Giffey stellt neues Konzept für Jugendfreiwilligendienst vor

"Jeder soll sich ein solches Jahr leisten können"

Im Sommer hatte sich die SPD gegen ein Pflichtjahr für junge Menschen ausgesprochen, dass die Union vorgeschlagen hatte. Familienministerin Giffey stellt nun ihr Konzept für eine Reform der Freiwilligendienste vor.

Autor/in:
Birgit Wilke
Bundesfreiwilligendienst / © Friso Gentsch (dpa)
Bundesfreiwilligendienst / © Friso Gentsch ( dpa )

Abitur in der Tasche und dann? Viele Jugendliche entscheiden sich dann für einen Freiwilligendienst, möchten nach der Schule etwas Praktisches machen, sich erst mal orientieren. Bei vielen scheitert dieser Wunsch aber schlicht am Geld, denn in diesem freiwilligen Jahr erhält der Jugendliche nur ein Taschengeld, die Höhe variiert, beträgt aber maximal 391 Euro.

Neues Konzept auf Freiwilligkeit

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) will das ändern: Jeder, der ein Freiwilligenjahr absolvieren möchte, sollte das auch tun können, an schlechten Rahmenbedingungen darf ein solcher Dienst an der Gemeinschaft nicht scheitern, so ist ihre Devise. Sie hat deshalb ein neues Konzept für die Dienste vorgelegt, die weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen sollen und das sie gerne Schritt für Schritt umsetzen möchte.

Ihren Angaben zufolge machen jährlich mehr als 80.000 junge Menschen einen Freiwilligendienst in Deutschland. Dabei gibt es unterschiedliche Arten von Freiwilligendiensten: Rund 53.000 absolvieren davon demnach ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), 3.000 ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) und rund 27.000 den Bundesfreiwilligendienst, den es seit der Abschaffung der Wehrpflicht und damit des Zivildienstes gibt. Dazu kommt ein freiwilliger Dienst im Ausland und seit einigen Jahren ein freiwilliges Jahr im kulturellen, politischen oder naturwissenschaftlichen Bereich.

Rahmenbedingungen verbessern

Nach Giffeys Einschätzung könnte die Zahl der Freiwilligen viel größer sein, wenn die Rahmenbedingungen verbessert würden: Deshalb will sie in einem ersten Schritt die Zahl der Plätze vergrößern. Im kommenden Jahr soll es unter anderem beim Bundesfreiwilligendienst 5.000 mehr Plätze geben und beim Freiwilligen Ökologischen Jahr 625.

Zudem sollen die Bedingungen für Menschen mit Behinderungen verbessert werden, die ein solches Jahr ableisten wollen. Ein entsprechender Referentenentwurf aus ihrem Haus sei bereits mit den verschiedenen Ressorts abgestimmt, so Giffey.

Nach den Berechnungen ihres Ministeriums könnten von den jährlich rund 800.000 Schulabgänger rund 120.000 junge Menschen motiviert werden, ein solches Jahr zu machen. Für den Ausbau der Plätze will der Bund auch mehr Geld in die Hand nehmen. So standen 2018 rund 263 Millionen Euro im Haushalt des Ministeriums zur Verfügung. Für 2019 sieht der Haushalt zusätzliche Mittel von rund 65 Millionen Euro vor.

Finanzielle Bedingungen verbessern

Mittelfristig soll der Bund nach ihren Vorstellungen auch die finanziellen Bedingungen für einen solchen Freiwilligendienst verbessern und ein bundesweit einheitliches Freiwilligengeld von 402 Euro zahlen. Zudem soll es Zuschüsse für ein Monatsticket mit dem öffentlichen Nahverkehr geben.

Und Giffey möchte den Freiwilligendienst flexibilisieren: Die starren Vorgaben von einem Zeitraum von einem Jahr beim FSJ sollen gelockert werden. Ihr Konzept sieht vor, dass junge Menschen den Dienst auch in Teilzeit absolvieren können oder etwa nur ein halbes Jahr. 

Davon verspricht sich Giffey, den Dienst auch für Jugendliche attraktiver zu machen, deren Eltern kein Geld dazu schießen können, wenn der Dienstort in einer anderen Stadt liegt und das Taschengeld zusammen mit dem Wohnkostenzuschuss nicht ausreicht.

Auch Schüler mit anderen Schulabschlüssen sollen geworben werden, etwa auch dadurch, dass junge Menschen nach einem solchen Jahr ein Zertifikat erhalten, dass ihnen bestimmte Pluspunkte bei einer Bewerbung für eine Arbeitsstelle oder im Studium bringen soll.

Günstiger als ein Pflichtjahr?

Wie realistisch die Umsetzung dieser weiteren Schritte in dieser Legislaturperiode ist, könne sie nicht abschätzen, meint Giffey bei der Vorstellung ihres Konzepts. Sie halte aber nichts davon, ein Konzept wie das eines Pflichtjahres abzulehnen, ohne ein anderes vorzuschlagen.

Giffey rechnet mit Kosten von rund einer Milliarde Euro, die die Umsetzung des gesamten Konzepts kosten würde. Damit sei es günstiger als die Einführung eines Pflichtjahres. Die veranschlagten Kosten dafür beziffert sie auf rund 5 bis 12 Milliarden Euro.


Franziska Giffey / © Britta Pedersen (dpa)
Franziska Giffey / © Britta Pedersen ( dpa )
Quelle:
KNA
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