Wachstum der Weltbevölkerung könnte gebremst werden

Forscher sehen Bildung als Schlüsselfaktor

Über 7,7 Milliarden Menschen leben auf der Erde. Wie viele hinzukommen, hängt zu großen Teilen von Subsahara-Afrika ab. Ein Faktor könnte dazu beitragen, das Bevölkerungswachstum in der Region zu bremsen: Bildung.

Autor/in:
Christoph Arens
Forscher: Wachstum der Weltbevölkerung könnte gebremst werden / © Ints Vikmanis (shutterstock)
Forscher: Wachstum der Weltbevölkerung könnte gebremst werden / © Ints Vikmanis ( shutterstock )

Noch nie gab es weltweit so viele über Hundertjährige: 2019 stieg ihre Zahl auf den Rekordstand von 533.000. Im Jahr 2000 waren es nur rund 151.000, wie das Statistische Bundesamt aus Anlass des Weltbevölkerungstags am Donnerstag mitteilte.

Es wird immer enger auf der Erde

Die Menschen werden immer älter. Und es wird immer enger auf dem Planeten. Zwar haben die UN ihre langfristigen Berechnungen im Juni leicht nach unten korrigiert. Dennoch soll die Weltbevölkerung im Jahr 2100 von heute 7,7 Milliarden auf 10,9 Milliarden anwachsen - nicht wie bislang angenommen auf 11,2 Milliarden.

Dass diese Berechnungen nicht in Stein gemeißelt sind, unterstrich das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Die Wissenschaftler verweisen auf alternative Berechnungsmodelle des Wittgenstein Centre in Wien. Wie stark die Weltbevölkerung zunimmt, hängt demzufolge zu großen Teilen von der demografischen Entwicklung in Subsahara-Afrika ab, wo 33 der 47 am wenigsten entwickelten Länder liegen und wo die Geburtenziffern weltweit am höchsten sind. Ein wesentlicher Faktor könnte dazu beitragen, das Bevölkerungswachstum dort zu bremsen: Bildung.

Mit 4,7 Kindern bringen Frauen südlich der Sahara im Schnitt mehr als doppelt so viel Nachwuchs zur Welt wie in anderen Regionen. Das sorgt dafür, dass sich die Zahl der Menschen hier bis Mitte des Jahrhunderts von heute einer Milliarde auf zwei Milliarden verdoppeln dürfte. Damit würde die Hälfte des weltweiten Bevölkerungszuwachses in den kommenden 30 Jahren auf Subsahara-Afrika entfallen. Bis 2100 könnten laut den UN-Schätzungen sogar 3,8 Milliarden Menschen in der Region leben - fast vier Mal mehr als heute.

Faktor Bildung könnte vieles ändern

Doch der Faktor Bildung könnte vieles ändern. Denn im Schnitt bekommen Frauen in armen Ländern deutlich weniger Kinder, je länger sie eine Schule besucht haben. Modellhaft haben die Wiener Forscher deshalb berechnet, wie sich die Geburtenziffern in Abhängigkeit künftiger Bildungsinvestitionen verändern werden.

In ihrem mittleren Szenario dürfte die Zahl der Menschen in Subsahara-Afrika bis 2050 auf rund 2 Milliarden und bis 2100 auf knapp 2,6 Milliarden anwachsen. Demnach könnte die Region bis zum Ende des Jahrhunderts also über eine Milliarde Menschen weniger zählen als nach den Hochrechnungen der UN.

Damit das eintritt, müssten Fortschritte im Bildungsbereich allerdings weiter voranschreiten. "Gerade in Subsahara-Afrika wird das aber immer schwieriger, denn vielerorts wächst die Zahl der zu beschulenden Kinder schneller als die notwendige Bildungsinfrastruktur", betonen die Berliner Bevölkerungsforscher.

Weitere Investitionen und Anstrengungen im Bildungsbereich seien deshalb unerlässlich, um das Bevölkerungswachstum zu bremsen. "Bildung ist ein zentraler Hebel, um einen sozioökonomischen Wandel einzuleiten und die Lebensperspektiven der Menschen zu verbessern", sagt Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts.

Dem Thema Bildung besondere Aufmerksamkeit schenken

Mitte Juni hatte das Institut die Studie "Afrikas demografische Vorreiter" vorgelegt. Danach können derzeit über 37 Millionen Grundschulkinder in Afrika nicht zur Schule gehen. Und mit jedem Jahr wird die Gruppe der Kinder, die eingeschult werden sollten, um rund 5 Millionen größer. Selbst wenn sie eine Schule abschließen können, wartet schon die nächste Hürde: Jährlich wächst die Gruppe der jungen Erwerbsfähigen zwischen 15 und 35 Jahren um zehn bis zwölf Millionen, während im gleichen Zeitraum auf dem gesamten Kontinent nur etwa drei Millionen Arbeitsplätze neu entstehen. Ein Teufelskreis.

Die Studie zeigt zugleich, dass Länder wie Tunesien, Marokko, Botsuana, Ghana, Kenia, Äthiopien und Senegal Wege gefunden haben, um das Bevölkerungswachstum zu bremsen: über Verbesserungen bei Bildung, Gesundheit und Schaffung von Arbeitsplätzen. Auch ein besserer Zugang zu Familienplanungsmethoden und mehr Gleichberechtigung gehören zum Gesamtpaket.

Andere Staaten Afrikas können aus diesen Erfahrungen lernen, betont Klingholz. Deutschland sollte ihnen dabei finanziell und beratend zur Seite stehen und dem Thema Bildung besondere Aufmerksamkeit schenken.


Quelle:
KNA