Wie eine Klosterbrauerei der Bierkrise begegnet

Ist das "kühle Blonde" nicht mehr gefragt?

Die Absatzzahlen auf dem Biermarkt sind im letzten Jahr wieder gesunken, obwohl Deutschland eigentlich als Bierland gilt. Was sind die Gründe und wie begegnet man in der Klosterbrauerei Andechs dem Nachfrage-Rückgang auf dem Biermarkt?

Symbolbild Bier / © Master1305 (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Bemerken Sie auch bei Ihnen im Kloster Andechs, dass der Bierabsatz zurückgeht?

Martin Glaab (Leiter Öffentlichkeitsarbeit Kloster Andechs): Wir merken vor allem einen immer härteren Wettbewerb. Unsere Brauerei setzt nach wie vor stabil über 100.000 Hektoliter pro Jahr ab. Das sind also zehn Millionen Liter oder 20 Millionen halbe Krüge, je nachdem, wie sie es rechnen wollen. Aber wir merken schon, dass der Wettbewerb über die Jahre härter wird und dass es natürlich schwieriger wird und mehr Engagement und mehr Einsatz bedeutet, gerade für eine kleinere mittelständische Brauerei wie wir sie sind, tatsächlich die Gelder zu verdienen, die unser Kloster braucht – weil wir ja nichts aus der Kirchensteuer bekommen.

DOMRADIO.DE: Wie kann man dem entgegenwirken, wenn Sie sagen, das braucht Einsatz?

Glaab: Einsatz heißt für uns vor allem: Markenstärke sichern. Die Marke "Kloster Andechs" ist ja, obwohl wir es mit einer im Branchenvergleich kleinen mittelständischen Brauerei zu tun haben, doch sehr bekannt. Studien bestätigen es immer wieder, dass wir in Sachen Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Qualität immer ganz oben mitspielen. Das ist schön, aber es bringt auch einen ziemlich großen Packen an Aufgaben mit sich, nämlich zu gucken, wie wir mit diesem Pfund, das wir gute Imagewerte haben, weiter zu wuchern.

Der Biermarkt in Deutschland ist für den Verbraucher sehr unübersichtlich. Es gibt 6.500 verschiedene deutsche Biermarken und über 1.500 Braustätten in ganz Deutschland. Wir positionieren uns da, indem wir sagen, was das Kloster Andechs braut, wird nur hier am heiligen Berg Bayerns hergestellt – nirgendwo anders, keine Kooperation, keine Lizenzen etc.

DOMRADIO.DE: Das heißt, Qualität ist auf jeden Fall ein ganz wichtiges Merkmal. Aber jetzt sind es insgesamt 180 Millionen Liter weniger Bier, die in Deutschland getrunken wurden 2019. Haben Sie Erklärungen dafür, woran das liegt?

Glaab: Es zeigt sich immer wieder in Ergebnissen von Studien, dass das natürlich auch mit der demografischen Entwicklung zu tun hat. Außerdem beobachten wir einen Trend zu einem Lebensstil mit immer weniger Alkoholkonsum. Wir sehen auch, dass der Markt gerade in der sonst konsumfreudigen Gruppe bei den zwischen 20- und 40-jährigen schrumpft. Und wir haben natürlich in einem ohnehin schrumpfenden Biermarkt ein Mehr an Brauereien und ein Mehr an Marken.

DOMRADIO.DE: Auf der einen Seite sagen Menschen oft: Ich will gesünder leben, ich verzichte auf den Alkohol. Andererseits hatten wir dieses Jahr absolutes Biergartenwetter. Das heißt, die Biergärten waren voll. Worauf greifen die Leute dann zurück? Eher zum Beispiel auf alkoholfreie Biere. Und haben Sie so was auch in Ihrem Sortiment?

Glaab: Wir merken, dass es die richtige Entscheidung war, vor jetzt fast vier Jahren ein alkoholfreies Weißbier auf den Markt zu bringen. Da sind wir mit Sicherheit zeitlich nicht ganz vorne dran gewesen. Wir haben unsere eigentlichen Weißbiere konsequent mit einer neuen Methode entalkoholisiert. Und da müssen wir sagen: Das ist etwas, was vom Markt sehr gut aufgenommen worden ist. Das Kloster Andechs wird in der Regel als Inhaber einer Starkbierbrauerei, unsere Bockbiere sind ja eingeführt und bekannt, genannt. Wir machen aber auch die Erfahrung, dass uns auch Biere mit weniger oder keinem Alkohol zugetraut werden.

DOMRADIO.DE: Das Segment der alkoholfreien Biere steigt insgesamt weiter an. Würden Sie sagen, man sollte das vielleicht in die Gesamtzahlen des Bierabsatzes mit hineinrechnen? Das macht man nämlich bisher noch nicht.

Glaab: Das ist eine Sache, die man durchaus überlegen kann. Statistiken kann man unterschiedlich gestalten und lesen. Das Entscheidende ist für uns, dass wir dem Konsumenten Biere präsentieren, die auf der einen Seite die Marke stärken, aber auf der anderen Seite auch dem Geschmack und den Geschmacksanforderungen, die der Verbraucher heute stellt, einfach entgegenkommen. Das ist eine Gratwanderung. Das macht es spannend. Da haben wir Leidenschaft entwickelt. Das konnte man sich längere Zeit nicht vorstellen, aber den Schritt gewagt zu haben, vor vier Jahren mit einer neuen Entalkoholisierungsmethode auf den Markt zu gehen, hat sich definitiv gelohnt.

Das Interview führte Verena Tröster.


Kloster Andechs / © footageclips (shutterstock)
Quelle:
DR
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