Sozialverband begrüßt Heils Grundrentenvorschlag

Gelungenes Konzept oder eine Ungerechtigkeit?

Sein Vorstoß soll Geringverdiener besserstellen, löst aber Debatten aus: Während der Paritätische Wohlfahrtsverband das Konzept von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil für eine Grundrente begrüßt, kommt aus Reihen der Union Kritik.

 (DR)

Der Verbandsgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland"(Montag), dass aber noch weitere Verbesserungen nötig seien: "Das ist ein höchst gelungener Aufschlag. Es ist erstmalig ein Modell für eine echte Grundrente und nicht für eine Sozialhilfe Plus."

Nach Heils Konzept soll die Rente für drei bis vier Millionen Geringverdiener um bis zu 447 Euro erhöht werden. Voraussetzung sind 35 Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung. Nach dem Konzept des Ministers prüft die Rentenversicherung künftig bei jedem Versicherten automatisch, ob er Anspruch auf Grundrente hat. Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart, sieht Heils Plan keine gesonderte Bedürftigkeitsprüfung vor.

Schneider sagte, es sei gut, wenn die Grundrente sich alleine an den geleisteten Arbeitsjahren orientiere und nicht an Vermögensverhältnissen. "Das macht eine Rente aus. Es geht darum, eine Lebensleistung anzuerkennen." Eine Rente diene nicht nur der Verhinderung von Armut, sondern müsse allen "das Gefühl geben, dass Arbeit sich lohnt". Es könne nicht sein, dass dies nicht für Menschen gelte, die das Glück hätten zu erben oder einen reichen Partner zu haben.

Kritik äußerte Schneider an der für die Grundrente vorgesehenen Voraussetzung von 35 Jahren Erwerbstätigkeit. "Wir sollten über 30 Jahre reden", sagte er. Die Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt machten dies nötig. Zudem würden mittlerweile Studienjahre nicht mehr berücksichtigt. Für die Rentner, die künftig keine Grundrente bekämen, müsse die Grundsicherung verbessert werden.

Koalition streitet über Pläne zur Grundrente

Unterdessen erntet Bundesarbeitsminister Heil wegen seines Konzepts für eine Grundrente Kritik aus den Reihen der Union. Ihre Vertreter kritisierten am Montag vor allem, dass die Grundrente aus Steuermitteln bezahlt werden solle und keine Bedürftigkeitsprüfung vorgesehen sei. Zudem gibt es Zweifel an der Finanzierbarkeit.

Der thüringische CDU-Landesvorsitzende Mike Mohring bezeichnete das Konzept im Deutschlandfunk als zu weitgehend, weil keine Bedürftigkeitsprüfung geplant sei. In vielen Fällen setze sich das Einkommen im Alter nicht nur aus Zahlungen der gesetzlichen Rente zusammen. Betriebsrenten und Einkünfte aus der privaten Vorsorge kämen hinzu. Diese Einnahmen müssten unbedingt berücksichtigt werden.

Der CDU-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg sagte der "Bild"-Zeitung, er hoffe nur, dass Heil seinen Vorschlag mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) abgesprochen habe - "und dieser ihm vier bis sechs Milliarden jährlich zur Verfügung stellt". Steuererhöhungen und neue Schulden seien dafür "jedenfalls nicht zu machen".

Die FDP beklagte Ungerechtigkeiten. Weil ein Rentner nach 34 Jahren Einzahlung erheblich weniger bekomme als einer, der geringfügig länger, aber in der Summe weniger eingezahlt habe, sei das "respektlos gegenüber der Lebensleistung dieser Menschen", sagte FDP-Rentenexperte Johannes Vogel der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). Heil wolle "mit der Gießkanne Geld ausgeben".

Laumann: "Vernünftige Diskussionsgrundlage"

SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach wies die Unionskritik zurück. Die SPD wolle mit der Grundrente den ärmsten Rentnern helfen, die ihr Leben lang gearbeitet hätten, sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Montag). "CDU und CSU wollen mit der Abschaffung des Solidaritätszuschlages die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung mit zehn Milliarden Euro beschenken."

Unterstützung kam auch vom CDU-Arbeitnehmerflügel. Der Bundesvorsitzende Karl-Josef Laumann sprach von einer "vernünftigen Diskussionsgrundlage". Im SWR sagte er, die Unterschiede zum CDU-Konzept seien nicht sehr groß. Sowohl die Höhe der Zuschüsse zur Rente, als auch die 35 Jahre, die ein Arbeitnehmer nach Heils Konzept in die Rentenkasse einzahlen solle, seien unstrittig. Problematisch sei allerdings, dass Heil keine Bedürftigkeitsprüfung wolle.

Laumann sagt, es müsse unterschieden werden, ob jemand nur deshalb so wenig gearbeitet habe, weil er es nicht brauchte. Hier müsse man die Rente nicht aufstocken. Das Einkommen in einer Partnerschaft müsse im Zusammenhang gesehen werden. Der CDU-Politiker forderte, das Thema nicht wieder kaputtzureden. Allerdings sei es wichtig, dass sich auch die SPD bewege.


 Hubertus Heil (SPD), Bundesarbeitsminister / © Ralf Hirschberger (dpa)
Hubertus Heil (SPD), Bundesarbeitsminister / © Ralf Hirschberger ( dpa )

Karl-Josef Laumann (CDU) / © Caroline Seidel (dpa)
Karl-Josef Laumann (CDU) / © Caroline Seidel ( dpa )

Karl Lauterbach / © Wolfgang Kumm (dpa)
Karl Lauterbach / © Wolfgang Kumm ( dpa )
Quelle:
epd , KNA
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