Warum an Weihnachten frei sein sollte

Das Christfest und der Arbeitsfrust

Sonntag ist arbeitsfrei, das steht im Grundgesetz. Doch mancher muss an Sonn- und Feiertagen arbeiten, auch an Weihnachten. Für die katholische Arbeitnehmerbewegung ein Gräuel. Sie plädiert für einen Feiertagsschutz zugunsten der Familie.

Mehr verkaufsoffene Sonntage? / © Julian Stratenschulte (dpa)
Mehr verkaufsoffene Sonntage? / © Julian Stratenschulte ( dpa )

DOMRADIO.DE: Müssen viele Menschen an Weihnachten arbeiten?

Andreas Luttmer-Bensmann (Bundesvorsitzender der katholischen Arbeitnehmerbewegung): Nein, ich denke, an Weihnachten müssen nicht so viele Menschen arbeiten. Tendenziell aber nehmen wir wahr, dass immer mehr Menschen an Feiertagen und an Sonntagen arbeiten müssen. Weihnachten ist ein bisschen eine Ausnahme. Aber am verkaufsoffenen Adventssonntag in Köln war in der Stadt die Hölle los. Mittlerweile sind über 4,5 Millionen Beschäftigte regelmäßig an Sonntagen und an Feiertagen im Einsatz. Wir nehmen das in allen möglichen Geschäftsbereichen wahr.

DOMRADIO.DE: Es gibt ja immer wieder Ideen für die Ausweitung des Ladenschlusses und der Öffnung an Sonntagen. Dann gibt es Proteste, der Antrag wird abgeschmettert oder auch nicht. Warum kann der Sonntagsschutz immer wieder neu hinterfragt werden?

Luttmer-Bensmann: Ich glaube, das liegt daran, dass wir in so einer Idee leben, dass man Regeln in dieser Form nicht mehr will. Gleichzeitig gibt es eine klare Sonntagsregelung in unserem Grundgesetz. Die ist auch vom Bundesverfassungsgericht 2009 noch einmal bestätigt worden ist. Sonntags ist arbeitsfrei. Diese Regelung wird immer wieder in Frage gestellt. Ein Gericht hat Sonderregelungen formuliert, die besagen: Wenn ein besonderer Bedarf da ist, dürfen Sonntagsöffnungen stattfinden. Aber es gibt immer wieder Streit darum, wie so ein Anlass aussehen soll.

DOMRADIO.DE: Die Geschäftsleute sagen, Sonntagsarbeit kurbelt die Wirtschaft an und sorgt für Arbeitsplätze.

Luttmer-Bensmann: Ich bin da sehr skeptisch. Am Ende arbeiten doch die, die in den Geschäften stehen, und das zusätzlich an Sonntagen. Denn das gibt ein bisschen mehr Geld und bietet die Chance, das nicht besonders große Salär aus dem Einzelhandel aufzubessern. Gleichzeitig glaube ich nicht, dass sich der Umsatz insgesamt dadurch ausweiten lässt. Das zeigen auch alle Statistiken. Man gibt den Euro am Montag genauso aus wie am Sonntag.

DOMRADIO.DE: An Heiligabend sind die Geschäfte immer bis abends geöffnet. Was würde wohl passieren, wenn man rigoros am 24.12. die Geschäfte schließen würde?

Luttmer-Bensmann: Für viele Familien wird es entspannter sein - für die, die arbeiten müssen und für die, die sonst morgens hinter dem letzten Geschenk her hetzen. Und die so mehr Zeit haben, sich auf das vorzubereiten, was Weihnachten eigentlich ist: ein Fest der Familie. Und ein Fest der Besinnung auf Gott und die Frage, was heißt es eigentlich zu glauben? 

DOMRADIO.DE: Unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger feiern ja nicht wie wir Weihnachten. Wie wäre es denn, wenn an Heiligabend und den Weihnachtsfeiertagen die muslimischen Kolleginnen und Kollegen arbeiten und Christen dafür am Zuckerfest?

Luttmer-Bensmann: Ich finde, dass wir eine Kultur entwickeln müssen, in der alle Religionen ihren Platz und ihren Raum haben. Und vielleicht müssen wir lernen, das Zuckerfest zu feiern. Ich weiß, dass viele Muslime die Chance nutzen, an Weihnachten auch ein Familienfest zu feiern.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR
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