Politik schafft Grundlage für Flächen-Tarifvertrag in der Pflege

Der schwierige Weg zu besseren Löhnen

Nach dem Bundestag hat nun der Bundesrat die neuen rechtlichen Grundlagen für eine bessere Bezahlung von Pflegekräften gebilligt. Ein großer Teil der Branche sieht die Pläne weiterhin sehr kritisch.

Autor/in:
Alexander Riedel
Eine Pflegekraft geht in einem Pflegeheim mit einer älteren Dame / © Christoph Schmidt (dpa)
Eine Pflegekraft geht in einem Pflegeheim mit einer älteren Dame / © Christoph Schmidt ( dpa )

Die Politik gibt die Vorlage, nun sind die Tarifpartner am Zug: Sie müssen einen Tarifvertrag für die Pflegebranche aushandeln und damit den Ball wieder zurück zur Politik spielen. Dank neuer gesetzlicher Grundlagen könnte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einen solchen Vertrag dann nämlich auf die gesamte Branche erstrecken.

Ein allgemeiner Tarifvertrag für ganze Pflegebranche?

Am Freitag billigte der Bundesrat ein entsprechendes Gesetz der Bundesregierung, das zuvor schon vom Bundestag beschlossen worden war. Das Ziel ist klar: In der Pflegebranche soll künftig ein allgemeiner Tarifvertrag gelten, kein Anbieter mehr seine Mitarbeiter ausbeuten können. Mit der Vereinbarung zu Löhnen und Arbeitsbedingungen soll der Beruf attraktiver werden. Das soll gegen den Mangel an Fachkräften helfen, der sich durch den absehbaren deutlichen Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen weiter verschärfen wird.

Weil ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag nicht unumstritten ist, steckt im Gesetz allerdings noch eine Alternative: So wird die sogenannte Pflegekommission gestärkt, die Empfehlungen zu Lohnuntergrenzen und Mindestarbeitsbedingungen ausspricht. Auf diesem Weg könnte der Mindestlohn in der Branche so ausgestaltet werden, dass neben Hilfskräften auch Fachkräfte profitieren würden. Nebenbei soll die gleiche Bezahlung in Ost und West erreicht werden.

Selbst Kritiker der Tariflösung gehen davon aus, dass Heil im kommenden Jahr einen Tarifvertrag auf die gesamte Branche erstrecken wird. Die Gewerkschaft Verdi und die im Sommer gegründete Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) verhandeln bereits, ein Abschluss wird vor Weihnachten angestrebt. Die Vereinigung vertritt bislang eher das linken- und gewerkschaftsnahe Spektrum. Ihr ist es nach eigenen Angaben besonders wichtig, dass das "Lohndumping durch profitorientierte Anbieter" beendet wird.

Vertreter der privaten Arbeitgeber in der Pflege meinen jedoch, dass weder Verdi noch der neue Verband das Mandat hätten, für die Branche einen Tarifvertrag auszuhandeln. Nach eigenen Angaben machen die privaten Anbieter etwa die Hälfte des Marktes aus. Rund 30 Prozent der Pflegekräfte arbeiten für die kirchlichen Träger Caritas und Diakonie - sie unterstützen die Tariflösung, da ihr Selbstbestimmungsrecht gewahrt bleiben soll.

Minderheit der Pflegekräfte gewerkschaftlich organisiert

Tatsächlich ist nach Schätzungen bislang nur eine kleine Minderheit von bis zu zehn Prozent der Pflegekräfte gewerkschaftlich organisiert. Laut Heil arbeiten zudem nur etwa 20 Prozent der Altenpfleger tarifgebunden. Die Situation in der Altenpflege gilt als besonders schlecht, da die Löhne dort im Schnitt noch einmal deutlich unter denen in der Krankenpflege liegen.

Die im Verband bpa organisierten kleineren und mittleren privaten Arbeitgeber lehnen einen allgemeinen Tarifvertrag kategorisch ab. Sie verweisen auf bereits stark steigende Löhne in der Branche und behalten sich rechtliche Schritte vor. Der Arbeitgeberverband Pflege - ein Zusammenschluss der umsatzstärksten Anbieter - warnt vor steigenden Kosten sowie höheren Zuzahlungen über die Eigenanteile der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen.

Dieser Punkt treibt auch viele Unterstützer der Tariflösung um, denn erwünschte höhere Löhne treiben die Kosten. Bis zu fünf Milliarden Euro im Jahr könnten es laut einer Studie im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums sein. Wer sie trägt, ist offen.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat bereits mehrfach angekündigt, im kommenden Jahr einen Vorschlag für eine Finanzreform der Pflegeversicherung vorzulegen. Spahn will nach eigenem Bekunden einen "fairen Ausgleich" zwischen Anbietern, Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen sowie den Steuer- und Beitragszahlern erreichen.


Quelle:
KNA