Diskussion um Fremdsprachenunterricht in der Grundschule

Die ersten Jahre nutzen

In Nordrhein-Westfalen steht offenbar der Englisch-Unterricht in den ersten beiden Schuljahren auf dem Prüfstand. Wie sinnvoll wäre eine Abschaffung? Und was bringt früher Fremdsprachen-Unterricht? Fragen an eine Grundschulrektorin.

Grundschüler im Unterricht / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Grundschüler im Unterricht / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

DOMRADIO.DE: Bis jetzt wird bei Ihnen Englisch ab der ersten Klasse unterrichtet. Sprechen Ihre Schüler jetzt perfekt Englisch auf dem Schulhof?

Nicola Schmidt-Mühlisch (Rektorin der Katholischen Nikolausschule in Bonn): Natürlich nicht. Aber sie bekommen ein Gespür für andere Sprachen, die nicht Ihre Muttersprachen sind und zwar für das Lernen in einer anderen Sprache. Da geht es nicht um Vokabellernen, sondern um spielerisches Lernen. Grundschulkinder sind ja in einem Alter, in dem sie sehr aufnahmefähig sind für solche Sachen. Und jetzt würde das eben anderthalb Jahre später starten.

DOMRADIO.DE: Um einen Eindruck zu bekommen, auf welchem Stand die Schüler sind: Was genau ist das Ziel in Englisch in der ersten Klasse?

Schmidt-Mühlisch: Das Ziel ist, die Scheu vor einer anderen Sprache zu verlieren - eine Sprache, in der die Schüler sich dann zwar nicht verständigen können, aber in der sie singen können oder in der sie Tiere oder auch Autos benennen können. Das geht ganz klein los und wird in der Tat nur auf Englisch gemacht, sodass die Kinder tatsächlich auch den Klang reinkriegen, Ausdrücke benutzen, die immer wiederkehren, sodass etwas davon hängenbleibt.

DOMRADIO.DE: NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer plant offenbar, Englisch in Zukunft erst ab Klasse 3 zu unterrichten. Sehen Sie darin Nachteile für die Kinder?

Schmidt-Mühlisch: Ja, denn sie sind - wie gesagt - in einem Alter bei uns in der Grundschule, wo sie sehr aufnahmefähig für solche Sachen sind. Selbst, wenn sie hinterher nicht perfekt Englisch sprechen, ist es schade, dass es hinausgezögert wird. Zumal ja auch die Anforderungen in der weiterführenden Schule immer mehr werden - egal, welche weiterführende Schule man besucht. Und die Schüler kommen dann vielleicht nicht mit weniger Wissen in die Schule, aber mit mehr Scheu, eine fremde Sprache zu erlernen.

DOMRADIO.DE: Nun gibt es immer mehr Kinder mit Migrationshintergrund - in NRW sind es über 40 Prozent bei den unter 15-Jährigen. Wäre es sinnvoller, statt Englisch vielleicht mehr Deutsch zu unterrichten?

Schmidt-Mühlisch: Das würde sicher Sinn machen. Es gibt viele Kinder, die mit Migrationshintergrund auch in Schulen oder in Stadtteile kommen, die eigentlich bildungsnah sind oder ein bildungsnahes Elternhaus haben. Und deswegen macht es schon Sinn, mehr Deutsch zu unterrichten.

DOMRADIO.DE: Der Integrationsrat NRW schlägt jetzt vor, Englisch an Grundschulen ganz abzuschaffen und stattdessen zum Beispiel Sprachen aus dem Alltag der Kinder zu nehmen. Vorschläge sind da Türkisch, Polnisch oder Russisch. Was halten Sie von dem Vorschlag?

DOMRADIO.DE: Ich speziell für meine Schule kann dazu sagen, das wäre bei uns nicht sinnvoll, weil wir mehr Kinder haben, die englischsprachig zu Hause sind - ich glaube mehr als die anderen Sprachen, etwa Arabisch, Polnisch oder Russisch.

Das Interview führte Beatrice Steineke.


Quelle:
DR