandemie häufig als Risikogruppe dargestellt. "Diese Sichtweise ist angesichts der vielfältigen Lebenslagen älterer Menschen nicht zeitgemäß."

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, kritisierte, dass Altersarmut ein "Massenphänomen" sei. "Deshalb muss die Bundesregierung das Vertrauen in die gesetzliche Rente stärken." Auch dürften die Einkommen aus der gesetzlichen Rente nicht mehr vollständig auf die Grundsicherung angerechnet werden. Nötig sei ein "armutsfester Mindestlohn" von 13 Euro.

Quelle:
KNA
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