Caritas macht auf digitale Vorbehalte von Älteren aufmerksam

Von der Technik abgehängt?

Seit der Corona-Pandemie ist die Welt digitaler geworden. Abgehängt fühlen sich aber diejenigen, die technisch nicht gut mitkommen. Darauf macht der bundesweit erste Digitaltag aufmerksam. Mit dabei ist auch der Deutsche Caritasverband.

Viele der über 65-Jährigen fühlen sich digital abgehängt / © Stokkete (shutterstock)
Viele der über 65-Jährigen fühlen sich digital abgehängt / © Stokkete ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Eine neue Studie zur digitalen Teilhabe hat gezeigt, dass da noch deutlich Luft nach oben ist. Wie schätzen die Befragten ihre Kompetenzen selbst ein?

Prälat Dr. Peter Neher (Präsident des Deutschen Caritasverbandes): Die Studie bringt ganz interessante Ergebnisse. Vor allem ältere Menschen, aber auch durchaus jüngere, schätzen ihre eigenen Digitalkompetenzen eher zurückhaltend, eher befriedigend, ein. Das ist eine leichte Verbesserung gegenüber der ersten Befragung im September 2019.

Aber doch ein großer Teil sagt, dass sie beispielsweise mit auftretenden Fehlermeldungen auf ihren Geräten nicht zurechtkommen oder ohne Hilfe auch keine Apps oder neue Programme auf Ihren Geräten installieren können.

DOMRADIO.DE: Man hätte eher vermutet, dass es die Älteren sind, die sich digital nicht so viel zutrauen. Stimmt das gar nicht?

Neher: Es sind schon die Menschen ab 65, die laut der Studie ihre eigenen Digitalkompetenzen lediglich mit ausreichend beurteilen. Außerdem scheint es so zu sein, dass durchaus elf Prozent der bis 65-Jährigen sagen, sie würden lieber in einer Welt ohne digitale Technologien leben. Bei den über 65-Jährigen aber sind es 26 Prozent. Da zeigt sich dann durchaus der Unterschied zwischen den Jüngeren und den Älteren.

DOMRADIO.DE: Ist denn auch herausgekommen, was die größten Hemmschwellen sind?

Neher: Vielen ist einfach das Internet zu kompliziert. Es gibt zwar durchaus Menschen, die online sind, es aber beispielsweise ganz schwierig finden, Waren und Dienstleistungen online zu bestellen oder Online-Banking zu machen. 58 Prozent der Befragten sagen, dass die Bedienungsanleitungen viel zu kompliziert sind.

Auch mehr als die Hälfte sagt, ohne entsprechende Unterstützung kommen sie mit technischen Problemen nicht zurecht. Und jeder Zweite immerhin meint auch, dass die Angaben zum Datenschutz für ihn völlig unverständlich sind.

DOMRADIO.DE: Warum ist das aber heute ein Riesenproblem, wenn Menschen sich nicht so richtig an Apps, Links und was es da alles noch so gibt, herantrauen?

Neher: Mittlerweile muss man deutlich sagen, dass die digitale Teilhabe eigentlich eine Voraussetzung für soziale Teilhabe ist. Nehmen Sie zum Beispiel diese neue Corona-Warn-App, die zum einen schon offenbar nur auf modernen Geräten zu installieren ist. Wenn diese nicht von vielen Menschen akzeptiert, verstanden und auch korrekt genutzt wird, dann kann diese Warn-App ihre präventive Wirkung überhaupt nicht entfalten.

Es gibt mittlerweile auch viele behördliche Gänge, Zugänge, Anträge, die man eigentlich nur per Internet machen kann. Und wenn da jemand die Fähigkeit nicht besitzt, dann kann er praktisch an diesem sozialen Leben nicht teilhaben. Wir sagen, digitale Teilhabe darf eben nicht an mangelnder Kompetenz scheitern, an fehlender Qualifikation. Deswegen ist hier ganz besonders lebenslanges Lernen notwendig.

DOMRADIO.DE: Lebenslanges Lernen. Darauf setzen Sie, wenn es darum geht, Leute aus der digitalen Unwissenheit herauszuholen. Wie sieht das konkret aus?

Neher: Zunächst einmal ist es für uns ganz wichtig, die eigenen Fachkräfte in der sozialen Arbeit entsprechend mit den digitalen Kompetenzen auszustatten. Da ist gerade in den vergangenen Monaten während der Corona-Pandemie unendlich viel passiert, weil beispielsweise viele Kolleginnen und Kollegen von jetzt auf gleich gefordert waren, sich mit digitalen Beratungsinstrumenten vertraut zu machen, Videoplattformen zu bespielen, Teambesprechungen zu machen.

Das andere ist eine Reihe von Projekten, zum Beispiel eine Smartphone-Sprechstunde der Young Caritas, bei der junge Menschen, Seniorinnen und Senioren den Umgang mit Handys, Tablets und digitalen Tools vermitteln.

Ein weiteres Beispiel: "Das sorgende Dorf" in Ovenhausen (Kreis Höxter), wo auch Ehrenamtliche digitale Werkzeuge verwendet werden, um den Zusammenhalt der Menschen speziell im ländlichen Raum zu stärken. So gibt es eine Reihe von ganz konkreten Maßnahmen und Beispielen.

Grundsätzlich setzen wir sehr darauf, dass in den bestehenden Beratungsformen und Diensten, die wir haben, wozu bei uns ganz besonders auch die Online-Beratung gehört, Menschen herangeführt und ermutigt werden, auch diese Tools zu nutzen.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Prälat Peter Neher (SW)
Prälat Peter Neher / ( SW )
Quelle:
DR