Indigene wehren sich gegen Trumps Mauerbau an der US-Südgrenze

"Das ist Völkermord"

Trumps Abschottungspläne gegen unerwünschte Zuwanderer an der Südgrenze stoßen seit langem auf Proteste. Nun regt sich neuer Widerstand von ungewohnter Seite. Mit Politik hat er ausnahmsweise wenig zu tun.

Indigene aus dem Amazonasgebiet bei einer religiösen Versöhnungsfeier / © Stefano Dal Pozzolo (KNA)
Indigene aus dem Amazonasgebiet bei einer religiösen Versöhnungsfeier / © Stefano Dal Pozzolo ( KNA )

Das Feuer brennt schon seit einem Jahr. Mitten in einem provisorischen Zeltdorf halten Ureinwohner vom Stamm der Carrizo/Comecrudo Mahnwache. Der Stamm lehnt Donald Trumps Mauer rundweg ab, denn die soll mitten durch ihr heiliges Land verlaufen. Der Friedhof von Eli Jackson steht in Gefahr, entweiht zu werden.

Neben den Vorfahren der Ureinwohner ruhen hier auch Kriegsveteranen, befreite Sklaven und Christen, die gegen die Sklaverei kämpften. Die Carrizo/Comecrudo haben also genügend Gründe, das Kriegsbeil auszugraben und für den Erhalt ihrer heiligen Erde zu streiten.

Häuptling: "Heute kämpfen wir im Gerichtssaal"

"Die Indianerkriege sind noch nicht vorbei - nur die Schlachtfelder haben sich verändert", erklärt Häuptling Juan Mancias. "Heute kämpfen wir im Gerichtssaal." Bedroht ist auch die älteste protestantische Kirche im Rio Grande Valley, die 145 Jahre alte Jackson-Ranch-Kapelle. Das methodistische Gotteshaus steht genau dort, wo die Mauer gebaut werden soll. Bliebe es bei den Plänen, könnte sie von Baggern planiert werden. Friedhof und Kirche liegen nur eine Meile von der mexikanischen Grenze, entlang einer langen und staubigen Straße.

Die texanischen Ureinwohner und sechs weitere Kläger haben gegen den Mauerbau auf ihrem Boden geklagt. Sie wollen prüfen lassen, ob das Trump-Vorhaben verfassungskonform ist. Der US-Präsident hatte vor genau einem Jahr wegen des Flüchtlingszuzugs den nationalen Notstand ausgerufen und diesen als Vorwand für den Mauerbau genommen.

Die Kläger argumentieren, die Mauer zerstöre die Grabstätten und das Terrain, auf dem die Stämme lebten, Handel trieben und ihre Toten begruben, lange bevor die weißen Siedler kamen. Es sei die letzte Hochburg der Carrizo/Comecrudo. "Die Grenze zu Mexiko teilte unser Volk", sagt der 65-jährige Stammesälteste Mancias dem britischen "Guardian". Das Mauerprojekt missachte den Ort, der historisch so bedeutungsvoll für seinen Stamm sei. "Sie versuchen, uns die Identität zu nehmen. Das ist Völkermord."

Stamm ist nicht als rechtmäßig anerkannt

Tatsächlich begegneten sich Kolonisten und Ureinwohner hier schon vor rund 500 Jahren. In den 1840er Jahren kämpften die Carrizo/Comecrudo zusammen mit den Texanern gegen Mexiko. Für die Regierung in Washington kein Grund, den Stamm als rechtmäßigen Besitzer von Grund und Boden anzuerkennen.

Der Anwalt der gemeinnützigen Organisation "EarthJustice", Gussie Lord, der den Stamm vertritt, erklärt, es sei fast unmöglich, Dokumente zu beschaffen, die den Rechtsanspruch des Stammes belegen könne. Das hat auch damit zu tun, dass die Carrizo/Comecrudos nicht zu den vom Staat offiziell anerkannten 573 indigenen Nationen gehören.

Dennoch fühlen sie sich im Recht - und sehen sich durch ein Urteil von Dezember bestätigt. Ein Bundesgericht im kalifornischen Oakland hatte der US-Regierung eine juristische Niederlage eingetragen; es entschied, dass die Umschichtung von 3,6 Milliarden Dollar Militärausgaben für den Mauerbau nicht mit der Ausrufung des nationalen Notstands begründet werden könne. Die Regierung legte Widerspruch ein.

"Wir haben das Recht uns zu äußern"

Ein Bundesgericht in Washington prüft nun auch den Fall der texanischen Ureinwohner. Bei einer neuerlichen Niederlage muss die Regierung vertrauliche Dokumente über den Mauerbau offenlegen. Die sind bislang nur spärlich bekannt. Klar ist bislang nur, dass 28 Gesetze zum Schutz von Umwelt, gefährdeten Arten und über die Rechte der Ureinwohner umgangen werden, um Trumps Mauer zu realisieren.

Das stachelte den Widerstand der Stämme und Umweltschützer erst richtig an. Mündliche Zusicherungen, wonach Friedhof und Kapelle verschont würden, passen nicht zu den Beobachtungen vor Ort. Landvermesser und Techniker arbeiten seit Monaten rund um die Heiligen Stätten, argwöhnisch beobachtet von den Mahnwächtern rund um das Heilige Feuer.

Was auch immer die Regierung vorhat - die Ureinwohner wollen nicht kampflos weichen. "Wir sind immer noch hier und gehen auch nirgends hin. Wir haben das Recht, uns zu äußern", so Häuptling Mancias selbstbewusst. "Das ist unser Land." Und er fügt hinzu: "Wir besitzen nicht das Land - das Land besitzt uns. Deshalb erheben wir Anspruch darauf."

Von Thomas Spang 


Migranten an der US-Grenze  / © David Maung (KNA)
Migranten an der US-Grenze / © David Maung ( KNA )
Quelle:
KNA
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