Expertin: Statistik über Wohnungslose dringend notwendig

"Es gibt für jede Kleinigkeit Erhebungen"

Eine bundesweite Statistik über die Zahl wohnungsloser Menschen ist laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe dringend nötig. Auch obdachlose Menschen müssten mit einbezogen werden.

Obdachloser auf einer Bank / © Srdjan Randjelovic (shutterstock)
Obdachloser auf einer Bank / © Srdjan Randjelovic ( shutterstock )

"Nur wenn wir das Ausmaß der Wohnungslosigkeit kennen, können wir vernünftig planen, wie viele Hilfen vor Ort nötig sind", sagte Geschäftsführerin Werena Rosenke dem Evangelischen Pressedienst in Berlin. Die Bundesregierung arbeitet an einem Gesetz für eine solche Erhebung. Ab 2021 sollen erstmals bundesweit Zahlen wohnungsloser Menschen über das Statistische Bundesamt ermittelt werden.

BAG wartet seit 20 Jahren auf Datensammlung

Rosenke begrüßte das Vorhaben, kritisierte aber, dass eine Datensammlung nicht längst eingeführt wurde. "Es gibt für jede Kleinigkeit Erhebungen, aber nicht für die Zahl der Wohnungslosen, obwohl Wohnungslosigkeit eine der schlimmsten Formen sozialer Ausgrenzung ist", rügte Rosenke. Die BAG warte seit rund 20 Jahren auf eine bundesweite Erfassung. Der Dachverband gibt alle zwei Jahre eigene Schätzzahlen heraus, die aber zwangsläufig nicht präzise sein könnten.

Die Geschäftsführerin rät der Regierung, nicht nur die Zahl der Wohnungslosen zu erheben, die in Einrichtungen der Kommunen untergebracht werden. Man werde nur dann ein realitätsnahes Abbild erhalten, wenn auch die Zahl der wohnungslosen anerkannten Flüchtlinge erfasst werde, die noch in den Gemeinschaftsunterkünften lebten, weil sie keine eigene bezahlbare Wohnung finden.

Auch Obdachlose in Statistik aufnehmen

Zudem müsse die Datensammlung auch obdachlose Menschen, die auf der Straße leben, und jene Wohnungslosen einbeziehen, die etwa zeitweise bei Freunden oder Bekannten unterkämen.

Dass die Regierung nun eine Wohnungslosenstatistik einführen will, ist Rosenke zufolge ein Anzeichen dafür, dass immer mehr Menschen wegen steigender Mieten vom Verlust ihrer Wohnung bedroht seien. «In vielen Metropolen hat inzwischen auch ein Normalverdiener Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung zu finden», sagte Rosenke.

Nach der jüngsten Schätzung der BAG Wohnungslosenhilfe von 2017 waren im Jahr 2016 etwa 860.000 Menschen in Deutschland ohne Wohnung. Darunter waren 440.000 anerkannte wohnungslose Flüchtlinge. Am 30. Juli will der Dachverband Rosenke zufolge die nächste Schätzung vorstellen.


Quelle:
epd