Weltkrebstag: Deutsche Krebsgesellschaft über Risiken und Chancen

Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

In Europa sterben nach offiziellen Daten jährlich 1,3 Millionen Menschen an Krebs. Die Deutsche Krebsgesellschaft warnt anlässlich des Weltkrebstages vor Fehlinformationen und plädiert für gezielte Vorsorge und Früherkennung.

Johannes Bruns: "Beim Krebs ist immer die Frage: Wann tauchte er auf, und wann merke ich ihn?" / © create jobs 51 (shutterstock)
Johannes Bruns: "Beim Krebs ist immer die Frage: Wann tauchte er auf, und wann merke ich ihn?" / © create jobs 51 ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Haben Sie praktische Tipps, wie jeder sein individuelles Krebsrisiko zumindest verringern kann?

Dr. Johannes Bruns (Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft): Da geht es zum einen um das Thema Rauchen: Es ist wirklich gut belegt, dass, wer weniger raucht, auch weniger Risiko hat zu erkranken. Oder das Thema Sonne: Wer sich weniger die Haut verbrennen lässt, hat auch die Chance, weniger schwarzen Hautkrebs zu bekommen.

Es gibt also schon ein paar Themen, aber die beziehen sich eben nicht auf den Bestandteil X eines Lebensmittels, oder ob etwa eine verdorbene Tomate gegebenenfalls die Möglichkeit bietet, Krebs zu bekommen. Solche Informationen sind dann nicht wirklich valide.

DOMRADIO.DE: Wie kommen Forscher denn überhaupt darauf, dass zum Beispiel eine verschimmelte Tomate krebserregend sein könnte?

Bruns: Meistens läuft es folgendermaßen ab: Wenn man etwa eine verschimmelte Tomate untersucht, findet man darin einen Stoff - ich sage mal, einen Pilz. Wenn man den dann in der Größe der Tomate jeden Tag zu sich nehmen würde, würde das vielleicht einen Krebs auslösen.

Das Problem bei solchen Stoffen ist immer die Menge und die Art und Weise, wie dieser Stoff zu einem kommt. Wer regelmäßig durch die Sonne läuft, muss keine Angst haben, Krebs zu bekommen. Legt man sich allerdings stundenlang da rein, eventuell auch unter die künstliche Sonne, ist einfach die Dosis so hoch, dass die Zellen darunter leiden und letztendlich sehr viel schneller die Chance haben, dass sie Krebs erzeugen.

 

 

DOMRADIO.DE: Es kursieren immer wieder Gerüchte, was so alles krebserregend sein soll: Rindfleisch, Chips, Gummibärchen und, und, und. Was ist da dran?

Bruns: An Krebs wird sehr häufig Anleihe genommen - weil es ein sehr bedeutsames und emotionalisiertes Thema ist. Informationen, die eigentlich mit dem Thema wenig zu tun haben oder auch nicht solide sind, werden dann mit dem Krebs verknüpft. Die Studien zu solchen Aussagen sind in der Regel nicht sehr breit und gehen nicht sehr in die Tiefe. Um solche Aussagen wirklich gut zu belegen, brauchen wir andere Studien als die, die wir heute haben.

DOMRADIO.DE: Wenn man Symptome feststellt und wirklich Angst bekommt, dass das Krebs sein könnte - wie lässt sich das am besten überprüfen?

Bruns: Beim Krebs ist immer die Frage: Wann taucht er auf, und wann merke ich ihn? Da, wo es Sinn macht, wo der Tumor frühzeitig Erscheinungen zeigt, machen Früherkennungsverfahren Sinn. Das wissen wir von Brust- oder Hautkrebs. Das sind auch alles Dinge, die im Gesundheitssystem in Deutschland angeboten werden. Wenn man dort frühzeitig hinschaut und den Tumor vor oder frühzeitig nach seinem Tumor-Werden erkennt, hat das meist auch Effekte auf die Behandlung. Sie wird oft nicht so einschneidend sein und dann auch ein Stück weit erfolgreicher.

DOMRADIO.DE: Das heißt, von einem Ganzkörpercheck würden Sie eher abraten?

Bruns: Man muss einfach gucken: Nach welcher Nadel suche ich in diesem Heuhaufen? Wenn Sie den ganzen Körper einfach durchscannen, werden Sie sehr viele Veränderungen finden, die man dann wieder abklären muss. Deshalb: Da, wo es Sinn macht nachzuschauen, sollte man es tun. Das andere schürt eher die Angst als die Sicherheit, dass man keinen Tumor hat.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR