Stifter des Alternativen Nobelpreises vor 75 Jahren geboren

Wie Jakob von Uexküll den Planeten retten will

Nordamerikanische Ureinwohner hatten ein simples Prinzip, Beschlüsse zu hinterfragen: Der Stammesrat überprüfte diese auf die Folgen für die nächsten sieben Generationen. Jakob von Uexküll wünscht sich solche Weitsicht auch heute.

Jakob von Uexküll / © Daniel Bockwoldt (dpa)
Jakob von Uexküll / © Daniel Bockwoldt ( dpa )

Nachrichten von fortschreitender Umweltzerstörung, Klimawandel, kriegerischen Konflikten - es ist zum Verzweifeln. Zu groß wirken die Probleme, zu klein scheinen die Möglichkeiten, das Ruder noch zum Guten rumzureißen. Dabei gibt es längst Lösungen für die drängendsten Herausforderungen unserer Zeit; das Problem ist die fehlende Umsetzung. Das wird Jakob von Uexküll nicht müde zu betonen.

Seit über 40 Jahren kämpft der Deutsch-Schwede für nichts Geringeres als die Bewahrung des Planeten Erde und eine lebenswerte Zukunft für künftige Generationen. Er rief 1980 den Alternativen Nobelpreis ins Leben und war 2007 Mitbegründer des Weltzukunftsrates. Geboren wurde Carl Wolmar Jakob von Uexküll vor 75 Jahren, am 19. August 1944, im schwedischen Uppsala.

Er wuchs als Sohn eines schwedischen Journalisten in Hamburg auf, studierte bis 1966 Philosophie, Politik und Ökonomie in Oxford. Zunächst arbeitete er als Philatelist; dank einer Erbschaft besaß er eine wertvolle Briefmarkensammlung. Sein deutsch-baltischer Großvater Johann Jakob von Uexküll war einer der wichtigsten Zoologen des 20. Jahrhunderts und gilt als Begründer der Umweltforschung. Uexküll zog sich nicht in die Welt der bunten Postwertzeichen zurück; er hatte einen wachen Blick auf aktuelle Entwicklungen.

"Die Grenzen des Wachstums"

So registrierte er sehr aufmerksam den 1972 vom Club of Rome veröffentlichten Bericht "Die Grenzen des Wachstums". Die darin skizzierte globale Langzeit-Perspektive für die komplexen Probleme der Zeit duldete kein "weiter so". Uexküll, der drei Kinder hat, spürte immer deutlicher die Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen. Heute betont er, dass menschliche Entscheidungen noch nie derartig tiefgreifende und langfristige Konsequenzen gehabt hätten. Uexküll wollte seinen Beitrag leisten für das Überleben der Menschheit - und verkaufte Ende der 1970er Jahre den größten Teil seiner Briefmarkensammlung.

Zuvor hatte er vergeblich bei der Nobelstiftung um einen Nobelpreis für Ökologie und Entwicklung geworben. Also stiftete er 1980 aus dem Verkaufserlös selbst eine Auszeichnung: den als Alternativen Nobelpreis bekannten Right Livelihood Award, der inzwischen von einer gleichnamigen Stiftung verliehen wird. Dieser geht an Umweltschützer, Friedenskämpfer und Menschenrechtsaktivisten mit nachhaltigen und zukunftsweisenden Projekten. Preisträger waren unter anderen die inzwischen für ihre Wiederaufforstungsprojekte in Ostafrika bekannte Kenianerin Wangari Maathai, der brasilianische Bischof Erwin Kräutler für seinen Einsatz für die indianischen Ureinwohner und die Syrischen Weißhelme.

"Schneller wachsen als die Probleme"

Doch Uexküll beobachtete, dass solche vorbildlichen Einzelbeispiele wenig Nachahmer fanden. "Die herrschenden Institutionen sind zu unbeweglich und die derzeitigen Handlungsanreize falsch, ja pervers, um diesen Lösungen den nötigen Durchbruch zu ermöglichen", brachte er einmal das Dilemma auf den Punkt. Deshalb rief er 2007 in Hamburg den Weltzukunftsrat, das World Future Council, mit ins Leben - eine Art Thinktank aus über 50, von allen Kontinenten stammenden Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Uexküll sieht ihn als "eine Art Welt-Gewissen".

Das Bündnis ermittelt weltweit die besten Konzepte zur nachhaltigen Lösung drängender Fragen und sorgt dafür, dass vorbildliche Gesetze einzelner Staaten international bekannt gemacht und auch in anderen Teilen der Welt umgesetzt werden. Das Gremium steht dabei in engem Kontakt mit Parlamentariern. Für Uexküll geht es darum, "eine Welt zu schaffen, in der die Lösungen wieder schneller wachsen als die Probleme". Um dieses Ziel zu erreichen, verleiht der Weltzukunftsrat den Future Policy Award. Er prämiert damit jedes Jahr die weltweit besten Gesetze, die Lösungen für die akutesten Herausforderungen zum Schutz der Menschheit und Bewahrung des Planeten bieten.

Kein naiver Optimist

Der umtriebige Visionär vertrat mehrere Jahre die Grünen im Europäischen Parlament und war von 1989 bis 1990 im Vorstand von Greenpeace Deutschland. Neben vielen anderen Ehrungen erhielt er bereits 1999 den Salzburger Landespreis für Zukunftsforschung. Auch wenn Uexküll noch immer in der ganzen Welt für sein Anliegen kämpft, hat er seine offiziellen Funktionen in jüngere Hände abgegeben. Die Right Livelihood Award Foundation wird inzwischen von seinem Neffen Ole geleitet, und Anfang 2019 trat er krankheitsbedingt als Vorstandsvorsitzender des Weltzukunftsrats zurück.

Wenn er den Zustand der Welt betrachte, werde er ungeduldig, sagt Uexküll von sich. Er sei kein naiver Optimist, eher ein "Possibilist". "Denn ich sehe die Möglichkeiten, das Potenzial, das wir haben. Und dann bin ich überzeugt, dass es gelingen kann, dass wir die Welt noch retten können, solange wir es nur richtig machen."


Quelle:
KNA