Halbzeit bei der Vesperkirche in Gütersloh

Bandnudeln auf Kirchenbänken

Zum Essen in die Kirche? Was sich ungewöhnlich anhört, wird in der evangelischen Martin-Luther-Kirche in Gütersloh schon fast zur Tradition. Dort hat zum zweiten Mal die "Vesperkirche" ihre Tore geöffnet. Was steckt hinter dem Konzept?

Essenszubereitung in einer Vesperkirche  / © Sebastian Gollnow (dpa)
Essenszubereitung in einer Vesperkirche / © Sebastian Gollnow ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was gibt es denn heute zu essen?

Ludger Osterkamp (Mitglied des Organisatioren-Teams der Vesperkirche in Gütersloh): Es gibt heute - wie jeden Tag - zwei Menüs zur Auswahl: Ein vegetarisches und ein anderes. Heute gibt es Hähnchenschnitzel mit Butterreis und Gemüse oder Bandnudeln mit Tomatensalat und als Nachtisch Karamell-Pudding.

DOMRADIO.DE: Wie sieht es in der Kirche aus? Haben Sie Bänke weggestellt oder stehen die Kirchenbänke anders?

Osterkamp: Die Menschen sitzen sich in den Bänken gegenüber. Jede mittlere Kirchenbank wurde umgedreht und mit einem speziell dafür getischlerten Tisch überdeckt. Es sitzen sich 150 Menschen gegenüber an diesen Tischen und wir können in zwei Schichten essen. Ein wunderbares, buntes und harmonisches Bild.

DOMRADIO.DE: Das ist natürlich nur mit vielen ehrenamtlichen Helfern zu meistern. "Vesperkirche Gütersloh - verschieden - gemeinsam - willkommen" - so haben sie die Aktion beworben. Wer fühlt sich eingeladen? Wer kommt?

Osterkamp: Es kommt - das kann man schon sagen - ein Querschnitt der Bevölkerung. Angesprochen und eingeladen fühlen sich viele bedürftige Menschen, aber ebenso ein großer Teil der bürgerlichen Gesellschaft Güterslohs. Sie sitzen sich hier an Tischen gegenüber, kannten sich bislang nicht und kommen ins Gespräch.

DOMRADIO.DE: Also geht die Rechnung auf, dass man sich da austauschen kann. Das Essen ist das Eine, aber zum Programm der Vesperkirche gehört noch mehr.

Osterkamp: Es wird von einem kulturellen Rahmenprogramm begleitet. Wir haben sechs kulturelle Abendveranstaltungen, die sehr gut wahrgenommen werden. Da ist die Kirche voll, da gibt es Musik oder Kinoabende, bei denen an zwei gegenüberliegenden Leinwänden ein Film geschaut werden kann. Es gibt Hip-Hop und Breakdance. All das wird sehr gut wahrgenommen. Tagsüber wird die Vesperkirche bei der Mittagsausgabe auch von Beratungslotsen und Seelsorgern begleitet. Auch dieses Angebot ist uns sehr wichtig.

DOMRADIO.DE: Haben Sie das Gefühl, dass die Aktion sich verselbstständigt hat und die Leute von alleine kommen? Oder mussten Sie auch auf die Menschen zugehen, um sie darauf aufmerksam zu machen, dass es etwas gibt?

Osterkamp: Wir begleiten das schon ein wenig durch Werbung in den Tagesmedien und in der Presse, auch in den kirchlichen Medien. Die Stadtwerke unterstützen uns in der Kommunikation, die Sparkasse unterstützt uns mit Informationen auf den Kontoauszugsdruckern. Wir haben zum Beispiel eine Reihe von Veröffentlichungen von Plakaten im Stadtbild.

Wir haben schon das Gefühl, dass die Informationsweitergabe über diese verschiedenen Informationskanäle wichtig ist, um alle Menschen zu erreichen. Aber es scheint ganz gut zu funktionieren.

DOMRADIO.DE: Sie sind in der Mitte dieser zwei Wochen, in denen die Vesperkirche stattfindet. Können Sie schon sagen, ob sie im kommenden Jahr die Kirche wieder zwei Wochen lang zu einem Gasthaus umbauen werden?

Osterkamp: Mit solchen Aussagen halten wir uns ganz gerne noch zurück. Die Frage wird ständig an uns gerichtet. Aber wir möchten ganz gerne diese 15 Tage zunächst passieren lassen, um uns im Anschluss zusammenzusetzen und Bilanz zu ziehen. Ich kann aber schon jetzt sagen, dass es viele Befürworter in unserem Organisationsteam gibt, die sagen: "Nächstes Jahr wieder."

Das Interview führte Dagmar Peters.


Quelle:
DR