Kirchensteuereinnahmen steigen trotz sinkender Mitgliedszahl

Ein Paradoxon?

Die Mitgliedszahlen in beiden großen Kirchen in Deutschland sind rückläufig. Trotzdem steigen die Einnahmen aus der Kirchensteuer weiter. Wie kann das sein?

Kirchensteuer / © Christian Ohde (epd)
Kirchensteuer / © Christian Ohde ( epd )

Bei der Suche nach einer Erklärung lohnt sich ein Blick auf die Konjunkturdaten. Trotz sinkender Mitgliedszahlen können die beiden großen Kirchen in Deutschland einer Studie zufolge weiter auf wachsende Steuereinnahmen hoffen. Der Trend zu steigenden Einnahmen dürfte anhalten, selbst wenn weiterhin jedes Jahr die Mitgliederzahl um bis zu 500.000 sinken würde, heißt es in einer am Freitag vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln veröffentlichten Untersuchung.

Die Prognose stützt sich den Angaben zufolge auf die offizielle Schätzung für die Entwicklung der Lohn- und Einkommenssteuer, an die die Kirchensteuer geknüpft ist. Dabei seien Steuerrechtsänderungen wie die Erhöhung von Freibeträgen bereits berücksichtigt worden.

Gute konjunkturelle Entwicklung

Aufgrund der guten Konjunktur steigen seit einigen Jahren die Kirchensteuereinnahmen, obwohl die beiden größten Religionsgemeinschaften in Deutschland jedes Jahr vor allem durch den demografischen Wandel Mitglieder verlieren. 2017 erhielt nach Angaben der Kirchen die katholische Kirche 6,43 Milliarden Euro aus der Kirchensteuer, die evangelische Kirche 5,67 Milliarden Euro. Laut IW-Studie zahlt ein Katholik in diesem Jahr im Durchschnitt 291 Euro Kirchensteuer, ein Protestant 278 Euro.

Das Wirtschaftsinstitut schätzt, dass die katholische Kirche bei der unterstellten guten Prognose im Jahr 2023 8,2 Milliarden Euro, die evangelische Kirche sieben Milliarden Euro an Kirchensteuern einnehmen könnte. Das entspräche einer Verdoppelung des Kirchensteueraufkommens gegenüber dem Jahr 2004.

Evangelische Kirche rechnet nicht optimistisch

Die evangelische Kirche selbst rechnet nicht so optimistisch. Auf der Jahrestagung ihrer Synode im November in Würzburg schwor Andreas Barner, Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und dort zuständig für den Haushalt, die Kirche auf Veränderungen ein. Ein Rückgang der Kirchensteuereinnahmen sei vor dem Hintergrund des Mitgliederverlusts in hohem Maße wahrscheinlich, sagte er.

Katholische und evangelische Kirche haben 2017 mehr als 600.000 Mitglieder verloren. 23,3 Millionen Menschen gehören in Deutschland der katholischen Kirche an, 21,5 der evangelischen Kirche. Die Kirchensteuer wird als Zuschlag zur Einkommens-, Lohn- und Kapitalertragssteuer gezahlt und berechnet sich auf deren Grundlage.

Eingezogen wird sie wie andere Steuern direkt von den Finanzämtern. Als Gegenleistung erhält der Staat rund drei Prozent der Einnahmen. Laut IW-Studie beläuft sich dieser Betrag derzeit auf rund 400 Millionen Euro.

 

Quelle:
epd