Sozialverbände zu zehn Jahren UN-Behindertenrechtskonvention

"Nur eingeschränkte Feierlaune"

Das Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland jährt sich an diesem Dienstag zum zehnten Mal. Der Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe zieht eine durchwachsene Bilanz der bisher erfolgten Reformen.

Frau in einem Rollstuhl / © Paul Zinken (dpa)
Frau in einem Rollstuhl / © Paul Zinken ( dpa )

epd: Wo steht das Land nach zehn Jahren verschiedenster Reformen im Behinderten- und Sozialrecht?

Martin Danner (Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe / BAG): Es sind Schritte in die richtige Richtung erkennbar, zum Beispiel mit dem Bundesteilhabegesetz. Doch die Liste der Lebensbereiche, in denen noch Handlungsbedarf besteht, ist lang. Zu nennen sind die Felder Bildung und Ausbildung, Teilhabe am Arbeitsleben und auch die Barrierefreiheit, zu der auch private Unternehmen verpflichtet werden müssen.

Dazu kommt auch Nachholbedarf etwa beim Gewaltschutz, der Rehabilitation, beim Diskriminierungsschutz und auf dem Feld der Selbstbestimmung. Bei uns als Dachverband kommt zum zehnjährigen Jubiläum des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention nur eingeschränkte Feierlaune auf.

epd: Welche bereits erreichten Meilensteine würden Sie benennen?

Danner: Als Meilensteine lassen sich die bisherigen Maßnahmen wohl nicht bezeichnen. Viele Einzelregelungen sind beschlossen worden, hinzu kommen verschiedene Gesetzespakete wie die Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes.

Positiv zu erwähnen ist auch die regelmäßige Förderung von Programmen, Projekten und Institutionen zur besseren Beratung von Menschen mit einer Behinderung. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass die Inhalte regelmäßig unzulänglich und zuweilen nur bedingt verbindlich sind.

epd: Wie ließe sich der Einfluss der Selbsthilfe auf das Reformtempo erhöhen?

Danner: Mit der gesetzlich verankerten Förderung der Selbsthilfe wird diese überhaupt erst in die Lage versetzt, als Interessenvertretung auch Einfluss auf Gesetzesprojekte zu nehmen. Die Vielfalt der Selbsthilfe, die mehrere Millionen Menschen vertritt, hat durchaus eine politische Schlagkraft. Das ist den politisch Verantwortlichen auch bewusst

Für viele Organisationen ist aber dennoch die Finanzierungsfrage der entscheidende Punkt. Ohne genügend Geld lässt es sich nun mal nicht arbeiten. Deshalb wäre für viele Verbände eine dauerhafte und verbindliche institutionelle Förderung mehr als hilfreich.

Das Interview führte Dirk Baas.


Quelle:
epd